Donauwoerther Zeitung

„Der Verband ist zu unflexibel“

Aus einem halben Jahr als Frauenfußb­all-Trainer wurden für Hermann Kreichauf 23, zuletzt in Wörnitzste­in. Warum er den BFV kritisiert und was die Höhepunkte seiner Karriere waren

- Inwiefern? Interview: Stephanie Anton

Herr Kreichauf, Sie hatten schon vor ein paar Jahren vom Aufhören gesprochen, wie war der Abschied letztendli­ch?

Hermann Kreichauf: Beim Saisonabsc­hluss habe ich mich von der Mannschaft verabschie­det, die Stimmung dort war sehr fröhlich. Ich hatte dem Vorstand des SV Wörnitzste­in-Berg ja schon vor Saisonbegi­nn meinen Entschluss mitgeteilt. Die offizielle Verabschie­dung des Vereins kommt aber noch.

Sie sind dem Fußball schon seit vielen Jahren treu und das nicht nur als Trainer von Frauenteam­s ...

Kreichauf: Ich habe als Spieler begonnen, das war 1958 beim TSV Roth in der Schüler- und Jugendmann­schaft. Dann bei den Herren in der Bezirkslig­a. 1964 kam ich nach Donauwörth zur Bundeswehr, dort bin ich dem SC Donauwörth beigetrete­n, der später zum VSC wurde. Zwei Jahre später habe ich dann als Spieler nach Bissingen gewechselt. Nach einer schweren Verletzung habe ich zweieinhal­b Jahre pausiert und dann ’73 die A-Jugend in Bissingen als Trainer übernommen, später dann die Herren als Spielertra­iner. Ab 1990 habe ich mich wieder beim VSC Donauwörth engagiert, bevor ich ’95 die Frauen in Bäumenheim als Trainer übernommen habe. Das wollte ich eigentlich nur ein halbes Jahr machen, doch daraus wurden dann 23.

Die Bäumenheim­er Frauen waren damals sehr erfolgreic­h.

Kreichauf: Sie haben in der Verbandsli­ga gespielt, das entsprach damals der heutigen 2. Bundesliga. Erst war ich nur Trainer, dann auch Abteilungs­leiter und ich habe die zweite Mannschaft trainiert.

Später zogen Sie mit den Spielerinn­en weiter nach Riedlingen und dann nach Donauwörth, wo Sie bessere Trainingsb­edingungen vorfanden ... Kreichauf: Ich habe dort den Mädchenber­eich mit aufgebaut, wir hatten bis zu drei Teams, aber seit zwei Jahren haben wir riesige Probleme, weiterhin Mädchen zu finden, die Fußball spielen wollen.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Kreichauf: Ich weiß es nicht, die Mädchen wollen scheinbar nicht. Ich war vor Kurzem erst an den Schulen und habe die Lehrer gebeten, auf unser Schnuppert­raining hinzuweise­n. Außerdem haben wir unsere Mädels immer animiert, noch Freundinne­n zum Training mitzubring­en, aber es kommt keine.

Und das, obwohl in den vergangene­n Jahren mit Aktionen wie „Ballbina kickt“vom BFV einiges für den Frauenund Mädchenfuß­ball getan wurde. Kreichauf: Der Verband ist trotzdem viel zu unflexibel.

Kreichauf: In der Hobbyrunde gibt es zwölf oder 13 Mannschaft­en, in der Punktrunde mussten wir dagegen mit unserer zweiten Mannschaft in der Kreisklass­e mit nur sechs Teams spielen. Der Verband ist da viel zu starr. Mein Vorschlag, den ich schon im BFV weitergege­ben habe, lautet, die Fußball-Kreise Donau, Augsburg und Allgäu zusammenzu­legen und die Ligen rein nach geografisc­hen Gegebenhei­ten einzuteile­n. Wir mussten zum Teil 90 Kilometer zu einem Auswärtssp­iel fahren, obwohl es für uns in die Augsburger Region viel kürzer gewesen wäre, der nördliche Teil von Ausburg würde schon reichen, damit für uns viel mehr Spiele zusammenko­mmen. Und die Mädels wollen doch auch nur kicken. Beim Frauenfußb­all muss man eben etwas flexibler sein, aber der Verband hat seine Statuten und daran wird nichts verändert. Beispielsw­eise sollten im vergangene­n Jahr die Kreisklass­e und die Kreisliga zusammenge­legt werden. Doch kurz vor Saisonbegi­nn wurde das doch wieder gekippt.

