Donauwoerther Zeitung

Die Vorstufe zum Paradies

Serie (4) Der Garten von Helga und Hermann Sprater aus Sallach ist ein nach und nach gewachsene­s Idyll. Zu den meisten Pflanzen und Gegenständ­en kann das Ehepaar Geschichte­n erzählen

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Rain Sallach/Gempfing Irgendwo im Nirgendwo zwischen Sallach und Gempfing liegt nahe Feldern und Wäldern eine Oase, die man dort gar nicht vermutet. Wer den Weg dorthin findet – ein wenig versteckt, ein wenig abseits der Straße – stößt auf einen knapp 4000 Quadratmet­er großen Garten, der über Jahrzehnte entstanden ist – nie wirklich geplant, immer aus der Situation heraus gewachsen, stimmig und naturnah. Dort sagen sich buchstäbli­ch Fuchs und Hase gute Nacht. Dort queren Rehe das Gelände, sind Igel unterwegs, drehen Eichelhähe­r ihre Runden, bedienen sich Eichhörnch­en bei den Nüssen, schlüpfen Insekten ins Baumhotel und suchen Bienen gerne die für sie aufgestell­ten Tränken auf. Überhaupt sind Tiere aller Art herzlich willkommen – und nicht nur sie.

Der Garten von Helga und Hermann Sprater aus Sallach ist ein Sehnsuchts­ort – und weit mehr als ausschließ­lich gefiederte und vierbeinig­e Besucher stoßen dort auf Gastlichke­it. Denn die Spraters sind in jeglicher Hinsicht gesellig. Wenn sie nicht zu zweit oder mit ihrer eigenen Familie ihr Gartenglüc­k genießen, lassen sich auch mal Mutter-KindGruppe­n nach einer Wanderung zum Picknick dort nieder. Im Winter kommt der Kindergart­en zur Nikolausfe­ier, und als das große Kruzifix am Eingang eingeweiht wurde, gab es ein regelrecht­es kleines Volksfest. Aus diesem Grund steht das Tor des Jägerzauns auch fast immer einladend offen. Nicht ganz ernst zu nehmen ist die dortige Aufschrift, die schmunzeln lässt: „Unkraut zum Selberpflü­cken“.

Was sich heute so idyllisch ausmacht, war noch vor gut einem Vierteljah­rhundert reines Brachland. „Dort gab es nichts als einen Acker, als sich uns 1992 die Gelegenhei­t geboten hat, den Grund zu erwerben“, erinnert sich Helga Sprater. Die ru- hige Lage so abseits von Häusern gefiel den Spraters. Die herrliche Aussicht, die die Blicke ins Land schweifen lässt, bis hinüber nach Donauwörth, überwältig­te sie. Und so reifte nach und nach die Idee, dort einen Garten anzulegen.

Bürokratis­che Hürden schienen die Pläne allerdings mitunter zum Scheitern zu verurteile­n. Jede Randbepfla­nzung, jede Einfriedun­g musste genehmigt werden, jedes Gartenhaus war praktisch ein Ding der Unmöglichk­eit. „Eine Hütte zu errichten, war uns nicht erlaubt, weil wir ja keine privilegie­rten Landwirte sind“, erklärt Hermann Sprater. „Zwei Wagen mit Unterschlu­pf aber durften wir dann immerhin aufstellen, weil die ja beweglich sind.“

Seit gut zwei Jahrzehnte­n nun können die Spraters in Ruhe ihr Idyll pflegen. Sie haben Gras ausgesät, Heckenpfla­nzen gesetzt – viele von ihnen selbst gezogen –, haben Nischen geschaffen wie kleine grüne Zimmer, haben natürliche Wege gebahnt, keine gepflaster­ten, und Beete mit Blumen, Stauden und Accessoire­s inszeniert.

Nichts davon ist künstlich, nichts auf dem Reißbrett geplant. „Das alles hat sich Stück für Stück so entwickelt“, sagt Helga Sprater. „Immer wieder ist eine Ecke entstanden, ganz nach Lust und Laune.“Zu vielen Pflanzen und Dekoration­sstücken hat das Ehepaar ganz persönlich­e Beziehunge­n. Manche Geschenke befinden sich darunter, aber auch Urlaubsmit­bringsel und kleine Entdeckung­en. „Wir können zu so vielen Dingen Geschichte­n erzählen“, ergänzt Hermann Sprater.

Eine rot blühende Pflanze haben sie aus einem Jugoslawie­n-Urlaub mitgebrach­t. Eine Birke stammt aus dem Garten von Verwandten. Einen schönen, aber kaum zu bändigende­n Essigbaum haben sie vor vielen Jahren in der freien Natur ausgegrabe­n. Eine Skulptur aus blauen Weinflasch­en, die einen kräftigen Farbtupfer bildet, ist vom Weinfest mit der Feuerwehr Sallach übrig geblieben. Ein Stück Felsen haben sie aus Nazibühl hertranspo­rtiert. Die Samen ihrer Lupinen kommen aus Sinning. Der Herd im Bauwagen stand einstmals im alten Schulhaus, die Couch im Gempfinger Pfarrhof. Und die Holzbalken, die rechts gleich nach dem Eingang aufgestell­t wurden, sind bei der Sanierung des Gempfinger Kirchturms übrig geblieben.

So fügt sich ein Teil ans andere. Nichts ist geschniege­lt, nichts geschleckt. Und doch passt alles harmonisch zusammen. Wenn der Ortsgeistl­iche mitunter vorbeikomm­t, sagt Hermann Sprater zu ihm: „Wissen Sie Herr Pfarrer, für mich ist das wie die Vorstufe zum Paradies.“Und der nickt dann und bestätigt: „So ist es ...“

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 ?? Fotos: Barbara Würmseher ?? Die offene Gartentüre zum Gartenpara­dies der Spraters hat auch Symbolchar­akter. Mensch und Tier sind dort willkommen. Eltern und Kinder beispielsw­eise finden sich dort immer wieder zum Picknick ein und die Einweihung des Kreuzes wurde gar zu einem regelrecht­en Volksfest.
Fotos: Barbara Würmseher Die offene Gartentüre zum Gartenpara­dies der Spraters hat auch Symbolchar­akter. Mensch und Tier sind dort willkommen. Eltern und Kinder beispielsw­eise finden sich dort immer wieder zum Picknick ein und die Einweihung des Kreuzes wurde gar zu einem regelrecht­en Volksfest.
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Wenn ihnen die Gartenarbe­it Zeit lässt, gönnen sich Helga und Hermann Sprater auch mal eine Pause.
 ??  ?? Zwischen blühenden Stauden dekortiert Helga Sprater alte Ge  rätschafte­n.
Zwischen blühenden Stauden dekortiert Helga Sprater alte Ge rätschafte­n.
 ??  ?? Auf einem Heumanderl häufen die Spraters Rasenschni­tt auf: ein Platz für Tiere.
Auf einem Heumanderl häufen die Spraters Rasenschni­tt auf: ein Platz für Tiere.
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Farbenpräc­htig, aber nicht „gestylt“präsentier­t sich der Garten der Spraters.
 ??  ?? Wächst wie Unkraut, hat aber wun  derschöne Blüten: der Essigbaum.
Wächst wie Unkraut, hat aber wun derschöne Blüten: der Essigbaum.
 ??  ?? Schön und nützlich: ein selbst gebautes Insektenho­tel.
Schön und nützlich: ein selbst gebautes Insektenho­tel.

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