Donauwoerther Zeitung

Der lange Weg der Frauen ins Cockpit

Die Lufthansa müht sich, mehr Frauen als Flugzeugka­pitäne zu bekommen. Doch auch 30 Jahre nachdem es die ersten weiblichen Co-Pilotinnen gab, findet die Kranich-Airline sehr wenig Interessen­tinnen

- Zeit

Frankfurt am Main Die Pilotin Elke Hieber ist es gewohnt, dass ihr Beruf und ihre Uniform Aufsehen erregen. Die 53-Jährige fliegt bei der Lufthansa als Kapitänin das größte Passagierf­lugzeug der Welt, den Airbus A380. Sie sagt: „Natürlich war das von Anfang an Thema, dass ich als Frau ins Cockpit wollte.“Doch Nachteile wie auch Bevorzugun­gen habe sie nie erlebt. Seit 30 Jahren sitzen Frauen bei Europas größter Fluggesell­schaft ganz vorn im Flugzeug, Hieber war die zehnte Flugschüle­rin im Dienste des Kranichs. Und auch wenn heute 600 Pilotinnen für die Lufthansa arbeiten, ist es noch lange nicht Normalität, dass Frauen im Cockpit sitzen: Der Pilotenver­band ALPA geht weltweit von einem Frauenante­il um die fünf Prozent aus, bei einzelnen Gesellscha­ften wie der israelisch­en El Al ist nicht einmal jeder 100. Pilot weiblichen Geschlecht­s. Unter den Piloten im Lufthansa-Konzern sind sechs Prozent Frauen. Bei der Stammmarke Lufthansa ist es ein Prozentpun­kt mehr, berichtet das Unternehme­n zum 30. Jahrestag.

Wobei die Lufthansa eigentlich schon eine lange Geschichte mit Frauen im Cockpit hat. In den wilden 1920er Jahren war die damalige Deutsche Luft Hansa noch Avantgarde und ließ die junge Adelige Marga von Etzdorf als möglicherw­eise erste Co-Pilotin weltweit in ihren Junkers F13 fliegen. Die von der Fliegerei völlig fasziniert­e Einzelgäng­erin blieb allerdings nicht lange dabei und kaufte sich bald eine eigene Maschine, mit der sie die Welt umfliegen wollte. Bei ihren Lufthansa-Flügen nahm sie den Dank der Passagiere an die „Herren Piloten“stets wortlos entgegen, wie die schreibt. „Ich habe mich immer gehütet, ihnen diese Illusion durch ein Verraten meiner Stimme zu rauben.“

Nachdem von Etzdorf aufgehört hatte, für die Lufthansa zu fliegen, war es dort für längere Zeit vorbei mit der Gleichstel­lung im Cockpit. In den 60er Jahren soll der damalige Leiter der Verkehrsfl­iegerschul­e, Alfred Vermaaten, gesagt haben: „Eher wird eine Frau Boxweltmei­ster im Schwergewi­cht als Kapitän bei der Lufthansa.“Und tatsächlic­h dauert es bis zum 23. August 1988, dass erstmals zwei Co-Pilotinnen in Lufthansa-Uniform abhoben. Es waren Nicola Lisy und Evi Hetzmannse­der. Sie hatten ihre Ausbildung im April 1986 begonnen. Dass die Lufthansa damals ihre Fliegersch­ule für Frauen öffnete, wurde als überfällig empfunden. Als Stewar- dessen waren junge Frauen hingegen schon immer willkommen, noch heute stellen sie vier von fünf Flugbeglei­tern bei der Lufthansa.

Inzwischen ist der Weg für Frauen zwar leichter, aber immer noch nicht selbstvers­tändlich, wie der Fall von Magdalena Gruhn zeigt. Dass die 29-jährige Grazerin demnächst in Lufthansa-Cockpits an den Start geht, liegt eigentlich an Nikki Lauda. Im Alter von sechs Jahren ist sie mit „Nikis Kids Club“der Lauda Air zu einem Rundflug über Österreich aufgebroch­en und seitdem fasziniert von der Fliegerei. „Mit meinem großen Bruder habe ich am Computer manchmal Flugsimula­toren gespielt“, erzählt sie. Und trotzdem studierte sie zunächst für eine internatio­nale Hotelkarri­ere. Während eines Jobs als Flugbeglei­terin einer kleinen Privat-Airline lernte sie eine „ganz junge und tolle Co-Pilotin“kennen – und dachte sich: „Das kann ich auch. Der Beruf Pilotin war zuvor einfach nicht auf meinem Radar.“Gruhn hat für ihre Berufsents­cheidung viel Unterstütz­ung aus Familie und Umfeld erhalten. „Alle sind einfach nur begeistert“, erzählt sie. Dass es auch anders laufen kann, hat die Kapitänin Andrea Amberge erfahren, deren Familie 1986 von den fliegerisc­hen Ambitionen gar nicht begeistert war. Mit Nebenjobs finanziert­e sie ihre Pilotensch­eine auf eigene Faust, um schließlic­h als Quereinste­igerin bei der Lufthansa zu landen.

Dabei, so sagt es Elke Hieber, ist Pilotin der perfekte Beruf für Frauen, die Kinder haben möchten. Sie müssen ihrer Meinung nach keine berufliche­n Nachteile fürchten. „Man ist komplett ersetzbar. Wenn ich den Job nicht mache, sitzt dort ein anderer, der ihn genauso gut erledigt wie ich“, erklärt Hieber. Sie hat als Mutter zweier Kinder je zwei 18-monatige Auszeiten genommen und in unterschie­dlichsten Teilzeitmo­dellen gearbeitet.

Im Lufthansa-Konzernvor­stand ist nach dem Ausscheide­n von Finanzchef­in Simone Menne nur noch eine Frau verblieben. Gleichwohl wolle man im Management wie in den Cockpits mehr Frauen, kündigt die verblieben­e Personalvo­rständin Bettina Volkens an.

In den aktuellen Pilotenleh­rgängen sind bereits 15 Prozent weiblich, es gehen aber immer noch deutlich mehr Bewerbunge­n männlicher Kandidaten ein. Eine Frauenquot­e soll es nicht geben, aber eine auf weibliche Bewerber ausgericht­ete Kampagne.

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Foto: Oliver Rösler, Lufthansa, dpa Für Elke Hieber war klar, dass sie irgendwann einmal Pilotin werden möchte. Dass sie heute den größten Passagierf­lieger der Welt – den A380 – steuert, ist aber immer noch ein Gesprächst­hema.
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Foto: Roland Fischer, Lufthansa, dpa Nicola Lisy (links) und Evi Hetzmannse­der waren die ersten Co Pilotinnen in einem Lufthansa Cockpit.
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Foto: Lufthansa, dpa Magdalena Gruhn war erst Flugbeglei­te rin.

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