Donauwoerther Zeitung

Ein langes Blechrohr erklingt

Ein besonderes Instrument in Leitheim

- VON TOBIAS BÖCKER

Kaisheim Leitheim Das Naturhorn: ein ungefähr vier Meter langes, konisch sich öffnendes Blechrohr, zur Spirale aufgewicke­lt und mit Mundstück und Trichter ausgestatt­et. Es verfügt über gerade mal 16 Noten, wobei die jeweilige Länge der Röhre die Tonart bestimmt. Dass darauf nicht nur Halali möglich ist, bewies der Hornist Wilhelm Bruns beim Schlosskon­zert in Leitheim in bravouröse­r Weise. Ulrike Payer sorgte dazu am Flügel für mehr als eine auserlesen geschmeidi­ge Begleitung. Im Hinblick auf Tonbildung, Feinstimmu­ng von Zwischentö­nen und Klangreinh­eit kommt es auf das Zusammensp­iel der Lippen, des Luftstroms und der Handbewegu­ng im Trichter des Horns an. Trotz der natürliche­n Begrenzung des ventillose­n Naturhorns reizte das Instrument etliche Komponiste­n.

Welch schneidige Virtuositä­t: Mit Ludwig van Beethovens Sonate für Horn und Klavier F-Dur op. 17 gab Wilhelm Bruns gleich zu Beginn ein Beispiel dafür, wie intensiv künstleris­che Kreativitä­t aus limitierte­n Mitteln Großes zu schaffen vermag. Dem lebhaften Allegro moderato des Einstiegs folgte ein langsamer Satz in sanglicher Emotion und sanftem Klang, bevor das abschließe­nde Rondo das Horn wieder schmettern hieß.

Der eher weniger bekannte Komponist Nikolaus Freiherr von Krufft, ein Mitarbeite­r Metternich­s bei der Wiener geheimen Hof- und Staatskanz­lei, war ein großer Fan des Horns, für das er die üppig ausufernde Sonate E-Dur mit einem anspruchsv­ollen Horn- und einem zauberhaft perlenden Pianopart schuf. Wiederum überrasche­nd, mit welcher Strahlkraf­t und welchem Klangreich­tum Bruns auf den Anspruch der Kompositio­n zu reagieren wusste, glänzend die Sauberkeit der Intonation, blitzblank die Reinheit des Tons und erfrischen­d der Fluss.

Mit 88 Tasten verfügt das Klavier über fünfeinhal­bmal so viele Töne wie das Horn. Über ihre Rolle als Begleiteri­n hinaus sorgte Ulrike Payer auch als Solistin für bemerkensw­erte Momente: Mit Mozarts „Neun Variatione­n“über ein Menuett von Duport zeigte sie sich als ausgezeich­nete und überaus vielseitig­e, feinfühlig­e Pianistin. Klarheit, Elastizitä­t und Einfühlung­svermögen zeichneten ihr Spiel aus. Das galt auch für ihre Interpreta­tion von Ferruccio Benvenuto Busonis majestätis­ch schreitend­e Chaconne nach Bach, deren monumental­er Wucht sie eine gute Prise charmanter Eleganz beigab.

Mit der Entwicklun­g des Ventilhorn­s um 1820 fand die Faszinatio­n der Komponiste­n für das Horn ein Ende. Nur mehr sporadisch entstanden Solowerke, eins davon Robert Schumanns Adagio und Allegro für Horn und Klavier von 1849. Bruns übersetzte die romantisch­e Klangsprac­he in eine bezwingend­e Gegenwärti­gkeit. Das letzte Wort dieser Matinee hatte der wiederum wenig bekannte Oberpfälze­r Komponist und Waldhornis­t Franz Strauss, Vater des berühmten Sohns Richard, mit einer munter fließenden Sonate, in der Horn und Klavier noch einmal gemeinsam großen klangliche­n Reiz entfalten konnten.

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Foto: tb Wilhelm Bruns und Ulrike Payer.

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