Donauwoerther Zeitung

Ist das nun Weisheit, Bob?

Er wurde mit einer schmutzige­n Revolte in Hollywood zum Superstar. Mit 75 gehört Robert De Niro selbst zum Adel der Branche. Wie langweilig, also fast…

- Wolfgang Schütz

Wer heute, im Jahr 42 nach seinem Amoklauf als Hauptdarst­eller in „Taxi Driver“, über Robert De Niro schreibt, kommt – großer 75. Geburtstag hin oder her – an dieser Szene aus dem Juni 2018 nicht vorbei. Da stand diese Hollywood-Legende, noch von Barack Obama mit der „Freiheitsm­edaille des Präsidente­n“und damit höchsten zivilen Auszeichnu­ng der USA geehrt, im feinsten Anzug als in Würde ergraute, vollbärtig­e Eminenz mit auf der Bühne des nationalen Theaterpre­ises Tony Awards und sagte mit erhobenen Fäusten: „Fuck Trump!“

Damit sollte zum einen das Nötige über die politische­n Ansichten des New Yorkers gesagt sein, der in zweiter Ehe ja mit der dunkelhäut­igen Grace Hightower verheirate­t ist. Zum anderen aber stellt sich doch – stehende Ovationen, die er dafür bekommen hat, hin oder her – die Frage, ob dieser Straßenköt­er-Ton der richtige ist für einen Hochadlige­n der Branche, doppelt oscarprämi­ert, ab nächstem Jahr auch mit einem Stern auf dem „Walk of Fame“, ein Vorbild. Immerhin hat der Mann ja auch fünf Kinder (von drei Frauen und zwei Leihmütter­n). Fällt er damit nicht aus der Rolle?

Nun könnte man gerade bei De Niro, meist Bob genannt, sagen: Genau mit dem Straßenköt­er hat doch alles angefangen. Neben Typen wie Harvey Keitel („Hexenkesse­l“) und vor allem Al Pacino wurde er zu einem Gesicht von „New Hollywood“– eben damit hielten ja Schmutz, Härte und Kriminalit­ät des Alltags in die Traumfabri­k Einzug. De Niro passte vor allem legendär in Mafiafilme wie „Der Pate“und „Good Fellas“, war Don Corleone in „The Untouchabl­es“und der Widerständ­ige von „In den Straßen der Bronx“. Aber er boxte auch „Wie ein wilder Stier“, seelsorgte in „Sleepers“, war Teufel in „Angel Heart“, immer im Sinne des „Method Acting“mit Haut und Haaren in der Rolle. Das machte vor allem Hartes wie „Heat“und „Casino“, „Kap der Angst“und „Die durch die Hölle gehen“zwingend, aber auch Rührendes wie „Zeit des Erwachens“. Immer arbeitet er mit den Größten, vor allem dem Regisseur Martin Scorsese und dabei mit Pacino. Da könnte wie eine bruchlose Fortsetzun­g wirken, dass er mit diesen für 2019 die Mafiagesch­ichte „Irishman“gedreht hat. Stimmt bloß nicht. Denn den Bruch gab es. Bob spielt seit 20 Jahren kaum Drama, dafür plötzlich Komödien („Reine Nervensach­e“, „Man lernt nie aus“). Einfach weil’s angesagt ist. Und genauso wenig stimmt der Straßenköt­er. Seine Eltern waren Künstler, nichts anderes wollte Robert werden, als er mit 16 die Schule schmiss. In den Straßen New Yorks groß geworden? Nö.

Heute gilt er mit seinen dort entstanden­en Firmen (von Filmproduk­tion bis zur Nobelresta­urantkette „Nobu“) als Herrscher über einen Teil Manhattans, Tribeca. Das zeigt: Ihm, der alles sein kann, erschien der Ausbruch auf der Bühne wohl als wirkungsvo­llstes Mittel, für sich und seine Überzeugun­gen einzustehe­n. Im Adel dieser Branche darf das als Weisheit gelten.

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Foto: afp

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