Donauwoerther Zeitung

Der schwierige Weg zurück

Reinhold Tiesseler ist drei Jahre arbeitslos gewesen. Wie ihm die Rückkehr in den Job gelungen ist

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Bäumenheim Reinhold Tiesseler ist ein Mann, der anpackt und beruflich flexibel ist, und dennoch war er mehrere Jahre arbeitslos. Der gebürtige Mecklenbur­ger arbeitete zunächst als Maschinist auf Schiffen und später als Ausbilder in der Seefahrt. Nach der Wende zog er zu Verwandten nach Nordendorf und arbeitete als Betriebssc­hlosser bei der Firma Invista im Industriep­ark in Gersthofen. Mit der Schließung der dortigen Schlossere­i im Jahr 2014 fiel er in ein Loch, wie der Bäumenheim­er rückblicke­nd sagt. „Wer will so einen alten Knacker wie mich schon noch?“, dachte der heute 57-Jährige damals. Viele Bewerbunge­n habe er geschriebe­n, aber keinen Erfolg gehabt. Teils erhielt er nicht einmal eine Antwort. „Je älter man wird und je mehr Zeit vergeht, desto weniger Hoffnung hat man. Es war eine schwierige Zeit, in der es bergab ging.“

Tiesseler befand sich plötzlich in einer Situation, die er sich nie vorstellen konnte. Er gehörte plötzlich zu den Langzeitar­beitslosen. „Frühe dachte ich immer, wer arbeiten will, der findet auch Arbeit, aber so einfach ist es doch nicht.“Bei den Langzeitar­beitslosen kommen laut Werner Möritz, operativer Geschäftsf­ührer der Arbeitsage­ntur Donauwörth, mehrere Probleme zusammen. Zum einen hätten 40 Prozent gesundheit­liche Probleme, zwei Drittel seien über 60 Jahre und ein größerer Teil hat eine berufliche Qualifikat­ion, die auf dem Arbeitsmar­kt in der Region nur wenig nachgefrag­t wird. Kommen mehrere solcher Faktoren zusammen, werde es schwierig, die Person trotz guter Konjunktur wieder in den Arbeitsmar­kt zu integriere­n. Die Arbeitsage­ntur verzeichne­t aber auf lange Sicht durchaus Erfolge, wenn es darum geht, die Zahl der Langzeitar­beitslosen zu reduzieren. So sank deren Zahl im Donau-Ries-Kreis innerhalb von zehn Jahren von 563 auf 269 Personen in diesem Jahr.

Tiesseler hat seit vergangene­m Jahr wieder einen Job bei der Firma Roko in Bäumenheim. Den gemeinnütz­igen Dienstleis­tungsbetri­eb betreiben die Lebenshilf­e Donau-Ries, der Lebenshilf­e Dillingen und die Gemeinde AsbachBäum­enheim. Das verdankt er auch einem Förderprog­ramm von Union und Bund für Langzeitar­beitslose. Das Jobcenter betreut im Rahmen des Programms 18 Personen. Davon haben aktuell 15 derzeit einen Arbeitspla­tz.

Undine Mayer, Fallmanage­rin des Jobcenters Donau-Ries, begleitete ihn auf dem Weg zurück in den Beruf intensiver, als sie dies ohne das Förderprog­ramm hätte tun können. Die Fallmanage­rin muss sich um 75 Klienten kümmern. Klassische­rweise betreut ein Arbeitsver­mittler zwischen 150 und 200 Arbeitslos­e. Mayer begleitet ihre Klienten bei Behördengä­ngen und ist auch bei eventuelle­n Problemen in den Betrieben vor Ort, um zu vermitteln. Ihre Unterstütz­ung dauert zwischen sechs Monaten und teils mehr als zwei Jahren. „Bei Herrn Tiesseler war es noch vergleichs­weise einfach, auch weil er eine Berufsausb­ildung hat“, so die Fallmanage­rin. Das sei längst nicht bei allen Klienten der Fall.

Zu Beginn gehe es erst einmal darum, den Menschen wieder eine Tagesstruk­tur zu geben und herauszufi­nden, welche Qualifikat­ioEuropäis­cher nen noch vorhanden sind, so Mayer. Es folgt eine Weiterbild­ung. Im Fall von Tiesseler ein Kurs zur Holzbearbe­itung. In dem Vorbereitu­ngskurs sei sein handwerkli­ches Geschick schnell festgestel­lt worden, so Mayer. Deswegen sei er der Firma Roko für ein Praktikum vorgeschla­gen worden. Dort sind sie mit seiner Leistung so zufrieden, dass sein Jahresvert­rag bereits nach einem halben Jahr entfristet wurde.

„Wir müssen hier natürlich unsere Leistung bringen, schließlic­h fertigen wir hier für die Industrie“, so Tiesseler. Das Unternehme­n fertig unter anderem Stellantri­ebe, die in der Joghurtabf­üllung zum Einsatz kommen, und biegt Rohre im Auftrag eines Unternehme­ns aus der Region. Anfangs sei die Arbeit „hart“gewesen, erinnert sich der 57-Jährige. Das habe auch daran gelegen, dass viele Arbeiten im Stehen erledigt werden müssen, er habe sich aber daran gewöhnt.

Tiesseler fühlt sich bei Roko wohl und plant längerfris­tig. „Wenn es gesundheit­lich passt, würde ich hier gerne bis zur Rente arbeiten und vielleicht auch darüber hinaus. Es ist schön, unter Leute zu kommen, die Kollegen hier sind nett und es ist gut, eine Aufgabe zu haben.“

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Fotos: Christian Mühlhause Der 57 jährige Reinhold Tiesseler war drei Jahre arbeitslos. Er ist froh, beim Bäumenheim­er Unternehme­n Roko wieder eine Arbeitsste­lle gefunden zu haben. Dabei erhielt er viel Unterstütz­ung.
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Undine Mayer

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