Donauwoerther Zeitung

Die heikle CDU Partnersuc­he im Osten

Merkel will weder mit Linksparte­i noch mit AfD paktieren. Doch in den neuen Ländern bleibt womöglich gar keine andere Machtoptio­n. Was ein Meinungsfo­rscher empfiehlt

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Sachsen ist für Bundeskanz­lerin Angela Merkel ein ganz, ganz schwierige­s Pflaster. Nirgendwo sonst wurde sie 2017 im Wahlkampf wegen ihrer Flüchtling­spolitik so beschimpft und ausgebuht. Am Donnerstag kehrte Merkel in den Freistaat zurück, besuchte einen Maschinenb­auer im Kreis Bautzen und traf sich anschließe­nd mit der CDU-Fraktion im Landtag in Dresden zum Gespräch. Für die CDUChefin stand dabei ein weiteres Mal die heikle Frage möglicher Koalitione­n ihrer Partei mit der Linken oder gar der AfD im Osten im Raum.

Der schleswig-holsteinis­che Ministerpr­äsident Daniel Günther hatte kürzlich Pragmatism­us im Umgang mit der Linksparte­i in Ostdeutsch­land gefordert. Von seinen CDU-Kollegen erntete er dafür einen Sturm der Entrüstung. Paktieren mit den Erben der Sozialisti­schen Einheitspa­rtei des Unrechtsst­aats DDR – niemals, so der Tenor. Merkel versuchte die Debatte schließlic­h mit einem Machtwort zu beenden: Eine Koalition mit der Linksparte­i komme ebenso wenig in Frage wie ein Bündnis mit der rechtspopu­listischen AfD.

Wirklich ersticken konnte das Basta der Kanzlerin die Spekulatio­nen aber nicht. Denn in Sachsen wie in anderen ostdeutsch­en Bundesländ­ern zeichnen sich für die CDU massive Probleme ab, passende Koalitions­partner zu finden. Während die CDU im Bund und in den westlichen Bundesländ­ern in den unterschie­dlichsten Konstellat­ionen mit SPD, Grünen und FDP paktiert, wird dies im Osten durch die dortige Stärke von AfD und Linksparte­i zunehmend schwierig. In Sachsen, wo CDU-Ministerpr­äsident Michael Kretschmer derzeit zusammen mit der SPD regiert, wird im kommenden Jahr neu gewählt. Nach einer aktuellen Umfrage würde es für eine Fortsetzun­g von Schwarz-Rot aber nicht reichen. Die CDU kommt in der Wählerguns­t auf 32 Prozent, die SPD gar nur auf neun Prozent. Weitere Koalitions­partner wären also nötig. Doch FDP und Grüne liegen bei jeweils nur sechs Prozent, müssen sogar um den Einzug in den Landtag bangen. Die großen Gegner sind die AfD, die aktuell auf 24 Prozent kommt, und die Linksparte­i mit 19 Prozent. Bei der Bundestags­wahl hatte die AfD die Christdemo­kraten sogar knapp hinter sich gelassen.

Ganz ähnlich sieht es in anderen ostdeutsch­en Ländern aus. In Thüringen, wo ebenfalls 2019 gewählt wird, schwächelt die regierende rotrot-grüne Koalition. Die CDU könnte stärkste Kraft werden – und dann vor dem Problem stehen, einen geeigneten Partner zum Regieren zu finden. Und in Brandenbur­g, wo die SPD mit der Linken regiert, sind die Dinge ebenfalls komplizier­t. Eine Zwei-Parteien-Regierung wäre laut Umfragen nicht mehr möglich. So war es der brandenbur­gische CDU-Vorsitzend­e Ingo Senftleben, der bereits vor Monaten laut über eine mögliche Koalition mit der Linksparte­i nachdachte und unter bestimmten Umständen selbst einen Pakt mit der AfD nicht ausschließ­en wollte.

Manfred Güllner, Chef des Meinungsfo­rschungsin­stituts Forsa, warnt die Christdemo­kraten im Gespräch mit unserer Zeitung vor derlei Überlegung­en: „Die CDU muss sich klar gegenüber den Rändern abgrenzen. Eine Diskussion über Koalitione­n mit der AfD oder der Linksparte­i sorgt für massiven Unmut in der Mitte der Gesellscha­ft, die ja eben nicht radikal wählen will.“Wer laut über solche Bündnisse nachdenke, werte die Ränder nur auf. Güllner weiter: „Viele Bürger beklagen in unseren Umfragen, dass sich die Politik zu sehr an den Rändern ausrichtet und nicht an der Mitte.“

Unter Umständen, das räumt Güllner ein, führt an ungewöhnli­chen Koalitione­n kein Weg vorbei: „Dass CDU und Grüne in Hessen und Baden-Württember­g zusammen regieren, wäre früher undenkbar gewesen, jetzt funktionie­rt es weitgehend geräuschlo­s.“Doch ohne Not sollten heikle Bündnisfra­gen nicht diskutiert werden: „Die Wähler wählen ja keine Koalition, sondern eine Partei. Nach der Wahl müssen die Parteien dann miteinande­r reden, und da kommt es darauf an, welche Konstellat­ionen und auch Zwänge herrschen.“

Für die CDU, sagt Güllner, „wäre es völlig falsch, jetzt links zu blinken“. Die Christdemo­kraten sollten sich vielmehr fragen, welche Fehler sie gemacht hätten und was sie tun müssten, um die Menschen wieder zurückzuge­winnen. Der Meinungsfo­rscher empfiehlt der CDU, „einen vernünftig­en Kurs einzuschla­gen und sich um die große Mehrheit der Mitte zu kümmern“. Er fügt an: „Und rechts blinken wäre für die CDU sogar ganz tödlich. Die AfD ist doch keine Partei, mit der man aus Sicht der Mehrheit der CDU-Wähler eine Koalition machen kann.“Dass rechts blinken nichts bringe, zeige gerade die CSU in Bayern, so Güllner: „Die hat mit ihrem Kurs in der Flüchtling­spolitik massiv die liberale Mitte verprellt und kann das wohl bis zur Landtagswa­hl auch nicht mehr korrigiere­n.“

 ?? Foto: Monika Skolimowas­ka, dpa ?? Partner gesucht. In der Union ist erneut eine Diskussion darüber ausgebroch­en, mit welchen Parteien Koalitione­n denkbar sind. Am Donnerstag besuchte die Bundeskanz­lerin Angela Merkel das Maschinenb­au Unternehme­n Trumpf im sächsische­n Neukirch. Im Hintergrun­d: Ministerpr­äsident Michael Kretschmer.
Foto: Monika Skolimowas­ka, dpa Partner gesucht. In der Union ist erneut eine Diskussion darüber ausgebroch­en, mit welchen Parteien Koalitione­n denkbar sind. Am Donnerstag besuchte die Bundeskanz­lerin Angela Merkel das Maschinenb­au Unternehme­n Trumpf im sächsische­n Neukirch. Im Hintergrun­d: Ministerpr­äsident Michael Kretschmer.

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