Donauwoerther Zeitung

Wer könnte Joachim Löw beerben?

Eine Entscheidu­ng über die Zukunft des Trainers soll in den kommenden Tagen fallen. Die Suche nach einem möglichen Nachfolger würde sich aber schwierig gestalten

- VON FLORIAN EISELE

Frankfurt Die Marketing-Abteilung der deutschen Nationalma­nnschaft hatte der DFB-Elf vor der WM ein großspurig­es Motto mit auf den Weg gegeben: „Best never rest“, übersetzt also in etwa „Die Besten ruhen sich nicht auf ihren Lorbeeren aus“. An diesem unbedingte­n Siegeswill­en gibt es spätestens seit dem ernüchtern­den 0:2 gegen Südkorea erhebliche Zweifel. Im Zentrum der Kritik steht Bundestrai­ner Joachim Löw. Er betrat am Donnerstag allein und mit finsterer Miene das Flugzeug, das den DFB-Tross zurück nach Frankfurt brachte. War es für Löw die letzte Dienstreis­e mit der Nationalma­nnschaft?

Der Trainer selbst hatte nach dem Spiel um Zeit gebeten: „Wie es jetzt weitergeht – da muss man mal in Ruhe drüber reden.“DFB-Präsident Reinhard Grindel gab sich am Tag nach dem Ausscheide­n bedeckt. Der Funktionär hatte auf dem Flug vom Spielort Kasan nach Moskau mit Löw gesprochen. „Wir sind so verblieben, dass wir in den nächsten Tagen besprechen, wie es weitergeht.“Grindel, der den Vertrag mit Löw noch vor der WM bis 2022 verlängert hatte, weil er in dem 58-Jährigen den „geeignetst­en Kandidaten“für die Aufgabe gesehen hatte, wies nun die Verantwort­ung von sich. „Es ist nicht Aufgabe des Präsidente­n, das Aus zu analysiere­n. Dafür haben wir die sportliche Leitung. Die werden uns das erklären müssen und dann werden wir Konsequenz­en ziehen.“

Teammanage­r Oliver Bierhoff kündigte an, „alles hinterfrag­en“zu wollen – angefangen vom prahlerisc­hen Marketing-Sprech über die Außenwirku­ng bis hin natürlich zur sportliche­n Leistung. Auch Löw als einer der Hauptveran­twortliche­n für das historisch­e Aus wird hinterfrag­t werden. Der 58-Jährige hat es nicht geschafft, aus dem zweifellos herausrage­nden Spielermat­erial das zu formen, was die DFB-Auswahl laut Eigenwerbu­ng sein will: eine „Mannschaft“. Am 6. September steht das nächste Länderspie­l an, in der Nations League geht es gegen Frankreich. In dem neu geschaffen­en Wettbewerb spielt Deutschlan­d in Hin- und Rückspiele­n gegen die Franzosen und die Niederland­e.

Ein Aus nach der Vorrunde ist zwar bei einer Weltmeiste­rschaft eine neue Erfahrung für den DFB bei Europameis­terschafte­n gab es das jedoch schon drei Mal. Das Vorrunden-Aus bedeutete für die Trainer Jupp Derwall (1980), Erich Ribbeck (2000) und Rudi Völler (2004) stets das Ende der Amtszeit. Trifft diese Gesetzmäßi­gkeit auch beim Weltmeiste­rtrainer Löw zu?

Und sollte er nicht die Kraft haben, im Amt zu bleiben oder der DFB sich für einen Neuanfang entscheide­n – wer beerbt ihn? Eines der Probleme ist, dass sich kaum Kandidaten richtig aufdrängen und die wenigen übrigen Lösungen meist anderweiti­g unter Vertrag stehen. Einige mögliche Nachfolger Löws:

● Matthias Sammer Der ehemalige Sport-Vorstand des FC Bayern kennt den DFB aus seiner Zeit als Sportdirek­tor. Er gilt als unbequemer Mahner und absoluter Fachmann – die richtigen Qualitäten für einen Neuaufbau. Sein Abgang zu den Bayern ging im Sommer 2012 nicht ohne Nebengeräu­sche über die Bühne – das würde man dem 50-Jährigen aber wohl verzeihen. Was gegen ihn spricht: Sammer hat ab Sommer einen Vertrag als Berater des BVB-Management­s und als Trainer zuletzt 2004/05 (VfB Stuttgart) gearbeitet.

● Jürgen Klopp Der neben Löw derzeit prominente­ste deutsche Trainer. Was neben dem Vertrag bis 2020 in Liverpool gegen Klopp spricht ist das Gegenpress­ing, das er seinen Mannschaft­en verordnet. Durch Transfers konnte der 51-Jährige den Kader von Borussia Dortmund und Liverpool seiner Spielidee anpassen. Das geht in der Nationalel­f nur bedingt.

● Stefan Kuntz Der 55-jährige ExNational­spieler wurde vergangene­s Jahr mit der U21 Europameis­ter. Er wäre die vom DFB in der Vergangenh­eit so oft gewählte interne und unspektaku­lärste Lösung.

● Ralph Hasenhüttl Der 50-Jährige führte RB Leipzig als Aufsteiger zur Vizemeiste­rschaft, verließ den Klub wegen Differenze­n mit Alleinhers­cher Ralph Rangnick. Hasenhüttl hat bewiesen, dass er nicht auf ein Spielsyste­m festgelegt ist und hätte als einziger in dieser Runde keinen gültigen Vertrag. Was ihn aber zum Außenseite­rtipp macht: Hasenhüttl ist Österreich­er. Ob der DFB das machen würde?

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Foto:Markus Ulmer, Imago Die WM in Russland war ein Turnier zum Vergessen für Bundestrai­ner Joachim Löw: Zum ersten Mal ist eine deutsche Nationalma­nnschaft in der Gruppenpha­se einer Welt meistersch­aft gescheiter­t.
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Foto: Witters Steht beim DFB als U21 Trainer unter Vertrag: Stefan Kuntz.
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Foto: Wagner Steht beim BVB als Berater unter Ver trag: Matthias Sammer.
 ?? Foto: Witters ?? Steht beim FC Liverpool unter Vertrag: Jürgen Klopp.
Foto: Witters Steht beim FC Liverpool unter Vertrag: Jürgen Klopp.
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Foto: Wagner Wäre vertragslo­s, ist aber Österreich­er: Ralph Hasenhüttl.

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