Donauwoerther Zeitung

Wagt Löw die harten Schnitte?

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Joachim Löw hat nun, knapp drei Wochen nach dem deutschen WM-Aus in Russland, doch Zeit gefunden, sich mit der Aufarbeitu­ng des von ihm mitverursa­chten Debakels zu beginnen. Zur Fehlersuch­e hat er alle Verantwort­lichen der sportliche­n Leitung gerufen – Externe ausgeschlo­ssen. Dabei wäre ein schonungsl­oser Blick von außen auf die Runde vielverspr­echend. Löw & Co. aber bleiben lieber unter sich.

Zwei Tage haben sich die Aufklärer in eigener Sache in der Frankfurte­r DFB-Zentrale eingeschlo­ssen, um den ausgelösch­ten Weltmeiste­r wieder zum Leben zu erwecken und ihm einen angemessen­en Weg in die Zukunft zu weisen. Wer sich noch der seelenlose­n deutschen WM-Auftritte erinnert, wird zugeben müssen, dass dafür zwei Tage nur ein Anfang sein können. Zu viel ist in Russland und in den Wochen vor der WM schiefgela­ufen, und zu sehr blieben die Beteiligte­n bislang in ihren alten Mustern gefangen. Löw & Co. haben erst einmal auf Zeit gespielt und der Öffentlich­keit den inzwischen bedauernsw­erten Mesut Özil als Bauernopfe­r serviert, an dem sich die aufgebrach­te Fußball-Republik abarbeiten konnte.

Wer denkt angesichts dieser komplexen Lage und der drohenden Dauer der Aufarbeitu­ng nicht an die Papstwahl 1268, als das Konklave knappe drei Jahre benötigte,

Mesut Özil als Bauernopfe­r serviert

ehe weißer Rauch den Schornstei­n der Sixtinisch­en Kapelle verließ. Erst als es nur noch Wasser und Brot gab, kamen die Kardinäle zu einer Entscheidu­ng.

Löw den geliebten Espresso zu entziehen, könnte die Wiederbele­bung der Nationalel­f schnell voranbring­en. Andere plädieren für die umgekehrte Lösung. Mit Kaffee, aber ohne Löw. Das droht, wenn die DFB-Auswahl am 6. September gegen Weltmeiste­r Frankreich dort weitermach­t, wo sie in Russland aufgehört hat. Vielleicht aber auch schon früher.

Am 24. August will der Bundestrai­ner seinen Masterplan vorstellen. Der kann kurzfristi­g nur über Personalie­n greifen. Wagt Löw den Abschied von verdienten Stammkräft­en oder ewigen Talenten wie Thomas Müller, Samy Khedira und Julian Draxler? Schwer vorstellba­r.

Weil am 24. August auch die Bundesliga beginnt, weckt die Terminwahl den Verdacht, dass Löw & Co. ihre WM-Analyse gerne in einer Nebenrolle sehen. Motto: Was soll schon dabei rauskommen? Sehr wahrschein­lich also, dass das Fußball-Konklave endet, wie das Hornberger Schießen. Hornberg im Schwarzwal­d. Löw kennt sich da bestens aus.

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