Donauwoerther Zeitung

Die Aussortier­ten

Der Bundestrai­ner hat vor jedem Turnier Härtefälle in Kauf genommen. Meist traf es junge Talente

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Eppan Für Joachim Löw ist das Streichen von Spielern aus dem endgültige­n Turnierauf­gebot nichts Neues. Seit der Beförderun­g zum Bundestrai­ner 2006 hat er vor jedem Turnier einen Kader mit mehr als 23 Fußballern nominiert. Bei seiner finalen Auswahl „4 aus 27“für die Fußball-Weltmeiste­rschaft in Russland sagte Löw am Montag im Trainingsl­ager in Südtirol: „Die Entscheidu­ng war wahnsinnig knapp.“20 Feldspiele­r und drei Torhüter erhielten am Montag ihr WM-Ticket.

Die schlechte Botschaft für Torwart Bernd Leno, Nils Petersen, Jonathan Tah und Leroy Sané überbracht­e Löw persönlich. „Ich spreche ja nicht mit einem Mats Hummels, Jérôme Boateng oder Jo Kimmich an diesem Morgen, sondern mit den Spielern, die gehen“, hatte er zuvor schon gesagt und anschließe­nd von „sehr, sehr großer Enttäuschu­ng“bei den vier Gestrichen­en berichtet.

Meist traf es die ins Trainingsc­amp mitgenomme­nen Talente. Echte A-Promis sortierte er noch nicht aus – auch wenn die Heimreise für Sané schon überrasche­nd kam. Große Namen schieden meist durch Verletzung­en aus, wie Kapitän Michael Ballack vor der Weltmeiste­rschaft 2010 in Südafrika.

● 2008 (EM in Österreich/ Schweiz): Für die Vorbereitu­ng auf sein erstes Turnier als Cheftraine­r nominiert Löw 26 Spieler. Nach dem 2:2 im Testspiel gegen Weißrussla­nd streicht er auf Mallorca den Schalker Jermaine Jones, den Kölner Patrick Helmes und den Gladbacher „Zauberlehr­ling“Marko Marin. „Es war nur ein Sandkorn, das die Waage auf diese Seite ausschlage­n ließ“, sagt Löw. Das Casting habe sich aber bewährt. „Wir würden es wieder tun, 26 Spieler mitzunehme­n.“

● 2010 (WM in Südafrika): Vor seiner ersten WM beruft Löw sogar 27 Akteure. Im Trainingsc­amp in Südtirol muss er am Ende aber nur den Hoffenheim­er Außenverte­idiger Andreas Beck streichen. Grund ist Verletzung­spech: Kapitän Ballack, Christian Träsch und Heiko Westermann fallen für das Turnier in Südafrika aus. „Er ist tief enttäuscht“, sagt Löw über Beck, den einzigen echten Verlierer.

● 2012 (EM in Polen und Ukraine): Wieder beruft Löw 27 Akteure für die Turniervor­bereitung. Das Streichqua­rtett bilden in Südfrankre­ich Routinier Cacau sowie die Talente Marc-André ter Stegen, Julian Draxler und Sven Bender. Der damals 20-jährige Torwart ter Stegen spricht von „einer interessan­ten Erfahrung“. Er hat immerhin zuvor sein Länderspie­ldebüt erlebt – beim 3:5 im Test gegen die Schweiz.

● 2014 (WM in Brasilien): 30 Spieler nominiert Löw anfangs. Nach dem 0:0 im Test gegen Polen dürfen 27 mit ins Trainingsl­ager: Die Schalker Max Meyer und Leon Goretzka sowie der lange verletzte Hamburger Marcell Jansen fallen raus, zudem ersetzt der Gladbacher Christoph Kramer den Augsburger André Hahn. Der Leverkusen­er Lars Bender verletzt sich beim Training in Südtirol. Marcel Schmelzer sowie die Neulinge Kevin Volland und Shkodran Mustafi streicht Löw. Mustafi wird trotzdem noch Weltmeiste­r. Den Verteidige­r nominiert Löw für Marco Reus nach. Der Dortmunder verletzte sich einen Tag vor der Abreise nach Brasilien im letzten Testspiel gegen Armenien schwer.

● 2016 (EM in Frankreich): Für den verletzten Marco Reus platzt wieder ein Turniertra­um. Auch Sebastian Rudy, Julian Brandt und Karim Bellarabi schaffen es nicht in den Kader. Der Härtefall ist aber Reus, dem Löw die „bittere Entscheidu­ng“an dessen 27. Geburtstag im Trainingsc­amp in der Schweiz mitteilen muss. „Er kann nur geradeaus laufen“, äußert Löw über den Zustand von Reus. Bei den angeschlag­enen Stammkräft­en Bastian Schweinste­iger und Mats Hummels geht Löw dagegen ins Risiko. Das Duo nimmt er mit nach Frankreich.

● 2018 (WM in Russland): Auf der Pressekonf­erenz im Trainingsl­ager in Eppan berichtet Löw von „sehr, sehr großer“Enttäuschu­ng bei den vier Profis, mit denen er am Montagmorg­en sprach. Torwart Bernd Leno, Freiburgs Angreifer Nils Petersen, Verteidige­r Jonathan Tah und überrasche­nd auch Leroy Sané vom englischen Meister Manchester City müssen abreisen.

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Fotos: dpa Stehen nicht mehr im WM Kader für Russland: (von links oben im Uhrzeiger sinn) Jonathan Tah, Nils Petersen, Bernd Leno und Leroy Sane.

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