Karl Niedermeier hat Deutschland umrundet
Auf die Idee kam der Harburger nach der Diagnose eines Arztes. Was er erlebt hat, schildert er hier
Harburg Der 56-jährige Karl Niedermeier ist begeisterter Radfahrer und hat jetzt ein Ziel erreicht, dass er sich vor einigen Jahren gesetzt hat: Er hat mit dem Rennrad ganz Deutschland umrundet und war in jedem Bundesland mindestens einmal.
Heuer ist der Ingenieur das letzte fehlende Teilstück entlang der Ostsee gefahren, zwischen Dassow (Mecklenburg-Vorpommern) und Grube (Schleswig-Holstein). Acht Jahre lang hat er dafür einen Teil seines Urlaubs investiert. Einmal musste er wegen eines Sturzes abbrechen, sonst wäre er schon vergangenes Jahr fertig gewesen, sagt der Harburger. Er hatte auf der Insel Fehmarn einen umgestürzten Baum zu spät gesehen. Die Idee dazu kam ihm, als er vom Arzt eine schlechte Diagnose bekam. „Er hat mir gesagt, dass in meinem linken Knie kein Knorpel mehr ist. Ich wollte mir beweisen, dass ich trotzdem noch Enormes leisten kann, und vollbringe, was viele junge Menschen wohl nicht schaffen“, erinnert sich der heute 56-Jährige.
Niedermeier entdeckte seine Leidenschaft für den Sport erst vergleichsweise spät. „Meine Eltern hatten Landwirtschaft. Da musste ich mit ran und wurde genug gefordert.“Auf den Geschmack kam er durch seinen laufbegeisterten Zugführer bei der Bundeswehr. Mit 23 Jahren fing er mit der Leichtathletik an und absolvierte Läufe mit bis zu 100 Kilometern. Ein schwerer Unfall im Jahr 2005 zwang ihn zum Wechsel. „Der Arzt hat mir damals geraten, aufs Fahrrad umzusteigen.“Niedermeier fährt mit dem Rad so viele Kilometer im Jahr wie andere mit dem Auto. Früher waren es 20 000, sagt er. Jetzt sei es noch etwa die Hälfte. Im Winter mache er Nordic Walking und fahre nur wenig Rad, deshalb merke er die Knie.
Im ersten Urlaub im Rahmen seiner Umrundung Deutschlands fuhr er von Görlitz in Sachsen die gesamte polnische Grenze entlang bis nach Usedom, 400 Kilometer. Mit dabei hatte er immer Seiten, die er aus einem Straßenatlas herausgelöst hatte und zur Navigation nutzte.
„Besonders gut gefallen hat es mir in der Eifel mit den Steigungen und Abfahrten und der abwechslungsreichen Landschaft. Es war im Grunde in etwa wie bei uns hier“, sagt Niedermeier. Ganz anders hingegen war es entlang eines 45 Kilometer langen Abschnitts an der dänischen Grenze. Dort sei es quasi nur noch geradeaus gegangen, ohne dass eine Ortschaft gekommen sei. „Zum Glück hatte ich Seitenwind. Mit Gegenwind wäre es richtig übel geworden.“
Oft stieg er gegen 9 Uhr aufs Rad und kam gegen 15 oder 16 Uhr im Etappenziel an. Seine Frau begleitete ihn stets einen Teil des Weges und fuhr dann voraus, um nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Am Nachmittag und Abend sahen sie sich die Orte an, in denen sie übernachteten. Sehr sehenswert sei unter anderem Glücksburg in Schleswig-Holstein mit seinem Schloss, erinnert sich der Harburger.
„Ich bin froh, dass meine Frau so tolerant ist und es mit macht“, sagt der 56-Jährige. Sie musste sich manchmal auch in Geduld üben, weil es unerwartete Probleme gab, so war der 1600 Meter hohe Riedbergpass im Allgäu Anfang Oktober schon zugeschneit. Die Überquerung musste er verschieben. Und in Hamburg wurde ein Tagesabschnitt wegen falscher Informationen deutlich länger. Er wollte eine Brücke nutzen, die für Radler gesperrt ist, wie sich herausstellte. Am Ende war der Tagesabschnitt 200 Kilometer lang, dabei sollten es laut Plan eigentlich nur 130 sein.
Niedermeier denkt gern an die Touren und die vielen Eindrücke und Landschaftsbilder zurück. „Ich kann mir gut vorstellen, etwas Vergleichbares noch einmal zu machen.“