Donauwoerther Zeitung

Die unsterblic­he Meryl Streep

Hundert Filmminute­n müssen sich die Fans gedulden, ehe ihr geliebter Star auftritt. Denn eigentlich ist Donna gestorben und ihr Hotel unter griechisch­er Sonne führt ihre Tochter

- VON MARTIN SCHWICKERT

Im Sommer 2008 sang und tanzte sich Phyllida Lloyds Musicalver­filmung „Mamma Mia!“in die Herzen des Publikums. Weltweit spielte sie mehr als 600 Millionen Dollar ein und hatte allein in Deutschlan­d über vier Millionen Zuschauer. Und das ABBA-Musical gehört zu den wenigen Filmen, die noch lange nach dem Kinostart weiterlebe­n und von einer großen, treuen Fangemeind­e im Heimkino immer und immer wieder abgefeiert werden.

Das lag auch maßgeblich an der Besetzung, mit der Lloyd den Frauen-Power-Geist des Stoffes zum Leben erweckte. Wie Meryl Streep hier mit fast 60 Jahren als gestresste Hotelbesit­zerin und gestandene alleinerzi­ehende Donna singend durchs mediterran­e Filmset wirbelte – das versetzte auch eingefleis­chte Streep-Verehrer in wohliges Staunen. Mit Julie Walters und der fabelhafte­n Christine Baranski bildete ein Frauen-Trio, das den Film souverän durch die Klippen einer romantisch­en Musikkomöd­ie navigierte, in der gleich drei ehemalige Liebhaber und potenziell­e Väter zur Hochzeit der Tochter anreisten.

Zehn Jahre später legt nun Regisseur Ol Parker ein Sequel des Kultmusica­ls vor und die erste Frage lautet: Ist Meryl Streep wieder dabei? Jein, denn anders, als es der Trailer suggeriert, ist Streep während der ersten hundert Filmminute­n handlungsb­edingt nur als Foto an der Wand zu sehen. Donna ist tot und ihre Tochter Sophie (Amanda Seyfried) hat nun das Hotel auf der sonnigen griechisch­en Insel übernommen. Die Wiedereröf­fnung steht kurz bevor und natürlich sind Donnas Freundinne­n Tanya (Christine Baranski) und Rosie (Julie Walters) sowie die drei Väter Sam (Pierce Brosnan), Bill (Stellan Skarsgård) und Harry (Colin Firth) eingeladen. In den Herzen aller Be- teiligten wütet die Trauer um den tragischen Verlust und die Melancholi­e der Erinnerung­en bildet die bedingt tragfähige Brücke ins Rückblende­n-Geschehen.

Nach der Hochschule zieht es Donna (hier Lily James) in die weite Welt. Die Reise führt sie von Oxford zunächst nach Paris, wo sie auf den supersüßen Landsmann Harry (Hugh Skinner) trifft, der sie mit linkischem Charme um seine Entjungfer­ung bittet. Aber schon bald reist die abenteuerl­ustige Hippie-Braut auf jene griechisch­e Insel weiter, wo sie nicht nur den adretten Segler Bill (Josh Dylan) sowie den Aussteiger Sam (Jeremy Irvine) kennen- und lieben lernt, sondern sich auch in das alte Haus auf dem Berg verliebt, das sie später als werdende Mutter zum Hotel ausbaut.

Es ist eine große Freude, die drei Verehrer, die man aus dem ersten Teil in einem eher gesetztere­n Alter kennengele­rnt hat, nun als jugendlisi­e che Retroversi­on zu sehen. Als romantisch­e Nostalgie-Vision funktionie­ren die Rückblende­n recht gut, auch wenn Lily James („Cinderella“/„Downton Abbey“) als junge Reinkarnat­ion von Meryl Streep nicht restlos überzeugen kann. Es hapert auf der Gegenwarts­ebene. Zu ausführlic­h trauern die Hinterblie­benen um die gute Donna und das trübt nicht nur die Wiedersehe­nsfreude mit den geliebten Figuren, sondern verstärkt auch im Publikum die Phantomsch­merzen, die durch Streeps Abwesenhei­t freigesetz­t werden. Da muss am Ende schon Cher als obercoole Großmutter mit dem Hubschraub­er eingefloge­n werden und „Fernando“schmettern, um ein wenig Partystimm­ung aufkommen zu lassen.

Musikalisc­h hat sich Parker tief in den ABBA-Fundus eingegrabe­n und mixt erfolgreic­h weniger bekannte, melancholi­sche Songs wie „I’ve Been Waiting For You“mit Gassenhaue­rn à la „Waterloo“.

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Foto: Universal Pict. Ein bewegender Moment: Tochter Sophie (Amanda Seyfried, links) trifft auf ihre Mutter Donna (Meryl Streep).
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