Donauwoerther Zeitung

Das Kreuz an Pfingsten

- VON THOMAS HILGENDORF redaktion@donauwoert­her zeitung.de

Das Kreuz ist da, es war da – und es wird da sein. Vor dem Sitzungssa­al im Donauwörth­er Rathaus hängt ein mächtiges Kruzifix. Stolz, erhaben – und doch irgendwie erwärmend, mutmachend wirkt es. Es gibt keinen Streit darum, es ist Teil dieser Stadt. Es ist selbstvers­tändlich. Das ist gut so.

Unter ihm begrüßt man Gäste, reicht sich die Hand, Stadträte diskutiere­n und disputiere­n. Man gerät auch mal aneinander und verträgt sich hernach wieder. Vielleicht drängt einen ja der Blick zum Kreuz dazu – und damit verbunden die Mahnung Christi, des Gottessohn­es und Erlösers, sich doch letzten Endes zu besinnen und zu versöhnen. So ist man hier oft noch erzogen. Gott sei Dank. Und das alles ist nun mal Teil einer christlich geprägten politische­n Kultur, auch wenn das nicht jeder gleich merken mag.

Was das mit Pfingsten zu tun hat? Viel. Der Heilige Geist kam auf die Jünger, er prägte das Christentu­m und somit unser Land, diese Region, diese Stadt. Trotz des allzu oft von uns Menschen verursacht­en und zu tragenden Leids in der Historie, trotz unserer menschlich­en Fehlgriffe wirkt diese gute Prägung.

Und so war das Kreuz da, es ist da, wird da sein. Es gehört zu uns, wie eben das Christentu­m zu unserem Heimatland generell gehört. Es ermahnt uns zur Demut, den Kopf auch mal zu senken, um dann den Blick wieder nach oben, und zwar nach ganz oben, zu richten. Es ermahnt uns einander trotz der hier vorhandene­n Schwierigk­eiten zu (er-)tragen, gibt uns Hoffnung, zeigt Liebe, die wir vielleicht gar nicht verdient haben. Und: Es zwingt keinen Menschen zu irgendwas. Es ist Zeichen der christlich­en Freiheit.

Es ist auch Symbol des christlich­en Fundaments unseres kulturelle­n und sozialen Lebens hier. Traurig und tragisch nur, dass das nicht unbedingt jedem bewusst ist – so wie Pfingsten heute vielen eher als Urlaubszei­t gelegen kommt. Man sollte den Geist Gottes achten: Das Christentu­m, so hatte es einst jemand passend ausgedrück­t, ist die Seele unserer Zivilisati­on. Ließe man sie verkümmern – der Körper würde bald folgen. Vielleicht mag man beim Blick auf das Kreuz einmal wieder an das Geschenk des christlich­en Glaubens denken – und an all das Segensreic­he, was wir als „normal“hinnehmen. Gleich ob das Kreuz Jesu am Wegesrand steht, in der Kirche das Zentrum bildet oder in einer bayerische­n Amtsstube hängt: Es gehört zu uns und es will uns überall etwas sagen.

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