Ein neuer Klang über der Stadt
Das Liebfrauenmünster in Donauwörth hat eine neue Glocke. Sie erinnert an einen der schlimmsten Momente der Stadtgeschichte
Donauwörth „In Memorian Anna Deibler“ist auf der neuen Glocke des Liebfrauenmünsters zu lesen. Die Glocke erinnert damit an das Schicksal der Familie Deibler, die im Zweiten Weltkrieg beim Bombenangriff der Alliierten auf Donauwörth am 11. April 1945 fast ausgelöscht wurde. Nur einer überlebte: der zehnjährige Franz Deibler. Aus Dankbarkeit finanzierte der heute 83-Jährige die neue „Zehnerin“. Am Sonntag erhielt sie nun ihre Weihe.
Mit einem feierlichen Gottesdienst, klangvoll gestaltet vom Münsterchor unter Leitung von Maria Steffek mit Begleitung des Bläserquartetts von Michael Stocker, wurde das Ereignis begangen. Die Weihe-Zeremonie der 1540 Kilogramm schweren Glocke vollzog Dekan Robert Neuner. Er zelebrierte den Gottesdienst im Liebfrauenmünster gemeinsam mit Diakon Robert Stöckl.
Wenn nicht alle Menschen den Klang der Kirchenglocken als wohltuend empfinden, so der Geistliche, dann läge dies wohl daran, dass sie nur mit den Ohren, aber nicht mit dem Herzen hörten. „Das Hupen von Autos ist auch dann erst angenehm, wenn sich angesichts des Sieges der deutschen Fußballer in Sotschi ein Autokorso bildet“, sagte Neudert schmunzelnd. Wenn die neue „Zehnerin“mit ihren älteren Schwestern erklingen werde, dann erfülle sich ein lang gehegter Wunsch. Die Glocke soll die Gestorbenen und das Vergangene in Erinnerung und ins Gebet rufen. Sie sei Ausdruck der Dankbarkeit wie auch ein Mahnzeichen, eben dankbar zu sein für friedliche Verhältnisse.
Dass die älteste Glocke im Münster, die all die bewegten Zeiten überdauert hat, jetzt ausgewechselt wird, war notwendig, weil sie durch einen Riss nicht mehr voll einsatzfä- hig war. Die Glocke hing bereits in der Vorgängerkirche des Liebfrauenmünsters und wurde 1467 im Turm der gotischen Kirche angebracht. Die neue Glocke, im Beisein der Stifterfamilie Deibler in der traditionsreichen Gießerei Grassmayr in Innsbruck gegossen, werde, so Dekan Neuner, dreimal täglich erklingen. Das sei dann, wie wenn man dreimal täglich seine Arznei einnehmen müsse.
Nach der Segnung lauschten die Gläubigen gespannt dem ersten Glo- ckenklang, ausgelöst durch einen beherzten Schlag des Seelsorgers. Er hatte zur Weihe-Zeremonie Kinder um sich versammelt. Der Klang war im Vorfeld der Weihe von Stefan Kling, dem Sachverständigen des Amts für Kirchenmusik, geprüft und für gut empfunden worden.
Der alten Glocke, in die Jahre gekommen, wolle man jetzt ihre Ruhe gönnen, sagte Oberbürgermeister
Was mit der alten Glocke passiert
Armin Neudert. Franz Deibler, Vollwaise des Kriegs-Infernos in Donauwörth, habe mit seiner Stiftung einen „geschichtsträchtigen“Moment ermöglicht. Für dieses Zeichen bürgerschaftlichen Engagements sei ihm sehr zu danken, meinte der OB, woraufhin spontan lang anhaltender Applaus aufbrandete.
„Glocken verkünden die Aufforderung in der christlichen Gemeinschaft, die Eucharistie zu feiern“, sagte Pfarrgemeinderatsvorsitzender Armin Furthmüller. Früher seien Glocken die Richtschnur für einen geordneten Tagesablauf gewesen.
Eines steht übrigens bereits fest: Die alte, 630 Jahre alte Marienglocke wird im Liebfrauenmünster bleiben. Sie soll im vorderen Bereich des Gotteshauses auf einem Ständer platziert werden.