Donauwoerther Zeitung

Frust nach Abschiebun­g ist groß

Fünf Flüchtling­e aus Schwaben ausgewiese­n

- VON STEPHANIE SARTOR

Gersthofen Es ist Dienstagmi­ttag, kurz nach zwölf. Susanne BucheleNoo­ne vom Helferkrei­s Asyl Gersthofen (Landkreis Augsburg) unterhält sich mit einem 28-jährigen Afghanen. Sie sprechen über seine Heimat, die Stadt Gasni, in der vor kurzem mehrere Zivilisten ums Leben kamen. Der junge Mann erzählt ihr, dass er Angst um seine Familie hat. Angst, dass ihr etwas passieren könnte. Was weder er noch die Mitarbeite­rin des Helferkrei­ses zu diesem Zeitpunkt wissen: Wenige Stunden später wird er in einem Flugzeug nach Afghanista­n sitzen. Als einer von 46 abgeschobe­nen Asylbewerb­ern, die von München nach Kabul gebracht werden.

Nur kurz nachdem sich die beiden verabschie­det haben, klingelt Buchele-Noones Telefon. Ein anderer Asylbewerb­er erzählt ihr, dass der 28-Jährige eben von der Polizei abgeholt wurde. Abends ruft der Mann selbst an. „Susanne, bitte hilf mir“, fleht er. Dass der Mann abgeschobe­n werden könnte, damit hatte niemand gerechnet. Denn nach Angaben von Buchele-Noone ist seine Klage gegen seinen negativen Asylbesche­id noch offen. „Ich finde das ganz tragisch, weil es so willkürlic­h

25 abgelehnte Asylbewerb­er lebten in Bayern

ist“, sagt die Flüchtling­shelferin. „Das Verfahren ist offen. Eigentlich müsste Deutschlan­d ihn zurückhole­n.“Buchele-Noone beschreibt den Mann als höflich und ordentlich. Straffälli­g sei er ihres Wissens nach nicht gewesen.

Unter den 46 afghanisch­en Asylbewerb­ern, die Deutschlan­d am Dienstagab­end verlassen mussten, ist auch ein 20 Jahre alter Afghane aus Vöhringen (Landkreis NeuUlm). Nach Angaben einer Sprecherin des Freundeskr­eises Asyl Vöhringen habe er die Berufsschu­le besucht und schon sehr gut Deutsch gesprochen. Die Stimmung im Helferkrei­s ist seit der Abschiebun­g gedrückt. Gerade bei den Ehrenamtli­chen, die afghanisch­e Flüchtling­e betreuen, ist der Frust groß. „Es ist nicht nachvollzi­ehbar, dass auch diejenigen, die sich gut integriert haben, die alles richtig gemacht haben, auch betroffen sind“, sagt Silvia Gugler, eine der Ehrenamtli­chen vom Freundeskr­eis Asyl. Viele Männer hätten furchtbare Angst, abgeschobe­n zu werden. „Bei vielen rutscht die Motivation jetzt in den Keller. Nachts können viele nicht schlafen, weil sie Angst haben, dass die Polizei sie abholen könnte“, sagt Gugler.

25 der 46 afghanisch­en Asylbewerb­er, die von München nach Kabul geflogen wurden, hatten sich zuletzt in Bayern aufgehalte­n. Fünf von ihnen lebten in Schwaben, und zwar in Augsburg, Gersthofen, Nördlingen, Reimlingen (beides Landkreis Donau-Ries) und Vöhringen.

Die Abschiebun­gen sind deutschlan­dweit extrem umstritten, weil sich in Afghanista­n der Krieg mit den radikalisl­amischen Taliban und der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) ausweitet. Erst am Freitag überfielen Taliban die strategisc­h wichtige ostafghani­sche Stadt Gasni. Bei den Kämpfen starben laut Verteidigu­ngsministe­rium bisher rund 100 Sicherheit­skräfte, mindestens 30 Zivilisten und 200 Talibankäm­pfer.

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