Donauwoerther Zeitung

Kritik an Kind nimmt nicht ab

Die aktive Fanszene von Hannover 96 will ihre Mannschaft in der kommenden Saison wieder unterstütz­en. Den Protest gegen den Präsidente­n setzt sie dennoch fort

- VON ARNE KÖHLER

Hannover Viele Experten gingen davon aus, dass es für Hannover 96 nach dem direkten Wiederaufs­tieg gleich wieder zurück in die zweite Liga gehen würde. Doch das Team von André Breitenrei­ter legte eine mehr als ordentlich­e Saison hin und feierte unter anderem Heimsiege gegen Schalke, Dortmund, Hoffenheim und Hertha. Mit der eigenen Kurve im Rücken wäre vielleicht sogar noch mehr drin gewesen – doch um den ungeliebte­n Präsidente­n Martin Kind zu treffen, verweigert­e der harte Kern der Fanszene der Mannschaft die Unterstütz­ung.

Wird der Stimmungsb­oykott fortgesetz­t?

Die Fans haben sich vergangene Woche in der Kultkneipe Béi Chéz Heinz getroffen und abgestimmt. Eine klare Mehrheit sprach sich für einen Neuanfang aus: Der Support für die Mannschaft wird wieder aufgenomme­n. Er soll künftig Hand in Hand mit dem Protest gegen Kind gehen.

Warum geht es bei dem Konflikt Fans gegen Kind überhaupt?

Der Hörgeräte-Unternehme­r möchte die Anteilsmeh­rheit an der Hannover 96 Management GmbH übernehmen, die bislang beim Verein Hannover 96 liegt. Das schließt die 50+1-Regel der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zwar aus, Kind hat mit Hinweis auf sein jahrzehnte­langes Engagement für 96 aber eine Ausnahmege­nehmigung beantragt. Die wurde Mitte Juli von der DFL einstimmig abgelehnt – zur großen Freude der Fanszene, die dem Präsidente­n vorwirft, eine Alleinherr­schaft anzustrebe­n und die Vereinsmit­glieder um Mitsprache­rechte bringen zu wollen.

Hat Kind den Kampf also verloren? Kind wäre nicht Kind, wenn er nicht weiterkämp­fen würde. Der 74-jährige Machtmensc­h will nun das DFB-Schiedsger­icht anrufen – und parallel den ordentlich­en Rechtsweg beschreite­n. Juristen halten es für möglich, dass er am Ende recht bekommt und das Oberlandes­gericht Frankfurt die gesamte 50+1-Regel kippt. Das würde den Profifußba­ll in Deutschlan­d nachhaltig verändern.

Wie stark beeinfluss­t der DauerZoff die sportliche Seite?

Unter der miesen Stimmung im Stadion litt auch die Moral der Mannschaft. Potenziell­e Neuverpfli­chtungen entschiede­n sich lieber für einen anderen Verein. Manager Horst Heldt versuchte gleich zwei Mal die Flucht, doch der Präsident ließ ihn weder nach Köln noch nach Wolfsburg ziehen. Hätte die DFL Kinds Antrag angenommen, hätte der Investoren­kreis um Kind die Schatulle für weitere Transfers geöffnet. Daraus wird nun nichts.

Wie groß ist die Qualität des Kaders?

Der Abgang von Abwehrchef Salif Sané nach Schalke wiegt sportlich wie menschlich schwer. Die große Lücke sollen der von Stoke City ausgeborgt­e Österreich­er Kevin Wimmer und das zum Leistungst­räger gereifte Eigengewäc­hs Waldemar Anton schließen – ob das gelingt, muss sich zeigen. Der japanische Flügelspie­ler Genki Haraguchi kommt mit breiter Brust von der WM, wo er gute Leistungen gezeigt hat. Der Ex-Herthaner trifft bei 96 auf seinen schnellen Landsmann Takumo Asano, der den nach Wolfsburg gewechselt­en Felix Klaus ersetzen soll. Viele Tore erhofft sich 96 auch in dieser Saison von Nationalma­nnschaftsa­spirant Niclas Füllkrug, der seiner Heimatstad­t trotz eines attraktive­n Gladbach-Angebots treu geblieben ist. Fragezeich­en stehen hinter den beiden vom Absteiger HSV gekommenen Neuzugänge­n: Sowohl der Brasiliane­r Walace als auch US-Boy Bobby Wood haben an der Alster viel Kredit verspielt. Aber 96-Trainer Breitenrei­ter gilt als einer, der Problem-Profis „hinbekommt“. Top oder Flop? Bei beiden ist beides möglich.

Prognose der Sportredak­tion Hannover wird sich in der zweiten Spielzeit nach dem Aufstieg schwertun. Womöglich erlebt Breitenrei­ter das Ende der Saison nicht als 96-Trainer.

Zugänge Walace (HSV), Haraguchi (Her tha), Wimmer (Stoke City/ausgeliehe­n), Wood (HSV/ausgeliehe­n), Takuma Asano (Arsenal/ausgeliehe­n), Weinkauf (Bayern II), Maina (eigene Jugend).

Abgänge Sané (Schalke), Klaus (Wolfs burg), Harnik (Werder Bremen), Hübner (Union Berlin), Wolf (Frankfurt), Jonathas (Corinthian­s/BRA/ausgeliehe­n), Benschop (Ingolstadt), Schmiedeba­ch (Union Berlin/ ausgeliehe­n), Karaman (Düsseldorf), Elias Huth (Kaiserslau­tern), Maier (Bochum).

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Foto: Peter Steffen, dpa Freunde werden Martin Kind und die aktive Fanszene von Hannover 96 nicht mehr. Auch wenn die Anhänger künftig ihre Mann schaft wieder unterstütz­en wollen, der Protest gegen den Präsidente­n wird fortgesetz­t.
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So sieht Karikaturi­st Christoph Härrin ger den Trainer André Breitenrei­ter.
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