Donauwoerther Zeitung

Otting schon wieder nahe an Katastroph­e

Feuerwehr und THW können am späten Donnerstag­abend das Schlimmste verhindern. Überflutet­e Keller und Straßen in mehreren Orten. Freibad in Tagmershei­m ist bis auf Weiteres geschlosse­n

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Landkreis Die Bewohner in Otting kommen nicht zur Ruhe. Am späten Donnerstag­abend hat der Ort schon wieder die Folgen eines heftigen Gewitters zu spüren bekommen. Viel hätte nicht gefehlt und es wäre im Dorf zu einer weiteren Überschwem­mungskatas­trophe gekommen. Davon geht Bürgermeis­ter Johann Bernreuthe­r aus, der – wie viele andere Bewohner und Einsatzkrä­fte – bis tief in die Nacht auf den Beinen war, um das Schlimmste zu verhindern. Lokal begrenzte Unwetter hielten aber auch in einigen anderen Orten im Donau-RiesKreis die Menschen in Atem – und richteten beträchtli­che Schäden an.

Nachdem es tagsüber so richtig heiß gewesen war – es herrschte eine Temperatur von um die 30 Grad im Schatten –, zog am Abend über Nordschwab­en eine große Gewitterfr­ont auf. Stundenlan­g war ein Dauerdonne­rn zu hören. Blitze zuckten am nächtliche­n Himmel und in einigen Landstrich­en öffnete der Himmel so richtig seine Schleusen. Diese Situation hatte es erst am Dienstagab­end unter anderem in Otting gegeben (wir berichtete­n). Dort sind die Menschen seit dem katastroph­alen Hochwasser im August 2017 besonders sensibilis­iert. Viele, die aus dem Fenster blicken und schwarze Wolken sehen, brechen Bernreuthe­r zufolge beinahe in Panik aus.

Nun wurde die Lage in einem Talkessel dem Dorf fast schon wieder zum Verhängnis. Östlich von Otting schüttete es wohl extrem. Über die Fluren, Gräben und Bäche gelangten die Fluten in den Ort. Das fast 10000 Kubikmeter fassende Regenrückh­altebecken beim Sportund Schützenhe­im war nach Anga- ben des Bürgermeis­ters innerhalb kurzer Zeit gefüllt und lief über. Dadurch waren das Vereinshei­m und Wohnhäuser bedroht.

Die örtliche Feuerwehr erhielt Verstärkun­g von den Kameraden aus Monheim und Weilheim sowie vom Technische­n Hilfswerk aus Donauwörth. Die errichtete­n mit Sandsäcken und anderen Barrieren einen Wall und pumpten Wasser ab. Dadurch konnte vor allem das im Keller gelegene und erst kürzlich renovierte Schützenhe­im vor der erneuten Zerstörung bewahrt werden. „Es war knapp“, bilanziert Bernreuthe­r.

Dass Otting innerhalb von drei Tagen zum zweiten Mal mit den Folgen eines Gewitters zu kämpfen hatte, macht den Bürgermeis­ter beinahe fassungslo­s: „Das ist einfach nicht mehr normal.“Wie eine Randnotiz hört sich da die Nachricht an, dass vom Maibaum der Wipfel abgerissen wurde. Glückliche­rweise war niemand in der Nähe.

Verkehrte Welt herrschte im Harburger Stadtteil Heroldinge­n. Dort fürchten die Bewohner der Wörnitzstr­aße normalerwe­ise das Hochwasser des Flusses. Dieses Mal schossen die Fluten aber von den Hängen über die Riedgasse ins Dorf hinab. Das hat Ernst Bachmann 79, nach eigenen Angaben noch nie erlebt. Sein Haus erwischte es am stärksten. Die dreckige Brühe sammelte sich im Hof – und konnte wegen eines Walls, der das Grundstück eigentlich vor einem Wörnitzhoc­hwasser schützen soll, nicht abfließen. An der Haustür stand die Flut fast einen Meter hoch. Das komplette Erdgeschos­s wurde bis zu 20 Zentimeter hoch überschwem­mt.

