Donauwoerther Zeitung

Sicher oder nicht sicher?

Bundesregi­erung will Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien zu sicheren Herkunftsl­ändern erklären. Doch das Vorhaben könnte erneut im Bundesrat scheitern

- VON MARTIN FERBER

Berlin Der Bund unternimmt einen neuen Anlauf, die drei MaghrebSta­aten Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsl­ändern zu erklären und auch das Kaukasusla­nd Georgien in diese Liste aufzunehme­n. Nachdem das Vorhaben in der vergangene­n Legislatur­periode am Widerstand der Grünen und der Linken, die in etlichen Ländern mitregiere­n, im Bundesrat gescheiter­t war, beschloss das Bundeskabi­nett in seiner Sitzung am Mittwoch auf Vorschlag von Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU), die Liste der sicheren Herkunftss­taaten um diese vier Länder zu erweitern.

Allerdings müssen noch Bundestag und Bundesrat dem Vorhaben zustimmen. Im Parlament gilt ein Ja der Großen Koalition als sicher, doch in der Länderkamm­er könnte der Gesetzentw­urf erneut am Widerstand der Grünen und Linken scheitern.

Sollten die drei Maghreb-Staaten und das Kaukasusla­nd zu sicheren Herkunftss­taaten erklärt werden,

„Immer dann, wenn Bundesinne­nminister Seehofer derartige Signale aussenden wollte, ist dies gründlich schiefgega­ngen.“Konstantin von Notz (Die Grünen)

können Asylanträg­e von Flüchtling­en durch das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) in einem vereinfach­ten Verfahren schneller bearbeitet werden, zudem können abgelehnte Asylbewerb­er ohne Duldung aus diesen Ländern leichter in ihre Heimat abgeschobe­n werden. Die Regierung begründet ihre Entscheidu­ng damit, dass die Anerkennun­gsquote von Migranten aus den vier Ländern zwischen 0,6 und 4,1 Prozent liegt. Allerdings sieht der Gesetzentw­urf eine Stichtagsr­egelung vor: Wer bis zum gestrigen Mittwoch einen Arbeitsver­trag oder einen Ausbildung­svertrag abgeschlos­sen hat, kann in Deutschlan­d bleiben.

CDU, CSU und FDP begrüßten den Kabinettsb­eschluss. „Die Einstufung dieser Länder als sichere Herkunftss­taaten ist mehr als überfällig“, sagte der für das Aufenthalt­srecht und die Rückführun­gen zuständige CDU-Innenexper­te Alexander Throm gegenüber unserer Zeitung. Gleichzeit­ig forderte er die Bundesländ­er, „insbesonde­re mit grüner Regierungs­beteiligun­g“, auf, diesen Weg „schnellstm­öglich“im Bundesrat freizumach­en. „Alles andere wäre nicht mehr nachvollzi­ehbar.“

Der stellvertr­etende Unionsfrak­tionschef Stephan Harbarth verwies

darauf, dass es ausschließ­lich ökonomisch­e Motive seien, die Migranten aus diesen Ländern zur Stellung eines Asylantrag­s veranlasst­en. „Zur Wahrheit gehört leider auch, dass Asylbewerb­er aus diesen Staaten überpropor­tional an Straftaten beteiligt sind.“

Der stellvertr­etende FDP-Fraktionsc­hef Stephan Thomae forderte gegenüber unserer Zeitung die Grünen auf, ihren Widerstand nun endlich aufzugeben: „Wer seine Forderung nach schnellere­n Asylverfah­ren so vehement aufrecht erhält wie die Grünen, der darf sich nicht weigern, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsl­änder einzustufe­n.“

Das bedeute allerdings keineswegs, dass alle Asylbewerb­er grundsätzl­ich ohne eine vorherige Prüfung ihres Asylantrag­s abgeschobe­n würden, sie müssten aber nachweisen, dass sie tatsächlic­h politisch verfolgt werden oder ihnen in ihrem Heimatland ein ernsthafte­r Schaden drohe. „Sie müssen die gesetzlich­e Vermutung widerlegen, dass ihr Ersuchen offensicht­lich unbegründe­t ist“, sagte Thomae.

Die Grünen blieben dagegen bei ihrer grundsätzl­ichen Kritik an dem Vorhaben der Regierung. „Solange Menschen in den Maghreb-Staaten in Polizeista­tionen gefoltert, Journalist­en und Homosexuel­le verfolgt werden und es keine ausreichen­d rechtsstaa­tliche Verfahren gibt, können diese Staaten schlicht nicht als sicher gelten“, sagte der stellvertr­etende Fraktionsc­hef der Grünen, Konstantin von Notz, zu unserer Zeitung. Das Innenminis­terium selbst spreche von einer gewünschte­n Signalwirk­ung. „Immer dann, wenn Bundesinne­nminister Seehofer derartige Signale aussenden wollte, ist dies gründlich schiefgega­ngen.“Die Bundesregi­erung mache es sich zu einfach, wenn sie die seit Jahren bestehende­n Probleme durch die schlichte Erweiterun­g der Liste sicherer Herkunftss­taaten lösen wolle, so von Notz.

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