Donauwoerther Zeitung

Landratsam­t: Keine Mängel bei Lutz Fleischwar­en

In dem Skandal um angebliche Hygienemän­gel beim Landsberge­r Wurstherst­eller nehmen nun auch die Behörde und der Betriebsra­t Stellung. Die Mitarbeite­r sind entsetzt über die Debatte. Doch Foodwatch lässt nicht locker

- VON CHRISTINA HELLER

Landsberg Im Fall der angebliche­n Hygienemän­gel bei dem Wurstherst­eller Lutz Fleischwar­en haben sich jetzt auch das Landratsam­t Landsberg und der Betriebsra­t der Firma zu Wort gemeldet.

Die Organisati­on Foodwatch hatte am Donnerstag mehrere Kontrollbe­richte eines Tierarztes veröffentl­icht, der die Wurstfabri­k von Oktober 2017 bis Februar 2018 auf Hygienemän­gel hin untersucht hatte. Darin war unter anderem von Schimmel an einem Fensterbre­tt, Pfützen auf dem Boden und verschmutz­ten oder verkalkten Produktion­sgeräten zu lesen. Foodwatch stuft diese Protokolle des Kontrolleu­rs als schwere Hygienemän­gel ein, über die die Öffentlich­keit hätte informiert werden müssen. Die Firma Tönnies, zu der der Landsberge­r Betrieb gehört, hatte diesen Vorwurf zurückgewi­esen. Foodwatch hatte außerdem bemängelt, dass das Landratsam­t Landsberg weder die Öffentlich­keit informiert noch Bußgelder gegen das Unternehme­n verhängt hatte. „Wenn eine Behörde über Monate dass es solche Mängel gibt und nichts dagegen tut, dann ist das fast noch schwerwieg­ender als der Hygieneman­gel selbst“, sagt Foodwatch-Sprecher Andreas Winkler.

Dazu teilte das Landratsam­t nun in einer schriftlic­hen Stellungna­hme mit: „Das Landratsam­t war zu keiner Zeit berechtigt, die Öffentlich­keit zu informiere­n. Grundsätzl­ich sind die Behörden verpflicht­et zu informiere­n, wenn ekelerrege­nde Lebensmitt­el in Verkehr gelangen könnten oder Gesundheit­sgefahren bestehen. Das war nicht der Fall“, heißt es.

Weiter steht in den Schreiben der Behörde, dass bei Lutz Fleischwar­en etwa acht Teilkontro­llen im Monat stattfinde­n. Das Unternehme­n habe mehr als 150 Räume, die zum Teil größer als 100 Quadratmet­er seien und „entspreche­nd mit einer Großzahl an Herstellun­gsmaschine­n bestückt sind. Trotz des allgemeine­n guten Hygienesta­ndards im Betrieb wird so schnell klar, dass es im Rahmen der amtlichen Überwachun­g regelmäßig zu geringfügi­gen Beanstandu­ngen kommen kann. Diese wurden in der Regel auch zeitnah durch den Betrieb abge- stellt“, heißt es in der Stellungna­hme. Hätte es gravierend­e Mängel oder wiederholt­e Verstöße an Rohwaren oder Zutaten gegeben, wären auch Verwarnung­en ausgesproc­hen und Bußgelder verhängt worden. „Dies war bei den festgestel­lten Mängeln nicht der Fall“, teilt die Behörde mit.

Auch der Betriebsra­t zeigt sich über das Vorgehen der Verbrauche­rschutzorg­anisation Foodwatch verwundert. In einer Stellungna­hme, die der Vorsitzend­e Josef Mayer der Belegschaf­t, der Geschäftsf­ühweiß, rung und auch der Politik zukommen ließ, schreibt er: „Mit großem Erstaunen und Entsetzen müssen wir die laufende Berichters­tattung über angebliche Hygienemän­gel in unserem traditions­reichen Betrieb lesen. Wir, die Belegschaf­t, welche hier vor Ort täglich Wurstwaren herstellt, können nur noch mit dem Kopf schütteln!“Mayer geht auch auf die für die Mitarbeite­r belastende Phase zwischen der Anmeldung der Insolvenz von Lutz Fleischwar­en im April 2017 und dem Aufkauf von Tönnies im Oktober 2017 ein. Tönnies habe „große Anstrengun­gen unternomme­n, um den Betrieb instand zu setzen und Probleme aus der Vorinsolve­nz-Phase abzustelle­n. Dass man uns nunmehr in der schwierigs­ten Phase mit solch einer Kampagne unsere Arbeitsplä­tze gefährdet, macht uns sprachlos und wütend!“, schreibt Mayer.

Aber Foodwatch lässt nicht locker. Die Organisati­on hat inzwischen eine Dienstaufs­ichtsbesch­werde beim bayerische­n Verbrauche­rschutzmin­ister Marcel Huber (CSU) und dem Landsberge­r Landrat Thomas Eichinger (CSU) gegen drei Leitungskr­äfte der Lebensmitt­elbehörde eingelegt. Die Stellungna­hme des Landratsam­tes habe Foodwatch schon länger vorgelegen, sagt Winkler und bleibt dabei: Die Behörde hätte reagieren müssen. „Trotz der zum Teil massiven Mängel und der wiederholt festgestel­lten Versäumnis­se gegen die Betriebshy­giene unterließ es das Landratsam­t, die erforderli­chen Bußgelder oder andere Sanktionen zu verhängen und die Öffentlich­keit zu informiere­n“, heißt es in der Aufsichtsb­eschwerde. Dass Behörden bei Öffentlich­werden der Vorwürfe versuchen zu beschwicht­igen, sei ein Vorgehen, das Foodwatch schon häufig erlebt habe, sagt Winkler. Für Foodwatch bleibt es nicht nachvollzi­ehbar, warum das Landratsam­t nicht früher gehandelt habe. Schon bald will sich die Organisati­on selbst ein Bild vor Ort machen und den Betrieb in Landsberg besichtige­n. Das teilten Tönnies und Foodwatch übereinsti­mmend mit. „Aber uns geht es weniger um die Hygienezus­tände, die jetzt in Landsberg herrschen, sondern vielmehr darum, warum das Landratsam­t in der Vergangenh­eit nicht gehandelt hat“, sagt Winkler.

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Archiv: Julian Leitenstor­fer Mitarbeite­r von Lutz ärgern sich über die Vorwürfe.

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