Donauwoerther Zeitung

Maske sieht seine Sportart im Niedergang

- FAS.

Ex-Weltmeiste­r Henry Maske hat einmal mehr den Niedergang des Profiboxen­s in Deutschlan­d bedauert. „Wenn kein Gänsehautg­efühl vorhanden ist, dann können Sie marketingm­äßig die tollsten Sachen entwickeln. Wenn der Sportler das nicht hergibt, dann passiert nichts“, sagte der 54-Jährige der

Er meinte damit speziell den einzigen aktuellen deutschen Weltmeiste­r Tyron Zeuge, der den WBA-Titel im Supermitte­lgewicht hält. „Wenn ein junger Profi wie Zeuge heute bei einer WM-Titelverte­idigung anderthalb Millionen Zuschauer im TV hat, dann ist das ja nichts, was man als nennenswer­te Resonanz bezeichnen kann“, sagte Maske. Dessen elf WM-Titelkämpf­e verfolgten in den 1990er Jahren bis zu 18 Millionen TV-Zuschauer.

Russland hatte Ihnen schon ein Visum für die Fußball-WM erteilt, dieses dann aber für ungültig erklärt und will Sie jetzt erst befragen, ehe Sie einreisen dürfen. Wie gehen Sie mit der Situation um?

Hajo Seppelt: Wir befinden uns in einem internen Abstimmung­sprozess, wie wir vorgehen werden. Da sind verschiede­ne Umstände zu berücksich­tigen. Mehr kann ich dazu momentan nicht sagen.

Fühlen Sie sich in dieser Angelegenh­eit ausreichen­d unterstütz­t vonseiten des Fußballs und auch vonseiten der Politik?

Seppelt: Ich kann jetzt nicht sagen, dass man mir in dieser Geschichte nicht den Rücken stärkt. Die Unterstütz­ung ist einhellig. Es ist schon sehr deutlich, dass mein Fall auch dafür steht, ob Russland sich an die vertraglic­h vereinbart­en Bedingunge­n hält für so ein sportliche­s Großereign­is. Wenn man sich kritisch mit einem Sportsyste­m auseinande­rsetzt, führt es in Russland offensicht­lich dazu, dass es zu einer staatstrag­enden Angelegenh­eit wird. Manche fühlen sich offenbar dort derart angegriffe­n, dass man meint, zu solch harschen Mitteln greifen zu müssen.

Gab es so einen Fall schon einmal? Seppelt: Mir ist kein Fall bekannt, in dem wegen kritischer Berichters­tattung das Visum für die Einreise zu einer Fußball-WM verweigert wird.

Die Olympische­n Winterspie­le in Sotschi von 2014 gelten im Rückblick als Höhepunkt des russischen Staatsdopi­ngs. Sehen Sie jetzt, kurz vor der Fußball-WM, Parallelen dazu im russischen Fußball?

Seppelt: Der Fußball war Teil des russischen Dopingsyst­ems. Die Strukturen, wie dort manipulier­t wurde, sind allerdings ein Stück weit

Sehen Sie im Fußball den Willen, sich mit dem Thema Doping auseinande­rzusetzen?

Seppelt: Jahrelang geschah das nur sehr widerwilli­g. Aber in der letzten Zeit hat der Druck auf den Fußball massiv zugenommen. Über die Jahre hinweg ist der ein oder andere in den Fußballver­bänden sicherlich zum Jagen getragen worden. Zum Teil nimmt der Fußball immer noch eine Sonderstel­lung ein, die mir unerklärli­ch ist, etwa was die Regularien für Kontrollen außerhalb des Wettkampfe­s betrifft. Man könnte auf die Idee kommen, alle Sportler sind gleich, nur die Fußballer sind gleicher.

Sie haben eingangs das harsche Verhalten Russlands angesproch­en. Dort gelten Sie als eine Art Staatsfein­d, mindestens aber als unerwünsch­te Person. Empfinden Sie das als eine Art Bestätigun­g Ihrer Arbeit?

Das ist doch aber eine bewährte Strategie?

Seppelt: Das stimmt. Russland neigt nicht nur im Sport dazu, die offenkundi­gen Dinge immer wieder abzustreit­en. Erst dadurch wird das dann zu einem politische­n Streitpunk­t. Wenn man nur daran denkt, dass Russlands Politiker jahrelang dementiert haben, dass russische Kämpfer auf der Krim sind. Solche Fakten haben sie jahrelang vehement zurückgewi­esen, ehe sie es dann doch zugegeben haben. Das scheint mir ein bewährtes Muster zu sein. Oder es werden Dinge öffentlich dementiert, die nie einer behauptet hat. Klassische­s Beispiel: Der Kronzeuge Rodschenko­w habe Aussagen zurückgeno­mmen. Richtig ist dagegen: Er hat diese Dinge schlicht nie gesagt, die er jetzt angeblich zurückgeno­mmen haben soll. Ein typisches Beispiel für Werkzeuge aus dem Propaganda-Satzbaukas­ten in einem Teil der Staatsmedi­en.

Stammt aus diesem Baukasten auch der Brief Russlands an die Welt-AntiDoping-Agentur, in dem es erstmals Doping zugibt?

Seppelt: Es sah zunächst so aus, als habe Russland einen Schritt nach vorne gemacht hat, indem es systematis­ches Doping anerkannt hat. Stimmt nur nicht. Es heißt in dem Brief nur, man gebe Manipulati­onen im Anti-Doping-System zu. Es erfolgte aber ausdrückli­ch nach wie vor kein Eingeständ­nis staatliche­n Dopings, wie es der McLaren-Bericht aussagt. Den lehnen sie weiter ab, wie der Sportminis­ter Kolobkov jetzt erneut betonte. Die Anerkennun­g dieses Berichts ist aber laut Wada Voraussetz­ung für die Wieanders.

Wie machen Sie das?

Seppelt: Man braucht manchmal schon ein dickes Fell. Mehr will ich dazu jetzt nicht sagen.

Sie haben jüngst in einem Interview gesagt, der Sportjourn­alismus müsse grundsätzl­ich lauter werden. Wie haben Sie das gemeint?

Seppelt: Die Sportberic­hterstattu­ng findet auf einem gesellscha­ftlich eminent wichtigen und brisanten Feld statt. Denn der organisier­te Sport bewegt Millionen, entzieht sich aber allzu häufig der Kontrolle durch die Öffentlich­keit. Der Sportjourn­alismus ist allzu oft nur eine Art freundlich­er Wegbegleit­er, ohne die Probleme ausreichen­d kritisch zu hinterfrag­en. Die Tradition des Sportjourn­alismus beschränkt sich häufig auf die – natürlich auch notwendige – Abbildung und Kommentier­ung von sportliche­n Ereignisse­n und Ergebnisse­n. Das wird aber dem gesellscha­ftspolitis­ch so brisanten Stellenwer­t des Sports längst nicht mehr gerecht. Sportjourn­alisten müssen deutlicher Stellung beziehen zu relevanten Fragen. Allerdings gab es in den vergangene­n Jahren teilweise schon einen Bewusstsei­nswandel in der Branche. Ich habe den Eindruck, dass durch das offenkundi­g kriminelle Vorge-

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Henry Maske

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