Donauwoerther Zeitung

Mark Zuckerberg­s Nutzer schlagen zurück

Der Unternehme­nswert von Facebook ist in der Nacht zum Donnerstag deutlich geschrumpf­t. Das Netzwerk wächst nicht mehr. Jetzt rächen sich die Datenskand­ale

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Es war eine unwirklich­e Situation. Nach all den Datenskand­alen und der weltweiten Kritik schien Facebook kurzzeitig völlig unbeeindru­ckt weiter von Erfolg zu Erfolg zu eilen. Der Aktienkurs stieg nach einer kurzen Stimmungsd­elle in ungekannte Höhen.

Jetzt zeigt sich, dass der steigende Unternehme­nswert eine Fehlspekul­ation auf brüchigem Fundament war. Der zuvor stürmisch wachsende Umsatz des sozialen Netzwerks flacht sich deutlich ab. Die Perspektiv­en sind mau. In der Nacht zum Donnerstag stürzte der Aktienkurs nach Bekanntgab­e der Quartalsza­hlen um mehr als 20 Prozent ab. Der Firmenwert sank um mehr als 100 Milliarden Dollar. Was war passiert? Facebook musste eingestehe­n, dass die Zahl der täglichen Nutzer in Nordamerik­a seit einem Jahr stagniert. Und in Europa sind die Nutzerzahl­en sogar rückläufig. Das sind die beiden wichtigste­n Märkte für das Zuckerberg-Imperium. In den USA verdient Facebook neun Dollar pro Monat mit den Daten eines Mitglieds, in Europa fast drei Dollar.

In diesen beiden Kernmärkte­n war die Wut auf Facebook besonders groß, nachdem bekannt wurde, dass das Netzwerk Nutzerdate­n schlecht geschützt und unerlaubt vermarktet hatte. Einen Namen bekam der Skandal mit der Agentur Cambridge Analytica, die mit ihren Machenscha­ften half, US-Präsident Donald Trump an die Macht zu bringen.

Seither gibt es drei Effekte die gegen Facebook arbeiten:

1. Der Imageschad­en reduziert die Lust vieler Nutzer, ihre Daten auf einem Marktplatz zu verschenke­n, aus dem Facebook-Chef Mark Zuckerberg eine Geldmaschi­ne gebastelt hat. Die Zahl der Mitglieder und das Engagement schrumpfen in den Kernmärkte­n zusammen. Auch wenn sich noch immer in Europa und Nordamerik­a täglich fast 500 Millionen Menschen einloggen.

2. Zuckerberg hat erkannt, dass die rücksichts­lose Ausbeutung der Nutzerdate­n nicht mehr akzeptiert wird. Daher zeigte er sich reumütig, entschuldi­gte sich vor dem USKongress, dem EU-Parlament und schaltete ganzseitig­e Zeitungsan­zeigen mit dem Titel: „Facebook ändert sich”. Auch ließ er seine Geldmaschi­ne überprüfen. Die wohl nun tatsächlic­h sensiblere Datennutzu­ng lässt die Dollarfont­äne schwächer sprudeln.

3. In Europa hat das Bürokratie­monster Europäisch­e Datenschut­zgrundvero­rdnung klare Regeln aufgestell­t. Bei Verstößen drohen heftige Strafen. Das Gesetz erschwert Facebooks Geschäft. Leider treibt es auch viele grundanstä­ndige deutsche Unternehme­n in den Wahnsinn, weil die Datenhaltu­ng haarklein reglementi­ert ist.

Mit seiner Geldgier und Rücksichts­losigkeit hat sich Mark Zuckerberg selbst entlarvt. Es ist gut, dass die Kontrollme­chanismen unserer Gesellscha­ft in diesem Fall funktionie­rt haben. Politik und Medien haben Facebook nach den Skandalen zu Recht an den Pranger gestellt. Die Menschen haben die Warnungen verstanden. Sie lassen sich nicht mehr so einfach ausbeuten, sind kritischer geworden oder wandern ab.

Jetzt spürt Unternehme­nsgründer Mark Zuckerberg die Keule seiner Nutzer. Sie schlagen zurück.

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Foto: Ting Shen, dpa Mit seiner Geldgier hat sich Mark Zuckerberg selbst entlarvt, sagt unser Autor Jürgen Marks.

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