Der schwierige Weg zurück
Reinhold Tiesseler ist drei Jahre arbeitslos gewesen. Wie ihm die Rückkehr in den Job gelungen ist
Bäumenheim Reinhold Tiesseler ist ein Mann, der anpackt und beruflich flexibel ist, und dennoch war er mehrere Jahre arbeitslos. Der gebürtige Mecklenburger arbeitete zunächst als Maschinist auf Schiffen und später als Ausbilder in der Seefahrt. Nach der Wende zog er zu Verwandten nach Nordendorf und arbeitete als Betriebsschlosser bei der Firma Invista im Industriepark in Gersthofen. Mit der Schließung der dortigen Schlosserei im Jahr 2014 fiel er in ein Loch, wie der Bäumenheimer rückblickend sagt. „Wer will so einen alten Knacker wie mich schon noch?“, dachte der heute 57-Jährige damals. Viele Bewerbungen habe er geschrieben, aber keinen Erfolg gehabt. Teils erhielt er nicht einmal eine Antwort. „Je älter man wird und je mehr Zeit vergeht, desto weniger Hoffnung hat man. Es war eine schwierige Zeit, in der es bergab ging.“
Tiesseler befand sich plötzlich in einer Situation, die er sich nie vorstellen konnte. Er gehörte plötzlich zu den Langzeitarbeitslosen. „Frühe dachte ich immer, wer arbeiten will, der findet auch Arbeit, aber so einfach ist es doch nicht.“Bei den Langzeitarbeitslosen kommen laut Werner Möritz, operativer Geschäftsführer der Arbeitsagentur Donauwörth, mehrere Probleme zusammen. Zum einen hätten 40 Prozent gesundheitliche Probleme, zwei Drittel seien über 60 Jahre und ein größerer Teil hat eine berufliche Qualifikation, die auf dem Arbeitsmarkt in der Region nur wenig nachgefragt wird. Kommen mehrere solcher Faktoren zusammen, werde es schwierig, die Person trotz guter Konjunktur wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Arbeitsagentur verzeichnet aber auf lange Sicht durchaus Erfolge, wenn es darum geht, die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu reduzieren. So sank deren Zahl im Donau-Ries-Kreis innerhalb von zehn Jahren von 563 auf 269 Personen in diesem Jahr.
Tiesseler hat seit vergangenem Jahr wieder einen Job bei der Firma Roko in Bäumenheim. Den gemeinnützigen Dienstleistungsbetrieb betreiben die Lebenshilfe Donau-Ries, der Lebenshilfe Dillingen und die Gemeinde AsbachBäumenheim. Das verdankt er auch einem Förderprogramm von Union und Bund für Langzeitarbeitslose. Das Jobcenter betreut im Rahmen des Programms 18 Personen. Davon haben aktuell 15 derzeit einen Arbeitsplatz.
Undine Mayer, Fallmanagerin des Jobcenters Donau-Ries, begleitete ihn auf dem Weg zurück in den Beruf intensiver, als sie dies ohne das Förderprogramm hätte tun können. Die Fallmanagerin muss sich um 75 Klienten kümmern. Klassischerweise betreut ein Arbeitsvermittler zwischen 150 und 200 Arbeitslose. Mayer begleitet ihre Klienten bei Behördengängen und ist auch bei eventuellen Problemen in den Betrieben vor Ort, um zu vermitteln. Ihre Unterstützung dauert zwischen sechs Monaten und teils mehr als zwei Jahren. „Bei Herrn Tiesseler war es noch vergleichsweise einfach, auch weil er eine Berufsausbildung hat“, so die Fallmanagerin. Das sei längst nicht bei allen Klienten der Fall.
Zu Beginn gehe es erst einmal darum, den Menschen wieder eine Tagesstruktur zu geben und herauszufinden, welche QualifikatioEuropäischer nen noch vorhanden sind, so Mayer. Es folgt eine Weiterbildung. Im Fall von Tiesseler ein Kurs zur Holzbearbeitung. In dem Vorbereitungskurs sei sein handwerkliches Geschick schnell festgestellt worden, so Mayer. Deswegen sei er der Firma Roko für ein Praktikum vorgeschlagen worden. Dort sind sie mit seiner Leistung so zufrieden, dass sein Jahresvertrag bereits nach einem halben Jahr entfristet wurde.
„Wir müssen hier natürlich unsere Leistung bringen, schließlich fertigen wir hier für die Industrie“, so Tiesseler. Das Unternehmen fertig unter anderem Stellantriebe, die in der Joghurtabfüllung zum Einsatz kommen, und biegt Rohre im Auftrag eines Unternehmens aus der Region. Anfangs sei die Arbeit „hart“gewesen, erinnert sich der 57-Jährige. Das habe auch daran gelegen, dass viele Arbeiten im Stehen erledigt werden müssen, er habe sich aber daran gewöhnt.
Tiesseler fühlt sich bei Roko wohl und plant längerfristig. „Wenn es gesundheitlich passt, würde ich hier gerne bis zur Rente arbeiten und vielleicht auch darüber hinaus. Es ist schön, unter Leute zu kommen, die Kollegen hier sind nett und es ist gut, eine Aufgabe zu haben.“