Leidensweg Jesu in Stein gehauen
Neuer Kreuzweg im Mertinger Wald mit anderen Stationen ist übergeben worden. Wie die Ehrenbürgerin half, ein altes Kulturgut wieder zu neuem Leben zu erwecken
Mertingen Im Mertinger Forst hat es immer 14 Stationen gegeben, die den Weg zur Waldkapelle wiesen. Gläubige pilgerten nun erneut bergauf zu Sankt Anna, vorbei an neu gestalteten Bildnissen, gleichsam wie seinerzeit Jesu auf seinem Leidensweg zum Berg Golgatha. Die Stationen sind anders als beim ersten Kreuzweg vor 140 Jahren nun aus Stein. „Ermöglicht hat dies die Stiftung unserer Ehrenbürgerin Frieda Reiter“, freute sich Bürgermeister Albert Lohner bei der Einweihung im Rahmen einer Maiandacht.
Für ihn konnte durch die großzügige Spende der Gönnerin ein altes Kulturgut wieder zu neuem Leben erweckt werden, seien die bisherigen Stationen doch mutwillig zerstört worden. Pater Alexander Thuruthikkatt segnete die neuen Bildnisse, während Anita Reiter verbindende Worte sprach und die Musikkapelle Mertingen einen würdigen Rahmen gab.
Nach dem Krieg, so die Recherchen von Gemeindearchivar Franz Xaver Georg Ries, sind die ursprünglichen Holzkreuze mit gedruckten Bildern in Holzvitrinen durch Konstruktionen aus Blech und Glas ersetzt worden. Auf Anregung von Bürgermeister Lohner und gefördert durch die Stiftung der Ehrenbürgerin kamen die Steinmetze Helmuth und Stefan Hampel aus Mertingen ins Spiel. Sie schufen bildhauerisch anspruchsvolle Steinstationen, geschaffen aus hartem und frostsicheren französischen Kalkstein.
Monatelang arbeiteten die Steinmetze an den Skulpturen. Besonders aufwendig waren die Bildhauerarbeiten im oberen Bereich der Steinbildnisse. Jedes erinnert an einen anderen Abschnitt des Leidenswegs Jesu. 400 Kilogramm wiegt jede Skulptur bei einer Höhe von 1,55 Metern.
Ein Blick in die Historie verdeutlicht das Engagement der Ehrenbürgerin Frieda Reiter: Die Eheleute Andreas und Philomena Schimpfle stifteten seinerzeit als Besitzer der Brauerei die Waldkapelle. Sie waren Urgroßeltern eines bedeutenden Mertingers, des Zott-Seniorchefs Georg Balthasar Reiter, der 2004 gestorbene Ehemann von Frieda Reiter. Mit ihrer Stiftung wollte sie an die lange Familientradition anknüpfen, die Gemeinwohl sowie kulturelles und religiöses Engagement schon in der Frühzeit des Unternehmens zum Ziel hatte.
Für Bürgermeister Lohner ist die Stiftung „ein Glücksfall“. Mehrmals dankte er der Zott-Seniorchefin für ihre Spende. Er ist sicher, dass der Kreuzweg das Ziel von Spaziergängern, Wanderern, Waldarbeiten werden wird, „aber auch Menschen, die sich an den gelungenen Denkmälern in der Schönheit des Waldes erfreuen“. Gemeindearchivar Ries spricht von „Signaturen, Zeichen des Wissens um die Vergangenheit, die Heimatgeschichte, die Traditionen abendländischer Kultur, die es zu bewahren gilt“.
Im Zuge der Neuschaffung des Kreuzwegs wurde auch ein Gedenkstein bei der Kapelle restauriert, der an den Freitod eines Mertingers im Jahre 1937 erinnert.