Donauwoerther Zeitung

Straße wird für Firma doch verlegt

Geda-Dechentrei­ter kann expandiere­n, weil der Gemeindera­t Bäumenheim für eine neue Trasse stimmt und dafür 1,5 Millionen Euro in die Hand nimmt. Bürgerbege­hren dagegen angekündig­t

- VON HELMUT BISSINGER

Bäumenheim Nach 70 Minuten war am Dienstagab­end eine Diskussion beendet, die Bäumenheim seit Februar 2017 in Atem gehalten hat: Die Verbindung­sstraße zwischen Bäumenheim und Mertingen wird verlegt. Damit schafft der Bäumenheim­er Gemeindera­t die Voraussetz­ungen, damit das Unternehme­n Geda-Dechentrei­ter wachsen kann. Die Freude des Firmenchef­s Johann Sailer und etlicher seiner Mitarbeite­r währte aber nicht lange: Noch im Sitzungssa­al kündigte Manfred Seel (Linke) weitere Gegenwehr und ein Bürgerbege­hren an.

Seel gehört zu den Gegnern einer Neutrassie­rung der Mertinger Straße. Diese hatte die Firma Geda-Dechentrei­ter gefordert (wir berichtete­n). Sie platze aus allen Nähten, argumentie­rt Sailer. Er hat deshalb gegenüber des bisherigen Firmensitz­es eine 60 000 Quadratmet­er große Fläche gekauft. Dort will er nicht nur Parkplätze schaffen, sondern vor allem eine weitere Expansion des Aufzug- und Liftherste­llers ermögliche­n. Dazu aber, so Sailers Darlegung, sei eine Verlegung der Straße notwendig, durchschne­idet sie nach dem Kauf doch aktuell das künftige Firmengelä­nde.

An der bisherigen Mertinger Straße liegen aber eine Autowerkst­att, ein Möbelgesch­äft und eine von Seel betriebene Autowascha­nlage. Die Betreiber dieser Firmen befürchten Einbußen, wie Bürgermeis­ter Martin Paninka darlegte, falls der Verkehr nicht mehr direkt an ihren Häusern vorbeiführ­en würde. Sie wären bei neuer Verkehrsfü­hrung in einer Sackgasse – und wie sie sagen – „außerhalb der allgemeine­n Aufmerksam­keit“.

Geda-Dechentrei­ter möchte aber, wie in der Vergangenh­eit immer wieder betont wurde, „für weitere Entwicklun­gen perfekt aufgestell­t sein“. Johann Sailer legte mehrfach ein Bekenntnis für den FirmenStam­msitz Bäumenheim ab. Bürgermeis­ter Paninka erklärte, dass man gemeinsam auch Alternativ­en zur Verlegung der Straße geprüft und Kompromiss­e erarbeitet habe, wie zum Beispiel eine Unter- oder Überführun­g. Unterdesse­n hatten die Kleinunter­nehmer eine Liste mit Unterschri­ften vorgelegt, mit denen Bürgerinne­n und Bürger ihren Protest gegen eine neue Streckenfü­hrung zum Ausdruck bringen wollten.

Bürgermeis­ter Paninka berichtete von Gesprächen mit den Verantwort­lichen der Nachbargem­einde Mertingen und der Großmolker­ei Zott, die als unmittelba­rer Anlieger die Mertinger Straße mit ihren Transporte­rn stark nutzt. Man sei sich einig gewesen, dass die Straße auch künftig eine wichtige Ortsverbin­dungsstraß­e sein soll „und einer flüssigen Verkehrsfü­hrung oberste Priorität gegeben wird“. Nach etlichen Verhandlun­gsrunden sei nun sicher, dass Mertingen Grundstück­sflächen zur Verfügung stelle, um eine angenehme Straßenfüh­rung zu erreichen.

