Die Debatte um das soziale Pflichtjahr
Vor sieben Jahren endete der Zivildienst. Jetzt steht ein allgemein verpflichtendes Dienstjahr im Raum. Wie Träger sozialer Einrichtungen im Kreis dieses Vorhaben einschätzen
Ein allgemein verpflichtendes Dienstjahr steht im Raum. Was soziale Einrichtungen im Kreis darüber denken, steht auf
Donauwörth „Die Auswirkungen des Wegfalls sind durchaus spürbar“, meint Arthur Lettenbauer, der Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Gemeint ist der Zivildienst. Dieser wurde zusammen mit der Wehrpflicht vor sieben Jahren abgeschafft. In der Union wurde zuletzt der Wunsch nach der Einführung eines allgemeinen Dienstjahres immer größer. Dahinter steckt die Idee eines verpflichtenden Dienstes junger Leute in Bundeswehr oder eben auch in zivilen Einrichtungen. Der Vorstoß hat bundesweit hitzige Kontroversen ausgelöst – auch in der Region sind die Meinungen hierzu geteilt.
Junge Menschen auf Orientierungssuche
Die Zivildienstleistenden seien beim BRK besonders im Bereich des Pflegeund Rettungsdienstes eingesetzt worden, in dem heute Fachkräftemangel herrsche. Der Zivildienst hatte laut Lettenbauer positive Fol- gen für diese Berufe, denn viele der Zivildienstleistenden seien in dem jeweiligen Bereich geblieben. „Besonders jene junge Menschen, die noch nicht wussten, was sie später machen wollen, die sich noch auf Orientierungssuche befanden, konnten sich nach dem Zivildienst vorstellen, in diesem Bereich tätig zu werden“, berichtet Lettenbauer.
Diese Bereicherung für die sozialen Berufe sei mit der Abschaffung des Diensts fast völlig weggefallen, auch wenn der Bundesfreiwilligendienst und das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) als Ersatz eingeführt wurden. Dabei sei der Zivildienst nicht nur einseitig von Vorteil gewesen, die jungen Menschen haben laut Lettenbauer auch profitiert, indem sie gelernt haben, mit Menschen umzugehen und somit ihre Sozialkompetenzen verbessert haben. Der Kreisgeschäftsführer des BRK kann sich durchaus vorstellen, dass dies wieder der Fall sein wird, falls das allgemein verpflichtende Dienstjahr eingeführt wird.
Auch Kerstin Biedermann von der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) in Augsburg, die im Regionalverband Schwaben auch einen Standort in Donauwörth haben, weiß um die positiven Erfahrungen, die Teilnehmer eines FSJ machen. „Sie arbeiten mit und für Menschen, das begeistert die Jugendlichen genauso wie der Perspektivwechsel nach der Schule und die hohe Eigenständigkeit“, erkennt sie aus Gesprächen mit FSJlern.
Stellen beim Rettungsdienst sind sehr beliebt
Trotzdem hätten auch die Johanniter Schwierigkeiten, die FSJ-Stellen zu besetzen, zumindest in den eher unbeliebten Bereichen wie dem mobilen Hilfsdienst und der ambulanten Pflege, wo auch jetzt kurz vor Beginn in Donauwörth Plätze frei sind. Im Gegensatz dazu seien die Stellen im Bereich des Rettungsdienstes sehr beliebt und auch heutzutage sehr schnell besetzt.
Die FSJler im Rettungsdienst blieben dem Hilfswerk sogar zumeist nach Ende des Jahres erhalten, indem sie am Wochenende aushelfen. Hier lässt sich erkennen, was Biedermann allgemein bemerkt hat: „Durch die bewusste Entscheidung für ein solches Jahr sind die Jugendlichen hoch motiviert, ihre Leistung ist fantastisch und sie sind eine Bereicherung.“Gerade deshalb bewertet sie das verpflichtende Dienstjahr eher kritisch: „Man muss Lust darauf haben, ohne die freiwillige Entscheidung würde es oft am nötigen Herzblut fehlen.“
Für kleinere Einrichtungen wie beispielsweise das Seniorenheim Monheim bedeutete das Ende des Zivildiensts, dass die ohnehin schon seltenen Zivildienstleistenden so gut wie gar nicht durch die sogenannten „Bufdis“, also den Teilnehmern des Bundesfreiwilligendiensts, ersetzt wurden. Trotzdem bevorzugt die Monheimer Heimleiterin Elisabeth Oestringer die derzeitige Regelung: „Die Wahl der Bufdis fällt sehr bewusst und überlegt, sie ist tatsächlich freiwillig.“Einem verpflichtenden Dienstjahr stehe sie somit ebenfalls kritisch gegenüber.