Richter verhängt ungewöhnliche Strafe
21-Jähriger wegen eines Unfalls angeklagt. Es geht aber vor allem um seine Lebenseinstellung
Donauwörth/Nördlingen Einen eher ungewöhnlichen Verlauf nahm der Prozess eines 21-jährigen Donauwörthers vor dem Amtsgericht in Nördlingen. Angeklagt war er wegen eines schweren Unfalls, den er im vergangenen Dezember auf der B16 zwischen Rain und Donauwörth verursachte. Am Ende ging es aber vor allem um die Art, wie er sein Leben gestaltet.
Damals kam er auf schneebedeckter Fahrbahn kurz nach der Abzweigung nach Oberndorf ins Schleudern und kam auf die Gegenfahrbahn. Dort stieß der Pkw frontal gegen einen Lkw, mit dem ein heute 41-Jähriger nach Rain fuhr. Der Sattelzug kam von der Straße ab und rollte die Böschung hinab. Dessen Fahrer erlitt schwere Verletzungen an der Wirbelsäule und dem Knie. „Ich kann immer noch keine längeren Touren fahren wegen der Schmerzen“, sagte der 41-jährige Mann aus. Die Straße war mehrere Stunden gesperrt.
„Wenn man die Bilder vom Unfall sieht, hatte er noch sehr viel Glück. Er war zu schnell unterwegs“, sagte ein Polizist vor dem Amtsgericht aus. Dem widersprach der Jugendliche. Er sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass sein BMW einen Heckantrieb habe und deswegen vorsichtiger gefahren, damit das Fahrzeug nicht ausbreche. Alle Lenkversuche nach rechts hätten aber nichts mehr gebracht, sagt er vor Gericht.
Richter Gerhard Schamann reagierte angesichts der Umstände nachsichtig. „Es war ein Fahrfehler, wie er jedem von uns passieren kann.“Was dem Richter aber sichtlich missfiel, war der Bericht der Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe. „Er ist nicht unabhängig. Seine Mutter unterstützt ihn, zahlt unter anderem die Wohnung. Als er Stress mit dem Stiefvater hatte und in seinem Auto lebte, versteckte die Mutter hinter der Hecke Essen in Töpfen, um ihn zu versorgen.“
Auch sei er nicht bereit, soziale Hilfsdienste zu leisten, entschuldigte sich nicht beim Opfer und ist arbeitslos, führte die Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe aus. Auch habe er das Gespräch mit ihr abgebrochen. Deswegen halte sie eine Geldstrafe nicht für die richtige Strafe. „Ich empfehle 56 Sozialstunden, die Auflage, sich einen Job zu suchen und einen Arrest.“Die Ausführungen seien wenig erfreulich, was er denn dazu sage, wollte der Richter vom Beschuldigten wissen. „Wenn sie das sagt, ist das wohl so“, antwortete der junge Mann und zuckte mit den Schultern. Staatsanwalt Michael Rauh beantragte, den 21-Jährigen nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. Aufgrund der erheblichen gesundheitlichen Folgen für den Lkw-Fahrer sprach er sich für 64 Sozialstunden, zwei Wochen Freizeitarrest, drei Monate Fahrverbot und Auflagen zur Jobsuche aus.
Richter Schamann folgte der Forderung bei den Sozialstunden und erlegte dem Angeklagten auf, alle 14 Tage fünf Bewerbungen und die Antwortschreiben beim Gericht nachzuweisen. „Und ich rate Ihnen, dass die Bewerbungen Hand und Fuß haben.“
Den Antrag auf ein Fahrverbot und Freizeitarrest bewertete er als „zu hart.“Letzteres drohe aber, wenn die Sozialstunden nicht abgeleistet würden, mahnte der Richter. Der Mutter empfahl er, nicht alle Probleme für den Sohn aus der Welt zu schaffen. Der 21-Jährige akzeptierte das Urteil.