Reisende haben künftig mehr Rechte
Urlaub Es gilt ein neues Reiserecht. Experten aus der Region erklären, was Sie jetzt wissen sollten
Landkreis Seit dem 1. Juli gilt ein neues Reiserecht. Es geht auf eine Richtlinie der Europäischen Union (EU) für Pauschalreisen zurück. Der Deutsche Bundestag hat diese im vergangenen Jahr in nationales Recht umgesetzt. Ziel ist es, für mehr Rechtssicherheit bei Pauschalreisen innerhalb der EU zu sorgen. Eine Pauschalreise liegt vor, wenn bei einem Veranstalter mindestens zwei Leistungen bei einer Reise als Paket gebucht werden, betont Andreas Stetter vom Reisebüro Reisewelt 24 in Donauwörth. Der Klassiker: Eine Buchung von Flug und Hotel.
Neu ist jetzt laut Stetter, dass Reisende künftig besser informiert würden. Die Reisebüros müssten im Rahmen des Beratungsgespräches mit den Kunden ein Informationsblatt mit den wichtigsten Rechten an sie aushändigen. Hinzu komme eine wesentlich detailliertere Beschreibung der einzelnen Leistungen. Simples Beispiel: Künftig muss angegeben sein, in welcher Sprache der Reiseleiter vor Ort kommuniziert. Stetters Mitarbeiterin Susanne Brand sieht zwar durch die neuen Bestimmungen einen gewissen Mehraufwand. Dieser halte sich jedoch in Grenzen. Die Kunden seien durchaus offen, wenngleich nicht alle die Informationsblätter komplett durchlesen würden, so ihre Erfahrung in den ersten Wochen. Wichtig bleibe für sie, ihre Kunden optimal zu beraten und dazu beizutragen, ihnen ihre schönsten Wochen im Jahr möglichst optimal zu gestalten.
Immer häufiger buchen Urlauber ihre Ferien im Internet. Dort gelten inzwischen dieselben Bedingungen wie bei Buchungen im Reisebüro. Wer also online bei einem Portal verschiedene Leistungen bucht, ist künftig genauso geschützt, wie bei Pauschalreisen. Die Portale haben die gleichen Haftungsverpflichtungen wie die Veranstalter.
Auch hier gilt: Wenn jemand im Internet Einzelleistungen, wie Flug und Hotel bucht, gelten diese als Pa- ket – und dafür gilt das Pauschalreiserecht.
Auf einen großen Vorteil für die Verbraucher weist Werner Schwarzer vom gleichnamigen Reisebüro in Nördlingen hin. Sollten Mängel bei der gebuchten Urlaubsreise auftreten, habe der Betroffene künftig zwei Jahre Zeit, diese geltend zu machen. „Bisher musste dies innerhalb eines Monats geschehen.“
Einen gravierenden Nachteil bringt die neue Gesetzgebung allerdings für diejenigen, die sich eine Ferienwohnung nehmen oder an einer Tagesreise für unter 500 Euro teilnehmen. Darauf weisen vor allem die Verbraucherschutzverbände hin. In beiden Fällen gibt es jetzt keinen Rechtsschutz mehr. Beispiel: Wenn der Anbieter einer Ferienwohnung im Rahmen einer Pauschalreise insolvent geht, kann der Urlauber keinen Reiseveranstalter dafür in Haftung nehmen. Fazit: Durch das neue Reiserecht stehen den Verbrauchern mehr In- formationen zu, sie haben künftig zwei Jahre Zeit, eventuelle Reisemängel geltend zu machen. Nachteile sind der fehlende Rechtsschutz bei Buchungen von Ferienwohnungen.
Andreas Stetter und Werner Schwarzer betonen übereinstimmend, dass es aus ihrer Sicht das neue Reiserecht nicht gebraucht hätte. Freilich wollen sich beide ohne Einschränkung an die neuen Bestimmungen bei der Beratung ihrer Kunden halten.
Und wenn der eine oder andere Kunde in der Praxis davon profitiere, solle es ihnen recht sein. „In weit mehr als 90 Prozent der Fälle klappt auch alles“, berichtet Werner Schwarzer.
Mit den neuen Reisebestimmungen noch wenig beschäftigt sind die Anwaltskanzleien in der Region. Rechtsanwältin Martina Brendel von der Nördlinger Kanzlei LangeBrendel-Gaudernack verweist auf den kurzen Zeitraum seit Inkrafttreten des neuen Reiserechts. „Ich vermute, dass die ersten Fälle frühestens nach der diesjährigen Reisesaison auftreten werden – wenn überhaupt“, so die Anwältin gegenüber unserer Zeitung. Von daher könne sie momentan noch von keinerlei Praxiserfahrungen in Bezug auf die neuen Reiserechte für Urlauber berichten.