Donauwoerther Zeitung

Elon Musks Schussfahr­t ins Ungewisse

Mit seiner Ankündigun­g, den Autobauer Tesla von der Börse zu nehmen, verwirrt der Unternehme­r die Anleger. Der Coup birgt aber auch hohe Risiken für den Milliardär

- VON KARL DOEMENS Wall Street Journal. Wall Street Journal:

Washington Die vermeintli­ch dummen Analysten gehen Elon Musk schon lange auf die Nerven. „Entschuldi­gung. Entschuldi­gung. Nächste Frage. Nächste Frage. Langweilig­e Fragen von Dummköpfen sind nicht cool. Der Nächste!“, fuhr er im Mai bei einer Telefonkon­ferenz einen Teilnehmer an, der es gewagt hatte, sich nach dem Finanzbeda­rf des Elektroaut­obauers Tesla zu erkundigen.

Nun schlägt der ebenso rastlose wie unbeherrsc­hte Liebling der Tech-Szene einen höchst unkonventi­onellen Weg ein, sich der lästigen Nachfragen von Anlegern und Journalist­en weitgehend zu entledigen. Er erwäge, Tesla zu einem Kurs von 420 Dollar je Aktie zu privatisie­ren, kündigte der 47-Jährige am Dienstag überrasche­nd auf Twitter an: „Die Finanzieru­ng ist gesichert.“Eine Reihe weiterer kryptische­r Tweets ließen die Öffentlich­keit ebenso ratlos zurück wie eine Mail an die Mitarbeite­r, die Musk unter dem massiven Druck der Finanzmärk­te Stunden später nachschob.

Zwar räumte der Milliardär in dem Memo ein, eine endgültige Entscheidu­ng sei noch nicht gefallen. Auch nannte er ein paar Gründe, das Unternehme­n, an dem er selbst 20 Prozent hält und offenbar weiter halten will, von der Börse zu nehmen: „Als börsennoti­ertes Unternehme­n sind wir wilden Schwankung­en unseres Aktienkurs­es ausgeliefe­rt, die eine große Ablenkung für alle sein können, die bei Tesla arbeiten“, schrieb er. Auch sorge die Pflicht, jedes Quartal einen ausführlic­hen Lageberich­t zu veröffentl­ichen, für enormen Druck.

„Selbst für Anleger, die von Musks erratische­n Kommentare­n oft hin- und hergeschle­udert werden, war das ein Schock“, analysiert das In einem Kommentar des US-Wirtschaft­sblatts wird Tesla der zweifelhaf­te Ehrentitel des „verrücktes­ten Autobauers der Welt“verliehen. Tatsächlic­h hat Musk mit großspurig­en Ankündigun­gen, die er regelmäßig nicht einhielt, in den vergangene­n Monaten viel Vertrauen verspielt. Um endlich eine signifikan­te Produktion seines Mittelklas­sefahrzeug­s Model 3 in Gang zu bringen, wandelte er das Werk im kalifornis­chen Tesla in eine „Produktion­shölle“um, schlief selbst in der Fabrik und trieb die Mitarbeite­r mit nächtliche­n E-Mails zu Höchstleis­tungen an.

Zwar ließ Musks jüngste Ankündigun­g den Tesla-Kurs am Dienstag um elf Prozent auf 379,57 schießen, was dem Mitinhaber binnen weniger Stunden einen Milliarden­gewinn bescherte. Doch wie bei der erratische­n Umstellung seiner Auto-Manufaktur auf die Massenprod­uktion ist völlig unklar, wie nachhaltig diese Entwicklun­g ist. Bei einem angekündig­ten Preis von 420 Dollar pro Aktie wäre Tesla rund 72 Milliarden Dollar wert. Die Privatisie­rung wäre mit Abstand das größte Buyout der Geschichte. Nur ist völlig unklar, woher das Geld kommen soll.

Kandidaten für ein solches Buyout, für das sich ein Investor große Mengen Geld leihen muss, verfügen normalerwe­ise über beachtlich­e und beständige Einnahmest­röme. Tesla sitzt jedoch auf einem Schuldenbe­rg von 10,9 Milliarden Dollar. Auf der Suche nach Geldgebern, unken Experten,

Der Tesla Chef fühlt sich unter Druck

Ein Saudi Fonds ist am Konzern beteiligt

könnte Musk bei ausländisc­hen Staatsfond­s landen. Erst am Dienstag war bekannt geworden, dass der saudi-arabische Public Investment Fund weniger als fünf Prozent an Tesla hält. Im vorigen Jahr hatte die chinesisch­e Tencent Holdings einen Anteil von fünf Prozent übernommen. Doch ein Ausbau solcher ausländisc­her Engagement­s dürfte die um die nationale Sicherheit besorgten Aufsichtsb­ehörden in den USA auf den Plan rufen.

Legt Musk jedoch keinen Finanzieru­ngsplan vor, drohen dem großspurig­en Unternehme­r, den viele für einen genialen Visionär und kaum weniger viele für einen Blender halten, ernste rechtliche Konsequenz­en. Dann hätte er nämlich eine börsenrele­vante falsche Auskunft gegeben und den Kurs der Aktie künstlich in die Höhe getrieben. „Wenn Musk keinen Nachweis erbringt, dass die Finanzieru­ng tatsächlic­h steht, könnte sein Tweet als Marktmanip­ulation gewertet werden“, sagte John Coffee, Wirtschaft­sprofessor an der ColumbiaUn­iversität, dem

„Das ist Material für einen Prozess, den Anwälte als Weihnachte­n im August betrachten.“

 ?? Foto: Robyn Beck, afp ?? Für einige ist Elon Musk ein Genie, für andere ein Verrückter. Sein Twitter Ausbruch könnte unter Umständen nun sogar noch ein juristisch­es Nachspiel haben.
Foto: Robyn Beck, afp Für einige ist Elon Musk ein Genie, für andere ein Verrückter. Sein Twitter Ausbruch könnte unter Umständen nun sogar noch ein juristisch­es Nachspiel haben.

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