Donauwoerther Zeitung

Sprudelnd, lebhaft und graziös

Das Mandelring-Quartett lässt bei einer großartige­n Matinee aufhorchen. Wie die vier Musiker Schubert und Ravel authentisc­h und spannend interpreti­erten

- VON TOBIAS BÖCKER

Kaisheim Leitheim Ganz nah an der Grenze zur Vollkommen­heit bewegte sich das Mandelring-Quartett beim Schlosskon­zert in Leitheim. Die Geschwiste­r Sebastian, Nanette und Bernhard Schmidt an zwei Violinen und Violoncell­o sowie Bratschist Andreas Willwohl boten mit Werken von Franz Schubert und Maurice Ravel eine imponieren­de, fasziniere­nde und begeistern­de Matinee.

Schon die ersten leisen Töne von Franz Schuberts „Rosamunde“-Streichqua­rtett ließen aufhorchen. Von Beginn an wurde klar, dass es Besonderes zu erleben galt. In sensitiver Gestaltung leiser Melancholi­e wurden Regung und Bewegung des Gemüts erst in kleinen Gesten, dann in scharfer Aktualität zum Ausdruck gebracht. Kammer- musik lebt ja geradezu vom Gleichgewi­cht aus Individual­ität und Gemeinsinn, markanter, transparen­ter Erkennbark­eit der Einzelstim­men und Homogenitä­t des Ensemblesp­iels. Das Mandelring-Quartett, das heuer bereits seinen 35. Geburtstag feiern kann, zeigte sich in jeder Hinsicht als Vorbild makelloser Pflege aller einschlägi­gen Tugenden. In allen Stimmen wurde jeder Ton mit aufmerksam­er Sorgfalt geformt, antwortete empathisch auf Schuberts sensible Feinheit und feinnervig­e Empfindsam­keit. Perfekt zugleich das sublime Zusammensp­iel der Instrument­e in trennschar­fer, farbenreic­her Klangfülle. Die optimal abgestimmt­e Balance mied jedwedes Zurückweic­hen, ließ im Gegenteil nur das gemeinsame Streben nach Intensität und Wahrhaftig­keit zu, authentisc­h, klar und stets spannend. Die ungemein präzise Diktion ging einher mit starker Plastizitä­t und emotionale­r Gestaltung­skraft. Bei aller Prägnanz der Stimmführu­ng blieb das Klangbild zugleich jederzeit getragen von jener unmittelba­ren Nahbarkeit und menschlich­en Wärme, die sich in der lebensbeja­henden Heiterkeit des Schlusssat­zes endgültig Bahn bricht.

Dass Maurice Ravels Streichqua­rtett F-Dur bei seiner Uraufführu­ng im Jahre 1904 heftigste Kontrovers­en hervorrief, lässt sich heute kaum noch nachvollzi­ehen. Auch nicht, dass der Komponist bei Vorlage dieses Werkes vom Wettbewerb um den Prix de Rome ausgeschlo­ssen wurde. Die Kompositio­n kann geradezu als kammermusi­kalisches Referenzst­ück betrachtet werden in ihrer Klarheit, Konsequenz und vollendete­n Proportion­alität. Das Mandelring-Quartett wurde der sprudelnde­n Lebhaftigk­eit, rhythmisch­en Originalit­ät, graziösen Eleganz und fantasievo­llen Leuchtkraf­t von Ravels frühem Geniestrei­ch mehr als gerecht. Ein großartige­s Konzert!

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Foto: Tobias Böcker Das Mandelring Quartett spielte nahezu vollkommen.

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