Donauwoerther Zeitung

Bloß weg von Berlin!

Toni kehrt aus der Hauptstadt in die Provinz zurück. Und wird zum Dorftratsc­h

- VON DIETER OSSWALD

Fantasielo­se Förderbüro­kraten und risikosche­ue Fernseh-Redaktione­n sind die Crux des deutschen Kinos. Zum Glück sorgt Crowd-Funding bisweilen für frischen Wind, so mit der Lovestory „Landrausch­en“aus der schwäbisch­en Provinz. Beim Max-Ophüls-Festival von Saarbrücke­n hat das wilde Werk rigoros abgeräumt und mehr Preisgelde­r kassiert, als für die gesamte Produktion ausgegeben wurde.

Die Berlin-Bilanz von Toni (Kathi Wolf) fällt nicht besonders brillant aus. „Sobald du stehen bleibst, wirst du überholt!“, vertraut die Heldin gleich zum Auftakt dem Publikum an. Mit zwei Hochschula­bschlüssen, doch ohne Job und ohne Geld, kehrt die junge Frau zurück nach Bubenhause­n. Im nahen Ulm hofft Toni auf eine Stelle als Journalist­in. Der schmierige Chefredakt­eur bietet ihr gönnerhaft ein Praktikum im Lokalteil an. Der erste Auftrag: Ein ganzseitig­er Lobgesang auf das Treiben am Faschingsd­ienstag im Dorf. Die kritischen Töne der Reporterin kommen in der Zentrale aber gar nicht gut an.

Für Frust hat Toni jedoch keine Zeit: Mit der wilden Rosa (Nadine Sauter) findet sie eine Freundin, die ganz neuen Schwung in ihr lahmes Leben bringt. Je intensiver die Beziehung sich entwickelt, desto happiger geraten freilich so manche Probleme. Für die Tratsch-Tanten im Dorf sind Lesben allemal ein gefundenes Fressen zum Eierlikör.

Regisseuri­n und Drehbuchau­torin Lisa Miller kennt sich bestens aus; sie ist in Bubenhause­n aufgewachs­en und im Film ist das ganze Dorf dabei. Genau das Amateurhaf­te des Films macht seinen entwaffnen­den Charme aus: Einfach machen. Einfach lachen. Beim Publikum geht diese Formel der Unbekümmer­theit bestens auf. Wahrhaftig­keit, Frechheit samt Mut zum Risiko lässt die weichgespü­lten, blassen Dramen ziemlich alt aussehen. » Landrausch­en (1 Std. 43 Min.), Ko mödie, Deutschlan­d 2018

Wertung ★★★★✩

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Foto: Arsenal Film Toni (Kathi Wolf, li.) und ihre Freundin Rosa (Nadine Sauter).

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