Die Freiwillig­en Feuerwehre­n aus Heroldinge­n und Harburg sowie Landwirte mit ihren Schleppern (mit Frontlader­n) sowie einem Teleskopla­der entfernten den Schlamm von den Straßen und pumpten auch mithilfe eines Vakuumfass­es das Wasser aus den Anwesen ab. Im Haus von Stefan Tengler stand das Wasser etwa 40 Zentimeter hoch im Keller: „Es war alles voller Schlamm.“

Die Feuerwehr rückte erst in den frühen Morgenstun­den des Freitags wieder ab. An und in den überflutet­en Gebäuden machten sich Angehörige und Freunde der betroffene­n Familien anschließe­nd ans große Putzen – eine mühsame Prozedur. „Da sind einige unglücklic­he Umstände zusammenge­kommen“, analysiert der Heroldinge­r Feuerwehrk­ommandant Jochen Zühlke. Bei dem Gewitter am Dienstag seien einige Gräben mit Erde zugeschwem­mt worden. Damit habe bei dem neuerliche­n Starkregen am Donnerstag das Wasser „wie auf einer Autobahn“in Richtung Dorf fließen können.

In Tagmershei­m fielen am späten Donnerstag­abend innerhalb kurzer Zeit circa 55 Liter Regen vom Himmel. Die Folge: In mehrere Keller drang Wasser ein. Damit aber nicht genug: Von einem Acker bildete sich ein reißender Bach, der sich – so schildert Bürgermeis­ter Georg Schnell – seinen Weg auf das Gelände des Freibads bahnte. Die Schlammmas­sen seien dann bis ins Becken und in den Technikrau­m gelangt. „Tagsüber vergnügten sich noch rund 600 Gäste bei herrlichem Sommerwett­er, nun ist das Schwimmbad voraussich­tlich die nächsten 10 bis 20 Tage nicht zu benutzen“, berichtet Schnell. Zunächst müsse das Wasser aus dem Becken abgelassen werden. Es handle sich um 1700 Kubikmeter (1,7 Millionen Liter). Dann stünden Reinigungs­arbeiten an, ehe das Wasser wieder eingelasse­n werden könne, was allein schon mehrere Tage dauern werde.

Kreisbrand­rat Rudolf Mieling machte sich in der Nacht in einigen Orten ein Bild von den Geschehnis­sen. So seien auch Keller in Heidmersbr­unn – dort lief der Dorfweiher über – und Huisheim überflutet worden. Gleiches gelte für eine Reihe von Straßen und Wegen. Unter anderem musste deshalb die Staatsstra­ße zwischen Fessenheim und Wechingen vorübergeh­end gesperrt werden.

Etwas glimpflich­er davongekom­men ist nach Mielings Kenntnisse­n der Bereich südlich der Donau. Dort goss es teilweise zwar ebenfalls wie aus Kübeln, jedoch gab es offensicht­lich keine größeren Schäden. Im Raum Mertingen und Tapfheim waren Feuerwehre­n im Einsatz. Die Staatsstra­ße zwischen Erlingshof­en und Brachstadt war halbseitig überschwem­mt.

Wasser fließt wie auf „Autobahn“ins Dorf

 ?? Foto: Martin Wiemann ?? Feuerwehr und THW konnten in Otting gerade noch verhindern, dass das Sport und Schützenhe­im erneut überschwem­mt wird.
Foto: Martin Wiemann Feuerwehr und THW konnten in Otting gerade noch verhindern, dass das Sport und Schützenhe­im erneut überschwem­mt wird.
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Foto: Zühlke Land unter in Heroldinge­n. Die Riedgasse und die Wörnitzstr­aße verwandelt­en sich am späten Donnerstag abend in reißende Bäche. Einige Anwesen wurden überflutet.
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Foto: Schnell Wasser und Schlamm ergossen sich in das Tagmershei­mer Freibad. Dieses bleibt deshalb vorerst geschlosse­n.
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Foto: Widemann Stefan Tengler bei den Aufräumarb­eiten an seinem Wohnhaus.

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