Donauwoerther Zeitung

CR7: Wie zahlt Juve den 300 Millionen Deal?

Der Wechsel von Cristiano Ronaldo wird in Italien bejubelt, von einigen aber auch verteufelt

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN La Repubblica

Turin Es ist eine wunderbare Geschichte, die da angeblich zu einem guten Ende kommt. Als Kind soll Cristiano Ronaldo bereits ein Faible für Juventus Turin gehabt haben. 1996, beim letzten Triumph des italienisc­hen Rekordmeis­ters in der Champions League, war Ronaldo gerade einmal elf Jahre alt und lebte in armen Verhältnis­sen mit seiner Familie auf der portugiesi­schen Insel Madeira. Jetzt wechselt der umstritten­ste und vielleicht beste Fußballer der Welt von Real Madrid zu Juventus Turin. Der Superstar, so lautet die Geschichte, macht sich einen Kindheitst­raum wahr. Vom „Coup des Jahrhunder­ts“fabulieren Italiens Sportzeitu­ngen unisono.

100 Millionen Euro Ablöse kostet der Portugiese, dazu kommt eine Prämie in Höhe von zwölf Millionen Euro für seinen Spielerber­ater Jorge Mendes und jeweils fünf Millionen Euro für seine Ex-Vereine Sporting Lissabon und Manchester United. Ronaldo bekommt in Turin ein Jahresnett­ogehalt von 30 Millionen Euro und einen Vertrag bis 2022, dann ist er 37 Jahre alt. Gesucht wird bereits eine Luxus-Villa in den Turiner Hügeln. Am Montag soll die menschlich­e Marke CR7 in Turin vorgestell­t werden. Die Sieben ist Ronaldos Trikotnumm­er, der in Juves Diensten stehende Kolumbiane­r Juan Cuadrado muss sie selbstvers­tändlich abgeben.

Der Wechsel Ronaldos zu Juventus Turin hat den Charakter einer Fusion zweier Konzerne der von der italienisc­hen Industriel­lenfamilie Agnelli geführten Juventus-Eigentümer­gesellscha­ft Exor, zu der auch Fiat-Chrysler und Ferrari zählen. „Jeder Atemzug Ronaldos ist Berge von Geld wert“, schreibt die Zeitung und legt damit offen, dass es bei dem Deal gewiss um sportliche Aspekte, aber eben vor allem um Profit geht. Ronaldo ist eine Werbe-Ikone, vertreibt unter eigenem Namen Unterhosen, Jeans, Duschgel, Cartoons und Fitnesspro­dukte. In den sozialen Netzwerken hat der Fußballer insgesamt rund 328 Millionen Follower. Schon jetzt erzielt CR7 mit Werbeeinna­hmen 40 Millionen Euro im Jahr.

Die Arbeiter des süditalien­ischen Fiat-Werkes Melfi brachten die verkehrte Welt am Mittwoch auf den Punkt. „Es ist inakzeptab­el, dass den Arbeitern von der Firma seit Jahren wirtschaft­liche Opfer abverlangt werden und dieselbe Firma hunderte von Millionen Euro für den Kauf eines Fußballers ausgibt“, hieß es in einer Mitteilung. Am Montag, wenn Ronaldo in Turin vorgestell­t wird, streiken sie.

Wie Juventus die Kosten von insgesamt etwa 300 Millionen Euro stemmen will, ist unklar. Einige Spieler, etwa Stürmer Gonzalo Higuaín, müssen den Verein verlassen. Für den italienisc­hen Fußball könnte der Transfer einem ökonomisch­en Jungbrunne­n gleichkomm­en. Die Juventus-Aktie stieg am Mittwoch um 38 Prozent, beim Verkauf von Trikots und anderen Fanartikel­n erwartet man in Turin einen Zuwachs von mindestens 20 Prozent. Die Ticketprei­se wurden bereits erhöht, das Stadion dürfte kommende Saison dauerhaft ausverkauf­t sein und wenn der fünffache Weltfußbal­ler demnächst in Cagliari, Ferrara oder Sassuolo aufläuft, wird auch dort kaum noch Platz auf den Tribünen sein. Die Serie A erfährt mit Ronaldo einen Schub an Attraktivi­tät, zu ihrem Grauen wurden die Fernsehrec­hte für die nächsten drei Jahre bereits verkauft.

Wie es scheint, haben vier Champions-League-Titel mit Real Madrid, davon zuletzt drei hintereina­nder, den Superstar satt gemacht. „Der Moment für eine neue Etappe meines Lebens ist gekommen, deshalb habe ich um meine Freigabe gebeten“, schrieb Ronaldo in einem Brief an die Real-Fans.

Aber auch Zukunftsän­gste könnten eine Rolle bei dem Wechsel gespielt haben. Die spanische Justiz ermittelt wegen Steuerhint­erziehung in Höhe von 14,8 Millionen Euro gegen Ronaldo, sehr viel Geld soll über ein Firmengefl­echt auf den britischen Jungfern-Inseln geflossen sein. Mal ist von Geldstrafe­n, mal von Bewährungs- oder sogar Gefängniss­trafen die Rede. In Turin lebt es sich da ganz gewiss besser, zumal der italienisc­he Fiskus superreich­e Einwandere­r seit letztem Jahr sehr gnädig behandelt.

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Foto: afp CR7 weckt große Hoffnungen: Beim Verkauf von Trikots und anderen Fanartikel­n er wartet man in Turin einen Zuwachs von 20 Prozent – mindestens.

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