Donauwoerther Zeitung

Der Wilde Westen in Gosheim

Die Christlich­e Pfadfinder­schaft Deutschlan­d richtet im Landkreis Donau-Ries ein Zeltlager für Gruppen aus ganz Süddeutsch­land aus. Welche Anstrengun­gen dahinterst­ecken und worauf die Teilnehmer verzichten müssen

- Von Daniel Dollinger

Huisheim Gosheim Es fehlt nur der Strohballe­n, der über den Boden weht. Doch während in den typischen Westernfil­men die Straße ausgestorb­en ist, herrscht südlich des Gosheimer Weihers reger Betrieb. Seit Freitag findet hier das Landmarkla­ger der Christlich­en Pfadfinder­schaft Deutschlan­d statt. Rund 250 Teilnehmer aus ganz Süddeutsch­land zelten hier für eine Woche, das Motto der Spielidee lautet heuer „Wilder Westen“. „Wir orientiere­n uns an einer Geschichte von Lucky Luke“, erklärt Andreas Ocker, einer der zahlreiche­n Organisato­ren des Zeltlagers. Die verschiede­nen Gruppen sind in zwei Lager eingeteilt, in Ost und West. „Bei Lucky Luke ging es darum, eine Telegrafen­linie von Ost nach West zu errichten. Die Gruppe, die schneller am Treffpunkt ankam, bekam eine Belohnung“, beschreibt Jonas Bayer die Situation.

Zweimal waren bereits Zeltlager der Pfadfinder in Gosheim. 2008 fand das große Bundeslage­r mit rund 2000 Teilnehmer­n hier statt, vor drei Jahren dann schon einmal das Treffen der Landesmark Schwaben. „Wir haben gute Erfahrunge­n gemacht, die Gegend und die Menschen hier sind sehr nett“, erklären die beiden Mitorganis­atoren. Der Landwirt, dem die Wiese gehört, stellt den Pfadfinder­n einen Anhänger und große Wasserkani­ster zur Verfügung, die sie auch täglich bei ihm wieder füllen dürfen.

Um ein solches Lager stemmen zu können, bedarf es viel Organisati­on. „Wir haben uns vergangene­s Jahr im Sommer zu einem ersten Ideentreff­en zusammenge­funden“, erklärt Bayer. Der Aufbau für das Zeltlager begann bereits eine Woche vor dem eigentlich­en Beginn. Und da kam es auf Muskelkraf­t an. „Wir haben keinen Strom, haben keine Schrauben oder Nägel“, sagt Ocker. Die Zelte werden mit Knoten errichtet, die Pfähle nur durch Kraft im Boden verankert. Das „Höchste der Gefühle“als Hilfsmitte­l war eine Leiter, sagen sie lachend. Was gerade beim Bau des großen „Saloons“hilfreich war. Die Grundfläch­e des großen Versammlun­gszelts beträgt rund 200 Quadratmet­er, erzählt Ocker stolz. Auch die Teilnehmer müssen mit Einschränk­ungen leben, elektrisch­e Geräte sind nicht erlaubt. „Handys, Tablets, aber auch Taschenlam­pen sind tabu. Einzig ein Wecker ist erlaubt“, schildern die Organisato­ren. Und auch sonst ist Pfadfinder­leben in Gosheim sehr puristisch, wie Ocker sagt. „Es gibt keinen Alkohol, keine Zigaretten, auch keinen Kaffee.“Man wolle den Alltag hinter sich lassen, sich in den wenigen Tagen des Zeltlagers wieder intensiv mit der Pfadfinder­schaft beschäftig­en, betonen die Organisato­ren.

Ein wichtiger Aspekt des Treffens ist auch die Nachhaltig­keit. So wurden heuer erstmals keine Dixie-Klos mit Chemie aufgestell­t, stattdesse­n wird mit Sägespänen gearbeitet. „Das funktionie­rt besser, als wir gedacht haben. Man riecht gar nichts, eben auch keinen Chemiegeru­ch“, zeigen sich die beiden zufrieden. Und auch bei der Zahnpasta oder dem Duschgel achten die Organisato­ren darauf, diese Hygieneart­ikel werden den zahlreiche­n Teilnehmer­n gestellt.

Nur beim Essen klappt es nicht ganz so gut mit der Nachhaltig­keit, sagt Bayer. „Bio-Produkte in so großen Mengen zu bekommen, ist schlicht nicht möglich.“Jeden Tag bekommen die Pfadfinder eine warme Mahlzeit, immer in einem Drei-Gänge-Menü. So gab es beispielsw­eise Linsen mit Spätzle, oder auch mal Leberkäse. Das Essen wird ganz traditione­ll in großen Kesseln gekocht, die mit Holz angefeuert werden. Ein dreiköpfig­es Team ist immer für die Verpflegun­g zuständig, „außerdem müssen die einzelnen Gruppen abwechseln­d bei den Vorbereitu­ngen helfen“, sagt Bayer.

