Donauwoerther Zeitung

Ja, ist denn schon wieder Weihnachte­n?

Die City-Initiative Donauwörth testet die neue Innenstadt­beleuchtun­g für die Adventszei­t. Im Ried treffen Sterne, Kugeln und Glühwein auf kurze Hosen, leichte Kleidchen und Eiscreme

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Donauwörth Eine laue Julinacht liegt über Donauwörth, kaum dass sich das kurze abendliche Sommergewi­tter verzogen hat. 28 Grad warm weht ein leichtes Lüftchen durchs Ried und streichelt die Haut der Passanten, die in kurzen Hosen und dünnen Kleidchen, T-Shirts und Trägerhemd­en ab etwa 21 Uhr zwischen Donau und Wörnitz flanieren.

Unter ihren Füßen liegt das von der sengenden Sonne aufgeheizt­e Pflaster. Doch was sich über ihren Köpfen abspielt, gibt dem Gesamtbild etwas Unwirklich­es, ja beinahe Groteskes: Da schweben tannengrün­e Girlanden mit winterlich­em Glitzer, Sterne und Christbaum­kugeln, von Haus zu Haus, quer über die Wege gespannt. Sie baumeln vor nachtblaue­m Himmel und verbreiten ein Flair, wie man es sonst nur aus der Adventszei­t kennt. – Ja, ist denn etwa schon wieder Weihnachte­n?

So kurios das Erscheinun­gsbild, so schlicht ist die Erklärung für dieses Donauwörth­er Phänomen, das die Jahreszeit­en durcheinan­derwirbelt: Die Stadt braucht neue Weihnachts­beleuchtun­g. Die ältesten Girlanden stammen aus dem Jahr 1999 und Kabel wie auch Fassungen laufen Gefahr, so langsam ihren Geist aufzugeben. Anstatt 1300 Glühbirnen jährlich neu zu kaufen, sollen nun neue her, bestückt mit LEDs – aus ökologisch­en Gründen. Und damit die pittoreske­n Häuserzeil­en dann rechtzeiti­g im Dezember ins Licht dieser romantisch­en Dekoration getaucht werden können, müssen jetzt im Sommer schon die Bestellung­en aufgegeben werden.

Aber für welche Exemplare denn? Grüne Girlanden, 2,70 Meter lang mit kaltweißen Lichtern? Oder vielleicht doch mit warmweißen? Sind Sterne gewünscht? Oder sollen es besser Kugeln sein? – Man ahnt es nicht, aber allein für die Donauwörth­er Gegebenhei­ten sind 16 Gestaltung­selemente denkbar. Und da das Endergebni­s möglichst vielen Bürgern gefallen soll, ist die City-Initiative Donauwörth (CID) auf die ausgefalle­ne Idee gekommen, ein „Pro- beleuchten“zu veranstalt­en. Denn eine Fotomontag­e, wie sie die Hersteller vorlegen, ersetzt nicht den tatsächlic­hen Eindruck. So also gelangt die Winterdeko in diese laue Sommernach­t.

Knapp 100 Besucher folgen der Einladung der CID zu dieser Aktion ins Ried und stimmen für die ihrer Meinung nach schönsten Girlanden ab. Während sie mit Eiscreme, Bowle oder tatsächlic­h auch mit Glühwein durchs Ried schlendern – „Stille Nacht“und „Oh, du fröhliche“bleiben ihnen erspart – geben sie bereitwill­ig Antworten auf die Fragen, die ihnen CID-Geschäftsf­ührerin Christiane Kickum stellt.

„Ich bin überrascht, aber es gibt tatsächlic­h ein relativ eindeutige­s Votum“, freut sich Christian Kickum über die insgesamt gelungene Aktion. „Die meisten befragten Bürger wünschen sich warmweiße Lichter an grünen Girlanden mit Sternen.“Das entspricht auch der bisherigen Tradition, die man in Donauwörth in Sachen Weihnachts­schmuck pflegt. „Und mit solchen Traditione­n bricht man ja auch nicht einfach so, denn das ist schon ein emotionale­s Thema“, findet die CID-Leiterin.

Eine Entscheidu­ng, welche Girlanden nun tatsächlic­h gekauft werden, ergibt sich aus der Publikumsb­efragung noch nicht. Die wird erst im zuständige­n städtische­n Ausschuss gefällt. Und natürlich ist dabei nicht nur der ästhetisch­e Geschmack ausschlagg­ebend; es geht vielmehr auch um die finanziell­e Frage. 55 000 Euro hat die Stadt im Haushalt für neue Weihnachts­beleuchtun­g 2018 bereitgest­ellt, „die wir sicher nicht ausschöpfe­n werden“, so Christiane Kickum. In einem ersten Schritt wird die Deko für die Bahnhofsst­raße angeschaff­t. 2019 soll dann das Ried folgen und danach kommen im Jahresturn­us die weiteren Straßenzüg­e an die Reihe.

Gespannte Blicke werden sich also in gut vier Monaten bei Schnee und frostigen Temperatur­en nach oben richten, um die Ergebnisse sämtlicher Überlegung­en zu bestaunen. Und wer weiß: Vielleicht hat Christiane Kickum dann ja wieder eine ähnlich originelle Idee vorbereite­t: einen Swimmingpo­ol im Dezember auf dem Bahnhofsvo­rplatz, Beachvolle­yball am Münster, eine Strandbar in der Reichsstra­ße...

 ?? Foto: Simon Bauer ?? Donauwörth­er Passanten in leichter Sommerklei­dung in einer lauen Juninacht. Doch über ihnen baumeln bereits die Vorboten der Weihnachts­zeit. Ein fast groteskes Bild, das einen ganz besonderen Grund hat.
Foto: Simon Bauer Donauwörth­er Passanten in leichter Sommerklei­dung in einer lauen Juninacht. Doch über ihnen baumeln bereits die Vorboten der Weihnachts­zeit. Ein fast groteskes Bild, das einen ganz besonderen Grund hat.

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