Ja, ist denn schon wieder Weihnachten?
Die City-Initiative Donauwörth testet die neue Innenstadtbeleuchtung für die Adventszeit. Im Ried treffen Sterne, Kugeln und Glühwein auf kurze Hosen, leichte Kleidchen und Eiscreme
Donauwörth Eine laue Julinacht liegt über Donauwörth, kaum dass sich das kurze abendliche Sommergewitter verzogen hat. 28 Grad warm weht ein leichtes Lüftchen durchs Ried und streichelt die Haut der Passanten, die in kurzen Hosen und dünnen Kleidchen, T-Shirts und Trägerhemden ab etwa 21 Uhr zwischen Donau und Wörnitz flanieren.
Unter ihren Füßen liegt das von der sengenden Sonne aufgeheizte Pflaster. Doch was sich über ihren Köpfen abspielt, gibt dem Gesamtbild etwas Unwirkliches, ja beinahe Groteskes: Da schweben tannengrüne Girlanden mit winterlichem Glitzer, Sterne und Christbaumkugeln, von Haus zu Haus, quer über die Wege gespannt. Sie baumeln vor nachtblauem Himmel und verbreiten ein Flair, wie man es sonst nur aus der Adventszeit kennt. – Ja, ist denn etwa schon wieder Weihnachten?
So kurios das Erscheinungsbild, so schlicht ist die Erklärung für dieses Donauwörther Phänomen, das die Jahreszeiten durcheinanderwirbelt: Die Stadt braucht neue Weihnachtsbeleuchtung. Die ältesten Girlanden stammen aus dem Jahr 1999 und Kabel wie auch Fassungen laufen Gefahr, so langsam ihren Geist aufzugeben. Anstatt 1300 Glühbirnen jährlich neu zu kaufen, sollen nun neue her, bestückt mit LEDs – aus ökologischen Gründen. Und damit die pittoresken Häuserzeilen dann rechtzeitig im Dezember ins Licht dieser romantischen Dekoration getaucht werden können, müssen jetzt im Sommer schon die Bestellungen aufgegeben werden.
Aber für welche Exemplare denn? Grüne Girlanden, 2,70 Meter lang mit kaltweißen Lichtern? Oder vielleicht doch mit warmweißen? Sind Sterne gewünscht? Oder sollen es besser Kugeln sein? – Man ahnt es nicht, aber allein für die Donauwörther Gegebenheiten sind 16 Gestaltungselemente denkbar. Und da das Endergebnis möglichst vielen Bürgern gefallen soll, ist die City-Initiative Donauwörth (CID) auf die ausgefallene Idee gekommen, ein „Pro- beleuchten“zu veranstalten. Denn eine Fotomontage, wie sie die Hersteller vorlegen, ersetzt nicht den tatsächlichen Eindruck. So also gelangt die Winterdeko in diese laue Sommernacht.
Knapp 100 Besucher folgen der Einladung der CID zu dieser Aktion ins Ried und stimmen für die ihrer Meinung nach schönsten Girlanden ab. Während sie mit Eiscreme, Bowle oder tatsächlich auch mit Glühwein durchs Ried schlendern – „Stille Nacht“und „Oh, du fröhliche“bleiben ihnen erspart – geben sie bereitwillig Antworten auf die Fragen, die ihnen CID-Geschäftsführerin Christiane Kickum stellt.
„Ich bin überrascht, aber es gibt tatsächlich ein relativ eindeutiges Votum“, freut sich Christian Kickum über die insgesamt gelungene Aktion. „Die meisten befragten Bürger wünschen sich warmweiße Lichter an grünen Girlanden mit Sternen.“Das entspricht auch der bisherigen Tradition, die man in Donauwörth in Sachen Weihnachtsschmuck pflegt. „Und mit solchen Traditionen bricht man ja auch nicht einfach so, denn das ist schon ein emotionales Thema“, findet die CID-Leiterin.
Eine Entscheidung, welche Girlanden nun tatsächlich gekauft werden, ergibt sich aus der Publikumsbefragung noch nicht. Die wird erst im zuständigen städtischen Ausschuss gefällt. Und natürlich ist dabei nicht nur der ästhetische Geschmack ausschlaggebend; es geht vielmehr auch um die finanzielle Frage. 55 000 Euro hat die Stadt im Haushalt für neue Weihnachtsbeleuchtung 2018 bereitgestellt, „die wir sicher nicht ausschöpfen werden“, so Christiane Kickum. In einem ersten Schritt wird die Deko für die Bahnhofsstraße angeschafft. 2019 soll dann das Ried folgen und danach kommen im Jahresturnus die weiteren Straßenzüge an die Reihe.
Gespannte Blicke werden sich also in gut vier Monaten bei Schnee und frostigen Temperaturen nach oben richten, um die Ergebnisse sämtlicher Überlegungen zu bestaunen. Und wer weiß: Vielleicht hat Christiane Kickum dann ja wieder eine ähnlich originelle Idee vorbereitet: einen Swimmingpool im Dezember auf dem Bahnhofsvorplatz, Beachvolleyball am Münster, eine Strandbar in der Reichsstraße...