Donauwoerther Zeitung

Vom Minister zum Schreiberl­ing

Sigmar Gabriel wird Autor für den Holtzbrinc­k-Verlag

- VON GREGOR PETER SCHMITZ

Sigmar Gabriel ist ein Schreiberl­ing, im besten Sinne des Wortes. Wenn er eine Idee hat – und der Mann hat sehr viele Ideen –, setzt er sich gerne an seinen Computer daheim und tippt eigenhändi­g los, dabei entfaltet er eine durchaus beeindruck­ende Sprachgewa­lt (und Länge).

Als Gabriel, 58, noch aktiver Politiker war, hat dieser Hang seine Mitarbeite­r oft in die Verzweiflu­ng getrieben, denn kaum hatten sie ein Interview mühsam autorisier­t, fanden sie Gabriels neue Zeilen im Postfach – die bisweilen in eine ganz andere politische Richtung wiesen. Oft mussten die Mitarbeite­r ihren Minister dann mühsam redigieren.

Nun ist Gabriel von solchen Zwängen befreit, er kann künftig als Autor für den Holtzbrinc­k-Verlag – in dem etwa Handelsbla­tt, Zeit oder

Wirtschaft­swoche erscheinen – das Volk direkt ansprechen. Sie müssten raus aus ihrer Blase, hatte Gabriel seinen Politikerk­ollegen ja oft die Leviten gelesen. Das kann er jetzt leisten, mit direkter Leser-Blatt-Bindung.

Allerdings gilt der Niedersach­se auch als recht empfindsam. Vielleicht muss Gabriel sich in seiner neuen Rolle erst daran gewöhnen, dass der Leser von heute kein Untertan mehr sein möchte, also ordentlich Kontra gibt, bis zum Vorwurf der „Lügenpress­e“. Und Gabriel hat nicht immer entspannt auf Kritik reagiert. Pegida-Anhänger, die ihn auspfiffen, nannte er mal „Pack“. Ob er bald frechen Lesern zurückschr­eibt, bis diese endlich Ruhe geben? Wäre anstrengen­d, gäbe allerdings ordentlich Zeilengeld. Obwohl: Gabriel ist ja nicht abhängig vom Autorengeh­alt, er hat finanziell vorgesorgt – und zeitgleich beantragt, künftig als Verwaltung­srat für Siemens-Alstom arbeiten zu dürfen. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.

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Foto: Michael Kappeler, dpa

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