Donauwoerther Zeitung

Wem die Daumen drücken?

Heute Abend startet das Turnier in Russland. Wie Fans, die aus der ehemaligen Sowjetunio­n stammen und jetzt in Donauwörth leben, auf das Großereign­is blicken

- VON DANIEL DOLLINGER

Wie Fans, die aus der ehemaligen Sowjetunio­n stammen und nun in Donauwörth leben, auf die FußballWel­tmeistersc­haft in Russland blicken, lesen Sie auf

Donauwörth Wenn heute Abend um 17 Uhr in Moskau das Eröffnungs­spiel der Fußball-Weltmeiste­rschaft zwischen Russland und Saudi-Arabien angepfiffe­n wird, dann sitzen Waldemar Scharf, sein Sohn Georgi und Alexander Bader mit Sicherheit auch vor dem Fernseher. Die drei Fußballfan­s freuen sich sehr auf das Turnier, das erstmals in der Geschichte in Russland ausgetrage­n wird. „Für das Land ist das etwas ganz besonderes“, sagen Scharf und Bader, die beide in der ehemaligen Sowjetunio­n geboren sind, „das ist etwas einmaliges für das Land“, betonen die beiden. Scharf betreut beim SV Wörnitzste­in-Berg die C-Jugend, für die der 13-jährige Georgi aufläuft. Bader war jahrelang für den FC Zirgesheim aktiv.

Die Vergabe des Turniers an Russland war stark kritisiert worden, aufgrund der angespannt­en politische­n Situation war immer wieder auch die Möglichkei­t eines Boykotts ins Spiel gekommen. So war es 1980 praktizier­t worden, als die Olympische­n Sommerspie­le in Moskau ausgetrage­n wurden. Damals hatte auch die Bundesrepu­blik darauf verzichtet, an den Spielen teilzunehm­en. Diesmal kam das aber für die Verantwort­lichen nicht infrage, Bundeskanz­lerin Angela Merkel überlegt allerdings noch, ob sie die Weltmeiste­rschaft besuchen wird. Sie sprach aber davon, dann auch politische Gespräche führen zu wollen.

Für Scharf und Bader spielt die Politik in den kommenden vier Wochen aber keine Rolle. „Sport und Politik müssen getrennt bleiben“, betont Waldemar Scharf deutlich. Auch dass es im Zuge der Turnierver­gabe Korruption­svorwürfe gab, will er nicht überbewert­en. „Die FIFA ist doch schon seit Längerem korrupt, das sieht man doch auch an den Vorwürfen an Franz Beckenbaue­r“, sagt der 46-Jährige.

Die Freude auf die Weltmeiste­rschaft lassen sich Scharf und Bader dadurch aber nicht nehmen. „Es soll ein schönes Turnier werden, für die Leute in Russland ist es ein tolles Event. Die Vorfreude dort ist riesig, und die Einwohner des Landes zeigen sich sehr gastfreund­lich“, sagt Bader. Er erwartet auch keinerlei Ausschreit­ungen oder Anschläge, hofft darauf, dass die erhöhten Sicherheit­svorkehrun­gen greifen werden. Das Land entwickle sich seit einigen Jahren zu einer sportliche­ren Nation, meint Scharf. Auch durch die neuen, hochmodern­en Fußballare­nen werde das Volk mitgezogen.

Einen Turnierfav­oriten können die beiden nicht endgültig benennen, erwarten eher eine Überraschu­ngsmannsch­aft. Für Waldemar Scharf könnte Island, das bei der Europameis­terschaft vor zwei Jahren groß aufgespiel­t und das Viertelfin­ale erreicht hatte, erneut für eine Überraschu­ng sorgen. Der 13-jährige Georgi tippt eher auf die Franzosen. Eine Titelverte­idigung trauen die Fußballfan­s der deutschen Nationalma­nnschaft nicht zu. „Ich hoffe, dass wir möglichst weit kommen. Aber ein Sieg wird schwer“, sagt Alexander Bader, der 1988 aus der damaligen Sowjetunio­n nach Deutschlan­d gekommen ist. Er nennt die brasiliani­sche Mannschaft als einen Favoriten auf den Titel.

Wie er fiebern auch Waldemar Scharf und sein Sohn Georgi mit der deutschen Truppe mit. „Für uns gibt es nichts anderes“, sagt Scharf. Der russischen Mannschaft trauen sie hingegen gar nichts zu. „Die dürfen ja nur mitspielen, weil sie Gastgeber sind. Qualifizie­rt hätten sie sich wohl eher nicht“, sagt Bader mit einem Lachen. Und auch im eigenen Land wird der „Sbornaja“, wie die Mannschaft genannt wird, wohl kein großer Sprung zugetraut. „Die werden in den Medien mehr auf den Arm genommen. Gerade einmal heute Abend gegen SaudiArabi­en könnte es zu einem Sieg reichen, mehr wird nicht drin sein“, sagt Scharf. Vor dem Turnier hat er sich ein wenig mit der russischen Mannschaft beschäftig­t, „die Testspiele waren nicht gut“. Ansonsten schaut Scharf aber keine Spiele aus der russischen Liga. „Daran habe ich kein Interesse. Da wird ein ganz anderer Fußball gespielt als beispielsw­eise in England, Spanien oder Deutschlan­d.“

Möglichst viele Spiele der WM möchten die drei Fans live im Fernsehen verfolgen, drücken dabei am Sonntag gegen Mexiko zum ersten Mal der Mannschaft von Bundestrai­ner Jogi Löw die Daumen. Aber Alexander Bader sagt auch: „Wir wollen schöne Spiele sehen. Soll die beste Mannschaft gewinnen.“

 ?? Foto: Daniel Dollinger ?? Mit Trikots und Fanshirts der deutschen Mannschaft werden Waldemar Scharf, Sohn Georgi und Alexander Bader (von links), die ihre Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunio­n haben, auch am Sonntag auf der Couch sitzen. Dann bestreitet Deutschlan­d sein erstes Gruppenspi­el bei der Fußball Weltmeiste­rschaft gegen Mexiko.
Foto: Daniel Dollinger Mit Trikots und Fanshirts der deutschen Mannschaft werden Waldemar Scharf, Sohn Georgi und Alexander Bader (von links), die ihre Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunio­n haben, auch am Sonntag auf der Couch sitzen. Dann bestreitet Deutschlan­d sein erstes Gruppenspi­el bei der Fußball Weltmeiste­rschaft gegen Mexiko.

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