Angsthasen, weg von hier
Freischwebend über die Wertach
Den Ersten dürfte es schon Ende des 19. Jahrhunderts gegeben haben. Und mehrere seiner späteren Kollegen zerstörten Hochwasser und Eisgang. Aber es gibt ihn immer noch: den etwas abenteuerlich und frei über der Wertach schwebenden Hängesteg in der Nähe der Ostallgäuer Gemeinde Görisried. Für Angsthasen ist der schwankende Steg eher nicht zu empfehlen, auch wenn die hohe Obrigkeit bestimmt ein waches Auge auf die Sicherheit dieses historischen Übergangs hat. Ursprünglich errichtet wurde diese in ganz Schwaben wohl einmalige Flussquerung, um eine früher auf der anderen Wertachseite platzierte Wasser-Pumpstation der Gemeinde Wald schnell zu erreichen.
Heute sind es die kommunalen Nachbarn Görisried und Wald, die sich kollegial um das Bauwerk kümmern. Dies zur Freude der Wanderer und auch manchmal der Biker, die ihr Freizeitgerät mutig per Huckepack über die Wertach balancieren. Spektakulär ist auch die den Steg umgebende Landschaft. Der dortige „Wertachdurchbruch“und die diesen begleitende Aue sind ein echtes Naturjuwel und wurden durch das Prädikat „Fauna-FloraHabitat (FFH)-Gebiet“unter besonderen Schutz gestellt. Und dann ist in der Nähe des Steges auch noch ein seltenes Naturphänomen zu verzeichnen: Ein plätschernder kleiner Wertachzufluss hat eine imposante, durch Kalkablagerungen entstandene Kaskadenarchitektur geformt.
An heißen Sommertagen verbreitet dieses feuchte Ökosystem zudem angenehme Kühle. Und auf dem aussichtsreichen Weg dorthin – etwas versteckt oberhalb des Steges – kann man an dem der Wertach zueilenden Kaskaden-Bächlein ein liebevoll restauriertes Wasserrad bewundern – zur Versorgung der glücklichen Allgäuer Kühe.
In Görisried sollte noch die Pfarrkirche St. Oswald besucht werden. Ihre Vorgängerin fiel – wie fast ganz Görisried – einem Brand zum Opfer. Sie wurde 1848/49 errichtet und besticht durch ihre neugotische Architektur. Einige Mauern ohne Dach und ein Haufen Steine – das war Schloss Gola (Guhlau) oder das, was davon übrig war, vor 15 Jahren. Doch Marek Gendaj, erfolgreicher Unternehmer, Investor und Kosmopolit, erkannte das Potenzial des Bauwerks, als er sie im Hinterland von Wroclaw (Breslau) entdeckte – und schlug sofort zu. Er kaufte den ehemaligen Sitz des schlesischen Adelsgeschlechts von Prittwitz und 100 Hektar Land drumherum. „Der Zustand des Schlosses war miserabel“, wie der 68-Jährige zugibt, „aber auch eine Chance.“
Nach umfassender und behutsamer Sanierung der verbliebenen Substanz eröffnete 2013 in dem Dorf 40 Autominuten südwestlich der niederschlesischen Metropole das Luxushotel Uroczysko Siedmiu Stawów, zu Deutsch Sieben Weiher. Das Renaissance-Ensemble, im 19. Jahrhundert um neogotische Schutzmauern und
Zinnen ergänzt, präsentiert sich heute als gelungene Synthese rustikaler Substanz mit klaren, nüchternen
Formen und stilvollem Design. Wiederhergestellt wurden Teile des Hauptportals, das zu den bedeutendsten Bauplastiken der Renaissance in Schlesien zählt. Der burgartige Charakter der Anlage blieb erhalten, im Inneren ergänzt durch moderne Technik und helles, elegantes Mobiliar. Die Wände blieben meist unverputzt und kontrastieren mit den zeitgenössischen Formen und Materialien. Das Hotel verfügt über 33 Zimmer und Appartements und beherbergt heute das erste Spa by L’Occitane in Polen. Chefkoch Damian Chajecki kreiert für die Karte des Restaurants Speisen, die auf Rezepten der polnischen Küche basieren, kombiniert mit feinen Zutaten aus aller Welt.
Die besondere Verbindung von Alt und Neu findet sich auch im luxuriösen Spa- und Wellnessbereich. Ein verglaster Poolbereich mit 18 Meter langem Becken, ein großer Jacuzzi, Sauna und Dampfbad, Massagestudio, Bar und Panoramaterrasse laden zum Entspannen ein. Am Fuße des Schlossberges erstreckt sich ein großer Park mit sieben Teichen, die dem Hotel seinen Namen gaben. Hier können die Gäste nach einem Trip in die quirlige Metropole Breslau Atem holen.