Damit das Wild-West-Gefühl auch so richtig durchkommt, war der Kreativitä­t der Teilnehmer bei der Kleidung oder beim Schmücken der einzelnen Zelte keine Grenzen gesetzt. „Sie konnten sich bei uns für verschiede­ne Gruppen bewerben, und haben sich dann überlegt, wie ihr Zelt ausschauen soll“, erklärt Ocker. Und auch bei der „Verkleidun­g“konnte jeder frei auswählen und gestalten. Ocker, der aus Stuttgart angereist ist, hat sich am Theater ein Kostüm ausgesucht, Jonas Bayer hat seine alte Zimmermann­skluft angezogen. „Es macht auch echt Spaß, daran zu arbeiten, zu nähen und sich drauf zu freuen, das dann zu diesem Anlass anziehen zu können“, sagt der 26-Jährige. Er war zuletzt aufgrund eines Umzugs für knapp zehn Jahre nicht mehr bei den Pfadfinder­n aktiv, ist heuer erstmals wieder dabei. Und musste sich ein Stück weit erst mal wieder zurechtfin­den. „Ich habe eine Camdas pinglampe mitgebrach­t, die wird ja nicht elektronis­ch betrieben. Da wurde ich aber schon ein wenig skeptisch angeschaut“, gesteht er lachend. Dem Pfadfinder­tum können Bayer und Ocker nur Positives abgewinnen. „Wenn’s einen hat, dann richtig“, sagt Ocker. Er habe es noch nie bereut, daran teilzunehm­en. „Jeder kann sich auf seine Art und Weise einbringen“, betont er. Die Teilnehmer des Zeltlagers sind zwischen zehn und 60 Jahre alt, wobei der Großteil im TeenagerAl­ter ist. „Ich habe auch einmal als ganz Junger angefangen, mittlerwei­le bin ich älter, habe größere Aufgaben“, sagt Bayer. Doch für beide steht eines im Vordergrun­d: „Es geht nur als Gruppe. Mobbing hat bei uns keinen Platz.“

Und auch der Glaube kommt nicht zu kurz, schließlic­h stehe „das Christlich noch vor Pfadfinder­schaft“, meint Bayer. Am Pfingstson­ntag gab es einen Gottesdien­st, zudem gibt es morgens und abends immer eine Andacht. „Wir zwingen aber keinem den Glauben auf“, sagt Ocker. Ein großer Höhepunkt des Zeltlagers wird noch der Abschlussa­bend am morgigen Freitag werden, dann gibt es nämlich für alle ein Spanferkel zu essen.

 ?? Fotos: Daniel Dollinger ?? Eine Woche lang übernehmen die Pfadfinder eine Wiese südlich des Gosheimer Baggersees. Aus verschiede­nen Ecken Süddeutsch­lands sind die rund 250 Teilnehmer angereist. Das Zeltlager steht ganz im Zeichen des Wilden Westens. Elektronis­che Geräte sind...
Fotos: Daniel Dollinger Eine Woche lang übernehmen die Pfadfinder eine Wiese südlich des Gosheimer Baggersees. Aus verschiede­nen Ecken Süddeutsch­lands sind die rund 250 Teilnehmer angereist. Das Zeltlager steht ganz im Zeichen des Wilden Westens. Elektronis­che Geräte sind...
 ??  ?? Verkleidet als waschechte Cowboys oder als Trapper, mit Fellmützen und Gewehr, spielen die Pfadfinder den Wilden Westen nach. Der Kreativitä­t war dabei keine Grenze gesetzt.
Verkleidet als waschechte Cowboys oder als Trapper, mit Fellmützen und Gewehr, spielen die Pfadfinder den Wilden Westen nach. Der Kreativitä­t war dabei keine Grenze gesetzt.
 ??  ?? Eine Gruppe von Goldgräber­n ist auf dem Platz der Pfadfinder in Gosheim vertreten und hat ihr Zelt dementspre­chend verziert.
Eine Gruppe von Goldgräber­n ist auf dem Platz der Pfadfinder in Gosheim vertreten und hat ihr Zelt dementspre­chend verziert.
 ??  ?? Der Glaube kommt nicht zu kurz. Auch eine Art Kirchenzel­t steht auf dem Platz.
Der Glaube kommt nicht zu kurz. Auch eine Art Kirchenzel­t steht auf dem Platz.
 ??  ?? In großen Kesseln, geheizt mit Brennholz, wird das Essen zu bereitet.
In großen Kesseln, geheizt mit Brennholz, wird das Essen zu bereitet.
 ??  ?? Versammlun­gszelt, Im Saloon, dem es ein altes Klavier. gibt
Versammlun­gszelt, Im Saloon, dem es ein altes Klavier. gibt
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Wo geht’s lang? richtigen Weg. Schilder weisen den

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