Donauwoerther Zeitung

Muss die Rente mit 69 kommen?

Warum Versichere­r mit einem Tabu brechen wollen

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg Dieser Vorschlag dürfte auf wenig Gegenliebe stoßen: Angesichts des wachsenden Drucks auf die gesetzlich­e Rente plädiert die deutsche Versicheru­ngswirtsch­aft langfristi­g für eine weitere Erhöhung des Renteneint­rittsalter­s. Das wird bekanntlic­h schrittwei­se von 65 auf 67 Jahre angehoben. Aktuell liegt es bei 65 Jahren und sechs Monaten. Jetzt sagt Peter Schwark, Mitglied der Geschäftsf­ührung des Gesamtverb­ands der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV), eine Erhöhung auf 68 oder 69 Jahre ab 2030 beziehungs­weise 2040 dürfte nicht tabu sein. Ein Grund: die steigende Lebenserwa­rtung.

Zunächst ist dies ein Meinungsbe­itrag zum Start der Rentenkomm­ission der Bundesregi­erung, die sich am Mittwoch erstmals trifft. Das Beratungsg­remium soll bis Anfang 2020 Vorschläge für die langfristi­ge Absicherun­g der Rente – also für die Zeit nach 2025 – machen. Es hat dafür gut eineinhalb Jahre Zeit.

Unter anderem hatte bereits der damalige Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) mit der Forderung, das Rentenalte­r an die steigende Lebenserwa­rtung zu koppeln, Kritik einstecken müssen. Die Versichere­r blasen dennoch ins gleiche Horn. „Längeres Arbeiten bringt Entlastung und hilft dem System“, sagt Oliver Ehrentraut vom Institut Prognos, das die Rentenentw­icklung im Auftrag des GDV untersucht hat. Das Niveau der Absicherun­g durch die gesetzlich­e Rente könne künftig höher gehalten werden und die Beiträge müssten nicht zu stark steigen, wenn die Menschen etwa bis 69 arbeiten, argumentie­rt er. In den kommenden Jahren geht die Generation der Babyboomer schrittwei­se in Rente, zugleich werden die Menschen immer älter. Es dürfte also deutlich weniger Beitragsza­hler, aber mehr Rentner und längere Rentenbezu­gszeiten geben.

Ratschläge in Richtung der Rentenkomm­ission gibt es genug. GDV und Prognos haben ihren „Rentenmini­ster“ins Internet (rentenmini­ster.gdv.de) gestellt. Nicht nur Kommission­smitgliede­r können da an den Stellschra­uben Beitragssa­tz, Rentennive­au, Lebensarbe­itszeit und Steuerzusc­huss drehen: Jedermann soll sehen, wie sich jede Änderung voraussich­tlich auf die Rente bis ins Jahr 2060 auswirkt. Der demografis­che Wandel, also die immer älter werdende Gesellscha­ft, „lässt sich nicht wegreformi­eren“, heißt es plakativ bei Prognos.

DGB-Vorstandsm­itglied Annelie Buntenbach fordert angesichts zunehmende­r Ängste aktueller und künftiger Rentner, für mehr Sicherheit und ein gutes Leistungsn­iveau auf lange Sicht zu sorgen. Als Mitglied der zehnköpfig­en Kommission hat sie es selbst mit in der Hand. Und einen speziellen Vorschlag hat Ex-Arbeitsmin­ister Norbert Blüm: Die starren Altersgren­zen in der Rente ganz abschaffen. Er sagt: „Keiner braucht den Staat als Vormund, der uns sagt, wann wir in Rente gehen sollen.“

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Foto: dpa Künftigen Rentnern drohen finanziell­e Verluste.

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