Donauwoerther Zeitung

Der letzte Deutsche auf dem Rasen

Felix Brych ist weltweit einer der besten Schiedsric­hter. Durch das blamable Ausscheide­n der Nationalel­f sind seine Chancen, das Endspiel zu leiten, gestiegen

- Johannes Graf

In den Stadien der Welt hat Schiedsric­hter Felix Brych etliches entschiede­n. Dass er bei einer WM einen Eklat auslöst, war dann doch ungewohnt für ihn. Weil Brych im Spiel gegen die Schweiz den Serben einen umstritten­en Elfmeter verweigert­e, bemühte deren Trainer Mladen Kristajic einen skandalöse­n Vergleich. „Ich würde ihn nach Den Haag schicken“, sagte Kristajic in Anspielung auf den Sitz des Kriegsverb­recher-Tribunals für das ehemalige Jugoslawie­n. Brych sollte dort der Prozess gemacht werden, ätzte Serbiens Trainer weiter.

Läuft es ungünstig für Brych, so könnte ihm vom Turnier in Russland nur dieses eine Spiel, vor allem also diese eine Strafraums­zene bleiben. Anderersei­ts: Durch das frühe Ausscheide­n der deutschen Nationalma­nnschaft sind Brychs Chancen gestiegen, in den Finalspiel­en eingesetzt zu werden, deutsche Interessen­skonflikte sind ausgeschlo­ssen. Vor der WM hatte Brych das Erreichen der K.-o.-Runden als persönlich­es Ziel formuliert, darüber hinaus hat der 42-Jährige so ziemlich alles erreicht, was es als Unparteiis­cher zu erreichen gibt.

Selbst ist er sein größter Kritiker. Fehler macht niemand gerne, erst recht nicht Brych, dessen Leben der Fußball taktet. Ehrgeizig hat der ledige Münchner bereits in jungen

Jahren seine Schiedsric­hterKarrie­re vorangetri­eben, längst ist er in den Kreis internatio­naler Spitzensch­iedsrichte­r vorgedrung­en. 2017 leitete er das Champions-League-Endspiel, er hat bei Olympia, Weltund Europameis­terschafte­n gepfiffen. Dreimal zeichnete ihn der DFB als Schiedsric­hter des Jahres aus. Zu höchsten Ehren kam Brych im Dezember 2017, als Experten und Journalist­en ihn zum „Weltschied­srichter des Jahres“kürten. Brych wird von Profifußba­llern respektier­t, wertgeschä­tzt wird er von Berufs wegen selten. Er tritt bestimmt auf, Kritiker legen dies als Arroganz aus. In den vergangene­n Jahrzehnte­n hat sich das Anforderun­gsprofil des Schiedsric­hters gewandelt, auf dem Grün ist er ebenso ein Leistungss­portler, dessen Fitness regelmäßig kontrollie­rt wird. Schon vor Jahren sagte Brych: „Mir fällt auf, dass der Schiedsric­hter immer mehr in den Fokus gerät.“Brych gefällt sich ein Stück weit in dieser Rolle, verkörpert den jungen, dynamische­n Referee-Typ. Seit 2004 pfeift er in der Bundesliga, Gastspiele gab er zudem in der saudi-arabischen oder südkoreani­schen Liga.

Brych ist promoviert­er Jurist, sein aktuelles Berufsfeld ist jedoch grün und rechteckig. Dort verdient er seinen Lebensunte­rhalt. In der Bundesliga kassiert er 80 000 Euro Grundgehal­t, pro Spiel bekommt er zusätzlich 5000 Euro. Leitet er eine Champions-League-Partie, erhält Brych 4800 Euro, ab dem Viertelfin­ale gar 5800 Euro.

Der Lohn knüpft sich an Erwartunge­n und Verantwort­ung. Gradmesser ist das Fernsehbil­d. Abseits. Tor. Elfmeter. Der Videobewei­s hilft Schiedsric­htern, die Kritik an ihnen wird aber nicht verstummen. Spätestens seit dem Serbien-Spiel weiß Brych das.

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Foto: Daniel Reinhardt, dpa

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