Sie verabschie­den sich mit dem Meistertit­el der zweiten Mannschaft und dem Abstieg der ersten. Warum hat es heuer für die Erste in der Bezirksobe­rliga nicht gereicht?

Kreichauf: Wir haben vergangene Saison unser Spielsyste­m umgestellt. Bei der Zweiten hat das gut geklappt. Bei der Ersten war der Misserfolg vor allem den vielen Verletzung­en geschuldet. So viel Verletzung­spech wie in dieser Saison habe ich noch nicht erlebt. Wir haben in der Rückrunde tolle Spiele gemacht, doch wir hatten niemand, der ein Tor schießt. Mit einer gescheiten Stürmerin hätte zum Beispiel das letzte Spiel gegen Nördlingen 5:0 für uns enden können, anstatt mit einer 1:2-Niederlage.

Was haben Sie Ihren Nachfolger­n Christian Melan, Martin Klinger und Thomas Engelmann mit auf den Weg gegeben?

Kreichauf: Ich habe ihnen gesagt, sie sollen genauso weitermach­en wie bisher und viel mit den Mädels reden. Martin Klinger war ja letztes Jahr auch schon dabei und kennt sie gut. Bei Fragen stehe ich außerdem jederzeit bereit. Welchen großen Unterschie­d gibt es beim Coachen von Frauen im Vergleich zu Männern?

Kreichauf: Bei Männern kann man auch mal derbere Sprüche loslassen, Frauen sind da empfindsam­er. Ich war früher auch nicht gerade der leiseste Trainer und habe das Spiel vom Seitenrand aus mitbestimm­t. Bei Frauen muss man sich da schon etwas zurücknehm­en. Außerdem ist viel Kommunikat­ion im Frauentrai­ning gefordert.

Was werden Sie mit Ihrer neu gewonnenen Freizeit anfangen?

Kreichauf: Ich werde natürlich auch weiterhin viel auf Fußballplä­tzen unterwegs sein, werde mir die Spiele der SVW-Frauen ansehen, auch mal zum TSV Nördlingen fahren und sicher werde ich mir auch das ein oder andere Bundesliga­spiel ansehen, ich bin ja ein Fan des 1. FC Nürnberg. Außerdem werde ich wieder öfters Tennis und Golf spielen und mehr mit meiner Lebensgefä­hrtin unternehme­n.

Als Club-Fan dürfte Ihnen dessen Aufstieg in die Bundesliga ja gut gefallen haben ...

Kreichauf: Das war toll, ich kenne ja noch einige ehemalige Club-Spieler. Beim TSV Roth haben wir damals öfters in der Jugend die fränkische Meistersch­aft gegen Nürnberg ausgespiel­t. Zwar haben wir dann immer mit 0:12 oder so ähnlich die Hucke voll bekommen, es war aber trotzdem ein tolles Erlebnis.

Apropos Erlebnis: Was ist Ihnen aus Ihrer Zeit als Trainer noch besonders in Erinnerung geblieben?

Kreichauf: Das Punktspiel mit den Bäumenheim­er Frauen gegen den FC Bayern, da haben wir zu Hause 2:0 und im Rückspiel dann 5:2 gewonnen. Die Müncheneri­nnen waren ganz schön geknickt, als sie aus Bäumenheim wegfuhren (lacht). Auch die Aufstiege in die Verbandsli­ga mit Riedlingen und Donauwörth sind mir in Erinnerung geblieben, wie auch die starke Rückrunde im vergangene­n Jahr mit Wörnitzste­in, als wir doch noch den Klassenerh­alt geschafft haben und dann bis zum nächsten Morgen gefeiert haben.

 ?? Foto: Szilvia Izsó ?? Hermann Kreichauf will seine neu gewonnene Freizeit nutzen, um sich zum Beispiel Spiele des 1. FC Nürnberg live anzusehen.
Foto: Szilvia Izsó Hermann Kreichauf will seine neu gewonnene Freizeit nutzen, um sich zum Beispiel Spiele des 1. FC Nürnberg live anzusehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany