Donauwoerther Zeitung

Kommt der Bordellkön­ig bald frei?

Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe hebt Augsburger Urteil gegen bundesweit bekannte Rotlichtgr­öße auf

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg Er machte sich einen Namen als „Bordellkön­ig“, betrieb Rotlicht-Etablissem­ents und Klubs in München, Salzburg, Köln und auch Augsburg. Vor knapp einem Jahr verurteilt­e das Augsburger Landgerich­t den Geschäftsm­ann Hermann Müller schließlic­h zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Er soll in seinen Bordellen Steuern in Millionenh­öhe hinterzoge­n haben.

Nun hat der Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe das Augsburger Urteil gegen den 66-Jährigen aufgehoben, weil das hiesige Landgerich­t Müllers Verteidige­rn nicht ausreichen­d Zeit eingeräumt hatte, ihren Mandanten auf einen während des Prozesses neu hinzugekom­menen Tatvorwurf vorzuberei­ten. Der Fall muss also neu aufgerollt werden und Müller, in der Szene auch „Pascha“genannt, könnte bald wieder freikommen.

„Die Entscheidu­ng des BGH ist eine schallende Ohrfeige für den Augsburger Richter. Wir versuchen jetzt, unseren Mandanten so schnell wie möglich aus dem Gefängnis zu bekommen“, erklärte der Kölner Anwalt Sebastian Korts, einer von Müllers Verteidige­rn. Hermann Müller sitzt seit nicht ganz zwei Jahren in Haft, derzeit in Gablingen – der Justizvoll­zugsanstal­t im Landkreis Augsburg, in der seit zwei Monaten auch der in der Abgasaffär­e ins Visier der Justiz geratene Audi-Chef Rupert

Stadler sitzt. Ein gemeinsam mit Müller angeklagte­r und verurteilt­er Mann aus dem Landkreis Augsburg, der ebenfalls in die Geschäfte im Rotlichtmi­lieu eingebunde­n war, bleibt weiterhin in Haft. Seine Revision lehnte der Bundesgeri­chtshof ab.

Die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft gegen die beiden Männer wogen zu Beginn des rund ein halbes Jahr dauernden Prozesses am Landgerich­t schwer. Fünf Millionen Euro an Steuern und Sozialabga­ben sollen sie hinterzoge­n haben. Die Summe bröckelte jedoch im Laufe des Verfahrens immer weiter, ehe am Ende noch rund eine Million Euro übrig blieb. Im Grundsatz dreht sich der Prozess um die Frage, ob der Betreiber eines Bordells oder die darin beschäftig­ten Prostituie­rten die Umsatzsteu­er auf die Einnahmen durch

„Pascha“soll nur die Galionsfig­ur gewesen sein

sexuelle Dienstleis­tungen zahlen müssen. Müllers Anwälte sind der Ansicht, dass ihr Mandant lediglich Betreiber einer Art „Marktplatz“gewesen sei und die Prostituie­rten selbst für ihre sexuellen Handlungen sowie die damit verbundene Umsatzsteu­erpflicht verantwort­lich seien. Zudem habe „Pascha“Müller mit dem operativen Geschäft in den Bordellen nichts zu tun gehabt und sei nur als Galions- und Lizenzfigu­r aufgetrete­n. Daher könne er für etwaige steuerrech­tliche Verfehlung­en innerhalb der Betriebe nicht haftbar gemacht werden. Nach der erfolgreic­hen Revision vor dem Bundesgeri­chtshof landet der Fall nun erneut am Augsburger Landgerich­t. Voraussich­tlich wird dort eine andere Kammer den Fall neu aufrollen.

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