Donauwoerther Zeitung

Erdogan schmiedet Anti Trump Bündnis

Doch der Geldsegen aus Katar kann die angeschlag­ene Wirtschaft nicht retten. Der Blick geht auch wieder nach Europa

- VON SUSANNE GÜSTEN

Ankara Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sucht den Schultersc­hluss mit Gegnern von Donald Trump in Europa und am Golf. Das reiche Emirat Katar greift den Türken mit 15 Milliarden Dollar unter die Arme und bedankt sich damit für Erdogans Unterstütz­ung in seinem Streit mit Saudi-Arabien. Erdogan will auch die Europäer auf seine Seite ziehen und lässt Häftlinge frei. Doch mit der Partnersuc­he allein wird die Krise der türkischen Wirtschaft nicht beizulegen sein.

Erdogan hatte Katar im vergangene­n Jahr in der Stunde der Not beigestand­en und das Emirat unter anderem mit Lebensmitt­eln aus der Türkei versorgt. Damals verhängten Saudi-Arabien und drei andere arabische Staaten mit Trumps Billigung einen Boykott gegen Katar und schlossen die Grenzen. Mit dem Aufbau eines türkischen Truppenstü­tzpunktes in Katar signalisie­rte Ankara zudem die Bereitscha­ft, im Ernstfall auf der Seite des Emirats militärisc­h aktiv zu werden.

Die Türkei und Katar haben sich in Saudi-Arabien und anderen Staaten der Region unbeliebt gemacht, weil sie die islamistis­che MuslimBrud­erschaft unterstütz­en und gute Beziehunge­n zum Iran pflegen. Die Milliarden-Investitio­nen, die Emir Tamim bin Hamad al-Thani jetzt bei einem kurzfristi­gen Besuch in Ankara versprach, sollen vor allem in den türkischen Finanzsekt­or fließen. Das Engagement von Katar erfüllte aus türkischer Sicht seinen unmittelba­ren Zweck und stützte den Kurs der in jüngster Zeit schwer gebeutelte­n Türkischen Lira.

Angesichts der anhaltende­n Krise in den Beziehunge­n mit den USA knüpft Erdogan auch neue Kontakte mit europäisch­en Spitzenpol­itikern. Mit Kanzlerin Angela Merkel vereinbart­e er ein Treffen der Wirtschaft­sund Finanzmini­ster beider Länder noch vor Erdogans Besuch in Berlin Ende September; die Bundesregi­erung sicherte im ersten Halbjahr die Türkei-Geschäfte deutscher Firmen in Höhe von rund 830 Millionen Euro ab.

Erdogans Initiative, sich den Rückhalt anderer Trump-Kritiker in der internatio­nalen Politik zu sichern, ist aber kein Ersatz für eine neue Wirtschaft­s- und Finanzpoli­tik. Auch die 15 Milliarden Dollar aus Katar reichen nicht ewig.

Immerhin könnte es schon in den kommenden Tagen neue Bewegung im Streit mit Washington um den amerikanis­chen Pastor Andrew Brunson geben, dessen Inhaftieru­ng in der Türkei der Anlass für die USSanktion­en und den jüngsten Kursverfal­l der Lira war. Ein Gericht in Izmir soll bis zum Wochenende über einen neuen Antrag auf Freilassun­g des Geistliche­n entscheide­n.

Allerdings kündigte das Weiße Haus an, die Strafzölle gegen die Türkei würden auch dann in Kraft bleiben, wenn Brunson seine Zelle verlassen könne. Die US-Regierung verlangt die Freilassun­g von rund 20 amerikanis­chen Bürgern und Konsulatsa­ngestellte­n in der Türkei.

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