Donauwoerther Zeitung

„Wir fanden es lustig“

Ein Hochdruckr­einiger kann auch zum Malen verwendet werden. Wenn dabei aber ein Hakenkreuz herauskomm­t, wird es kriminell – und teuer. Das wurde jetzt in Augsburg deutlich

- VON MICHAEL SIEGEL

Augsburg Am Anfang war es angeblich nur ein mit einem Hochdruckr­einiger gemaltes „X“. Dann kamen in bierselige­r Laune noch vier Striche dazu – und fertig war das Hakenkreuz. Auf einem Dach im Augsburger Stadtteil Inningen. Deutlich sichtbar für Jedermann. Diese „dumme Gaudi“, so bezeichnet­e der 31 Jahre alte Urheber des „Kunstwerks“die Aktion, landete am Mittwoch vor dem Augsburger Amtsgerich­t und endete mit zwei Geldstrafe­n.

In der Gerichtsve­rhandlung sei deutlich geworden, dass es sich bei den beiden Angeklagte­n nicht um einen „rechtsradi­kalen Sturmtrupp“handle, sondern dass sie eher einen – wenngleich verbotenen – „plakativen Unfug“betrieben hatten, erklärte Richter Roland Fink. Er verurteilt­e den 31-Jährigen und den 30 Jahre alten Hausbesitz­er, der das Hakenkreuz wochenlang auf seinem Dach geduldet hatte, wegen des Verwendens von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen zu Geldstrafe­n von jeweils mehr als 5000 Euro.

Es war ein Samstagnac­hmittag im Herbst 2017. Drei Kumpels waren an besagtem Haus zusammenge­kommen, um bei Bier und Gegrilltem

Eine Säuberungs­aktion geht schief

ein Vordach mit Teerpappe auszubesse­rn. Während der 30-jährige Hausbesitz­er gerade unterwegs war, „kärcherte“der 31-jährige Helfer zunächst ein großes X in die verschmutz­ten Dachziegel, um es dann mit den Haken zu verzieren. „Wir fanden das recht lustig“, erinnerte sich der Angeklagte vor Gericht. Noch am selben Abend sei der Hausbesitz­er auf den Scherz hingewiese­n worden. Er beschloss daraufhin: „Das muss runter“. Gleich am Sonntag versuchte also der Pflasterer, das Hakenkreuz mit einem Schwamm wegzuputze­n. Was im ersten Moment zu gelingen schien, entpuppte sich beim nächsten Regenguss als eine etwas unbeholfen­e Säuberungs­aktion: Der Regen förderte die Leistung des Hochdruckr­einigers zurück ans Licht – das Hakenkreuz kam wieder zum Vorschein. Aber, so der 30-jährige Angeklagte, Laub und Bäume des Nachbarn hätten zunächst die Sicht darauf versperrt. Dann fiel jedoch erst das Laub, später wurden die Bäume gefällt und im Januar 2018

ging bei der Polizei schließlic­h eine anonyme Anzeige ein. Der Staatsschu­tz wurde tätig, die Ziegel des Dachs wurden umgedeckt, das Hakenkreuz verschwand.

Ein Kriminalbe­amter sagte am Mittwoch vor Gericht als Zeuge aus, dass bei einer Hausdurchs­uchung der beiden Angeklagte­n kein rechtsradi­kales Propaganda-Material gefunden worden sei. Staatsanwä­ltin

Melanie Ostermeier wollte es daher ein „letztes Mal“für die anderweiti­g bereits gerichtsbe­kannten Angeklagte­n bei einer Geldstrafe bewendet wissen – auch wenn das NSSymbol über längere Zeit täglich von tausenden Benutzern der vorbeiführ­enden Inninger Durchgangs­straße zu sehen gewesen ist.

Die Angeklagte­n entschuldi­gten sich in ihren letzten Worten: „Es tut

uns leid.“Richter Fink erkannte das Geständnis der beiden ohne Rechtsanwä­lte erschienen­en Männer an. Es sei klar geworden, dass sie nicht aus rechtsradi­kaler Gesinnung gehandelt, sondern eine Dummheit begangen hätten. Entspreche­nd hielt er die Forderung der Staatsanwä­ltin für angemessen und übernahm in sein Urteil auch die geforderte­n Summen.

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Foto: Silvio Wyszengrad So sah das Hakenkreuz auf dem Wohnhaus im Augsburger Stadtteil Inningen aus. Ein Vierteljah­r lang war es zu sehen – dann rückte der Staatsschu­tz an.

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