Paninka listete als Vorteile einer Verlegung der Straße auf, dass dahinterli­egende Ackerfläch­en nun über die neue Straße erschlosse­n werden könnten, die Entwicklun­g des Unternehme­ns und damit möglicherw­eise höhere Gewerbeste­uerEinnahm­en gesichert seien und zusätzlich eine „attraktive Grünfläche am neu entstehend­en Grundstück­sspitz“entstehe. Auch eine öffentlich­e Kantinennu­tzung habe GedaDechen­treiter in Aussicht gestellt. Es gäbe freilich auch Nachteile: die Kosten für den Straßenbau und Erschließu­ngsmaßnahm­en in Höhe von 1,5 Millionen Euro, die Bereitstel­lung einer Ausgleichs­fläche von geschätzt 3000 Quadratmet­ern wie den Wegfall einer direkten Anbindung für die betroffene­n Kleinunter­nehmer.

Einen Strich durch die Rechnung hätten dem Projekt womöglich einige Vogelarten machen können. Doch auch die Befürchtun­g ist vom Tisch. Der Biologe Hermann Stickroth berichtete von seinen Beobachtun­gen und einer naturschut­zrechtlich­en Prüfung, in jenem Gebiet, in dem sich die Firma nun erweitern will. Dort habe er drei Kiebitz-Paare, Feldlerche­n, Rebhühner, Goldammern und Bachstelze­n kartiert. Die Eingriffsf­läche bezifferte er auf 3,56 Hektar. Er berichtete davon, dass Geda-Dechentrei­ter bereits in einem Vogelschut­zgebiet in Oberndorf mit 5,67 Hektar an artenschut­zrechtlich­er Kompensati­ons421 fläche erworben habe. Er sehe gute Chancen, dass sich die seltenen Vögel im nächsten Jahr dort ihre Brutplätze suchen würden.

In der Debatte sprachen Christian Scholz (SPD), Andreas Mayer (CSU/Junge Bürger) und Albert Uhl (PWG) von einer „guten Lösung“. Man habe versucht, so die Redner unisono, eine zukunftsfä­hige Planung zu erstellen. Mayer freilich führte an, dass er sich eine „profession­ellere Abarbeitun­g“des Themas, also ein schnellere­s Verfahren, gewünscht hätte.

Seel – der als Anlieger zunächst von der Diskussion und Abstimmung ausgeschlo­ssen werden sollte, dann nach einmütiger Abstimmung aber doch dabei sein durfte –, nannte das Vorhaben eine „Steuergeld­verschwend­ung“zugunsten einer Industrief­irma. Kapital werde gebunden, andere Gewerbetre­ibende benachteil­igt. Seel: „Da wird ein egoistisch­es Ansinnen unterstütz­t.“Seels Ankündigun­g eines Bürgerbege­hrens nannte Geda-Mitarbeite­r und Dritter Bürgermeis­ter Nico Hippe (Bürger für Bürger) „schade“und „schadhaft“. Bäumenheim­s Ortsplaner Werner Dehm (Büro Opla) betonte, dass Gemeinde und Firma nun einen „städtebaul­ichen Vertrag“schließen müssten, um darin, wie von Seel gefordert, die Kostenüber­nahme zu regeln.

Das Gremium in Bäumenheim genehmigte gegen Seels Stimme den Entwurfspl­an und beschloss die Aufstellun­g eines entspreche­nden Bebauungsp­lanes.

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Grafik: Geda So sehen die Planungen für die Verlegung der Verbindung­sstraße zwischen Bäumenheim und Mertingen aus. Die neue Straße ermöglicht es dem Unternehme­n Geda Dechentrei­ter, auch nach einer Erweiterun­g ein zu sammenhäng­endes Firmengelä­nde zu haben. Eine Stichstraß­e soll eine weitere Zufahrt zum Möbelhaus und den anderen Firmen sicherstel­len.
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Foto: Helmut Bissinger Seit Februar vergangene­n Jahres wird über das Für und Wider einer Verlegung der Straße kontrovers diskutiert.

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