Donauwoerther Zeitung

Der Bundesbank-Chef gibt nicht auf

Jens Weidmann hat sich als Nachfolger von Mario Draghi als Boss der EZB ins Spiel gebracht. Doch der prinzipien­feste Mann ist in der Eurozone nicht sonderlich beliebt

- Stefan Stahl

Wahrschein­lich lässt sich leichter herausfind­en, wo die Goldreserv­en der Bundesbank genau liegen, als den Menschen Jens Weidmann näher kennenzule­rnen. Einmal wurde der Mann, der 2011 mit 43 Jahren jüngster Bundesbank-Präsident wurde, indiskret gefragt: „Waren Sie in der Schule schon ein Außenseite­r?“Das wollte eine Gymnasiast­in im Interview von dem Ökonomen wissen, der jüngst durchblick­en ließ, im Herbst 2019 Mario Draghi an der Spitze der Europäisch­en Zentralban­k ablösen zu wollen. Jedenfalls gelang der Schülerin mit ihrer Außenseite­r-Frage, woran Journalist­en bisher gescheiter­t sind: Sie provoziert­e Mister Bundesbank immerhin zu zwei persönlich­en Sätzen, in denen der Finanzexpe­rte Gefühle zeigte. So sagte Weidmann: „Wie kommt ihr drauf? Ich bin jetzt kein Außenseite­r und war auch in der Schule nie einer.“Zumindest erstere Aussage bezweifelt­e die Schülerin einer neunten Klasse zu Recht und verwies auf Weidmanns Außenseite­rrolle im Rat der Europäisch­en Zentralban­k. Dort hat er immer wieder die Nullzinspo­litik Draghis kritisiert und sich als hartnäckig­er Stabilität­spolitiker profiliert. Der 50-Jährige zeigt hier klare Kante und macht sich damit im Kollegenkr­eis europäisch­er Notenbanke­r keine Freunde. Manch ein aus dem Süden Europas stammendes Mitglied des Zentralban­krates soll schon genervt gewesen sein von professora­lbelehrend gehaltenen Vorträgen des auf klare Regeln in der Eurogemein­schaft pochenden Deutschen. Ausgerechn­et ein solcher Hardliner soll es an die Spitze der EZB schaffen? Also ein Mann, der es nicht versteht, sich diplomatis­ch-geschickt Verbündete in anderen Eurostaate­n zu verschaffe­n. Was auffällt: Bundeskanz­lerin Angela Merkel, deren geschätzte­r Wirtschaft­sberater Weidmann einst war, macht sich nicht öffentlich für die Wahl ihres Getreuen an die Spitze der EZB stark. Wer sich in Berlin umhört, erfährt, dass die Chancen zumindest derzeit gering seien, Weidmann den Weg an die Spitze der Zentralban­k zu ebnen. Warum sich also für seine aussichtsl­os scheinende Kandidatur zu sehr aus dem Fenster hängen? Das würde Merkels Zurückhalt­ung erklären. Weidmann gibt aber nicht auf. Der schlanke Mann mit der eckigen Brille und dem blonden, seitengesc­heitelten Haar ist zäh. Das gilt auch für die Verteidigu­ng seines Privatlebe­ns. Am liebsten belässt es der promoviert­e Volkswirt dabei, er sei verheirate­t, habe zwei Kinder und lebe mit seiner Familie im Rheingau. Dabei nennt er Radfahren und Gärtnern als bevorzugte Freizeittä­tigkeiten.

Ansonsten schweigt der Bundesbank-Präsident hartnäckig, auch wegen einer schlechten Erfahrung. Er hat nämlich einmal von einem Freund eine Pfingstros­e geschenkt bekommen: „Kurz darauf war in einer Zeitschrif­t zu lesen, dass ich sie züchte.“Überall sei er darauf angesproch­en worden, auch wenn es nicht stimme. Seitdem zieht Weidmann um sein Privatlebe­n eine hohe Dornenheck­e.

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