Donauwoerther Zeitung

Wenn der Wohnwagen zum Zuhause wird

Es müssen nicht immer Hotels in südlichen Ländern sein: Camper haben ganz andere Ansprüche an ihre Ferien. Ein Besuch auf dem Campingpla­tz in Eggelstett­en zeigt, wie die Urlauber dort ticken und was sie besonders schätzen

- VON TANJA SONNTAG

Ein Besuch auf dem Campingpla­tz in Eggelstett­en gibt Einblicke in Leben und Leidenscha­ft von Campern. Mehr auf

Oberndorf Eggelstett­en „Es ist wie eine andere Welt“, schwärmt Heidi, die seit acht Jahren Stammgast am Campingpla­tz bei Eggelstett­en ist. Wenn man sie nach ihrem Nachnamen fragt, winkt sie ab. So etwas brauche sie hier nicht. Hier gebe es keine höfliche Distanz, kein „Sie“, Nachnamen seien irrelevant.

„Die Dauercampe­r sind wie eine große Familie“, erklärt sie mit einem Leuchten in den Augen. Dabei hatte sie bis zur Rente nie einen Wohnwagen von innen gesehen – geschweige denn in Betracht gezogen, in solch einem zu wohnen. Trotzdem hat es sie vor acht Jahren hierher verschlage­n, durch die Empfehlung Bekannter, die ebenfalls Dauercampe­r waren. Dabei handelt es sich um Urlauber, die immer zum gleichen Campingpla­tz kommen und ihren Wohnwagen dort auch das ganze Jahr über stehen lassen.

Es war Zufall, dass Heidi bei der Besichtigu­ng des bei „Donau-LechCampin­gplatzes“auf ein Paar getroffen ist, das seinen Wohnwagen gerade verkaufen wollte. „Ich habe mich innerhalb von fünf Minuten entschiede­n.“Das Lächeln auf ihren Lippen zeigt, dass sie diese Entscheidu­ng keine Sekunde bereut hat.

Dabei war sie ursprüngli­ch nur auf der Suche nach einer Möglichkei­t, ihrer Wohnung an der ihrer Ansicht lauten und wenig attraktive­n Bundesstra­ße 16 – der genaue Herkunftso­rt scheint ihr ebenso wenig erwähnensw­ert wie ihr Nachname – gelegentli­ch zu entkommen. Besonders für ihren Hund Max, mit dem sie dort kaum spazieren gehen konnte. Heute jaule der Vierbeiner bereits vor Freude, wenn er erkennt, dass es wieder nach Eggelstett­en geht, wo Heidi inzwischen den Großteil ihrer Zeit verbringt. Nur in den Wintermona­ten kehrt sie an die B 16 zurück – und wartet dort schon sehnsüchti­g auf ihre Rückkehr in die „eigentlich­e Heimat“.

Wenn sie im Landkreis DonauRies ist, fährt die ehemalige Hotelbesit­zerin jeden Sonntag nach Rain, um dort zu mittagzues­sen und spazieren zu gehen. Dabei haben es ihr besonders die Parkanlage­n angetan. In Donauwörth wiederum sei sie bisher nur selten gewesen, auch wenn sie die Stadt als sehr sehenswert empfinde. Ansonsten schwimmt sie gerne eine Runde im See beim Campingpla­tz.

Sie schätze an dem Platz vor allem die Ruhe, wie sie immer wieder betont. „Hier fehlt es uns an nichts. Wir führen ein Leben wie Gott in Frankreich.“Dabei deutet sie auf ihren Wohnwagen, der tatsächlic­h sehr imposant erscheint, mit dem Erkerfenst­er und den vielen Blumentöpf­en. Sie habe sogar eine Küche und ein Wohnzimmer, verrät sie. Mit einem Schmunzeln meint Heidi: „Ich muss nicht nach Italien und nicht ans Meer.“Eggelstett­en sei ihr Italien. „Hier werde ich herkommen, so lange mir das gesundheit­lich möglich ist.“

Die ruhige Lage und natürlich den Badesee lobt auch Christiane Weidner-Matza aus Augsburg, die seit drei Jahren ebenfalls regelmäßig zusammen mit ihrem Mann Peter in Eggelstett­en campt. Ursprüngli­ch haben die beiden immer Urlaub am Ammersee gemacht, aber dort wurde es ihnen nach 15 Jahren zu unsicher, da es immer wieder hieß, der dortige Campingpla­tz würde schließen. Auf Eggelstett­en sind auch sie eher zufällig durch einen Bekannten aufmerksam geworden, der dort jedes Jahr das sogenannte „Ententreff­en“besucht.

Schon beim ersten Aufenthalt habe die leidenscha­ftliche Schwimmeri­n den Platz sofort ins Herz geschlosse­n. Die Ruhe und die Idylle begeistern sie. „Campen ist Freiheit“, ist ihr Motto. Sie zieht den Campingpla­tz bei Eggelstett­en jedem Hotel vor, denn hier kann sie essen, wann sie will, sie ist nicht an Zeiten gebunden und sie muss sich auch nicht „aufbrezeln“: So etwas erwartet hier niemand.

Das Ehepaar Weidner-Matza findet hier den Ausgleich zum stressigen Leben als Selbststän­dige in Augsburg, wo ihr Betrieb sich direkt in ihrem Haus befindet. „Hier können wir zur Ruhe kommen“, schwärmt Christiane Weidner-Matza. Gelegentli­ch besuchen sie und ihr Ehemann die umliegende­n Ortschafte­n und Städte wie Rain, Genderking­en oder Donauwörth mit dem Fahrrad.

Die anderen Dauercampe­r tragen dazu aber wohl den größten Teil bei, denn Christiane und Heidi sind sich einig: „Es gibt hier ein enormes Zusammenge­hörigkeits­gefühl. Die Camper helfen sich untereinan­der.“Dies zeigt die Mentalität der beiden Frauen und ihrer Gleichgesi­nnten in Eggelstett­en. Auch wenn sich der Campingpla­tz nicht nur auf die Dauergäste beschränkt. „Die Kinder wissen, dass sie bei mir Gummibärch­en bekommen“, verrät Heidi. So erweitere sich die Verbundenh­eit auch auf jene, die nur kurzzeitig oder einmalig vorbeischa­uen.

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Fotos: Tanja Sonntag Christiane Weidner Matza findet beim Camping den Ausgleich zum stressigen Alltag. Früher haben sie und ihr Mann ihre Zelte gerne am Ammersee auf geschlagen, inzwischen sind sie regelmäßig in Eggelstett­en anzutreffe­n.
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Begeistert­e Dauercampe­r: Heidi und ihr Hund Max wohnen praktisch schon auf dem Campingpla­tz in Eggelstett­en.

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