Landratsamt: Keine Mängel bei Lutz Fleischwaren
In dem Skandal um angebliche Hygienemängel beim Landsberger Wursthersteller nehmen nun auch die Behörde und der Betriebsrat Stellung. Die Mitarbeiter sind entsetzt über die Debatte. Doch Foodwatch lässt nicht locker
Landsberg Im Fall der angeblichen Hygienemängel bei dem Wursthersteller Lutz Fleischwaren haben sich jetzt auch das Landratsamt Landsberg und der Betriebsrat der Firma zu Wort gemeldet.
Die Organisation Foodwatch hatte am Donnerstag mehrere Kontrollberichte eines Tierarztes veröffentlicht, der die Wurstfabrik von Oktober 2017 bis Februar 2018 auf Hygienemängel hin untersucht hatte. Darin war unter anderem von Schimmel an einem Fensterbrett, Pfützen auf dem Boden und verschmutzten oder verkalkten Produktionsgeräten zu lesen. Foodwatch stuft diese Protokolle des Kontrolleurs als schwere Hygienemängel ein, über die die Öffentlichkeit hätte informiert werden müssen. Die Firma Tönnies, zu der der Landsberger Betrieb gehört, hatte diesen Vorwurf zurückgewiesen. Foodwatch hatte außerdem bemängelt, dass das Landratsamt Landsberg weder die Öffentlichkeit informiert noch Bußgelder gegen das Unternehmen verhängt hatte. „Wenn eine Behörde über Monate dass es solche Mängel gibt und nichts dagegen tut, dann ist das fast noch schwerwiegender als der Hygienemangel selbst“, sagt Foodwatch-Sprecher Andreas Winkler.
Dazu teilte das Landratsamt nun in einer schriftlichen Stellungnahme mit: „Das Landratsamt war zu keiner Zeit berechtigt, die Öffentlichkeit zu informieren. Grundsätzlich sind die Behörden verpflichtet zu informieren, wenn ekelerregende Lebensmittel in Verkehr gelangen könnten oder Gesundheitsgefahren bestehen. Das war nicht der Fall“, heißt es.
Weiter steht in den Schreiben der Behörde, dass bei Lutz Fleischwaren etwa acht Teilkontrollen im Monat stattfinden. Das Unternehmen habe mehr als 150 Räume, die zum Teil größer als 100 Quadratmeter seien und „entsprechend mit einer Großzahl an Herstellungsmaschinen bestückt sind. Trotz des allgemeinen guten Hygienestandards im Betrieb wird so schnell klar, dass es im Rahmen der amtlichen Überwachung regelmäßig zu geringfügigen Beanstandungen kommen kann. Diese wurden in der Regel auch zeitnah durch den Betrieb abge- stellt“, heißt es in der Stellungnahme. Hätte es gravierende Mängel oder wiederholte Verstöße an Rohwaren oder Zutaten gegeben, wären auch Verwarnungen ausgesprochen und Bußgelder verhängt worden. „Dies war bei den festgestellten Mängeln nicht der Fall“, teilt die Behörde mit.
Auch der Betriebsrat zeigt sich über das Vorgehen der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch verwundert. In einer Stellungnahme, die der Vorsitzende Josef Mayer der Belegschaft, der Geschäftsfühweiß, rung und auch der Politik zukommen ließ, schreibt er: „Mit großem Erstaunen und Entsetzen müssen wir die laufende Berichterstattung über angebliche Hygienemängel in unserem traditionsreichen Betrieb lesen. Wir, die Belegschaft, welche hier vor Ort täglich Wurstwaren herstellt, können nur noch mit dem Kopf schütteln!“Mayer geht auch auf die für die Mitarbeiter belastende Phase zwischen der Anmeldung der Insolvenz von Lutz Fleischwaren im April 2017 und dem Aufkauf von Tönnies im Oktober 2017 ein. Tönnies habe „große Anstrengungen unternommen, um den Betrieb instand zu setzen und Probleme aus der Vorinsolvenz-Phase abzustellen. Dass man uns nunmehr in der schwierigsten Phase mit solch einer Kampagne unsere Arbeitsplätze gefährdet, macht uns sprachlos und wütend!“, schreibt Mayer.
Aber Foodwatch lässt nicht locker. Die Organisation hat inzwischen eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim bayerischen Verbraucherschutzminister Marcel Huber (CSU) und dem Landsberger Landrat Thomas Eichinger (CSU) gegen drei Leitungskräfte der Lebensmittelbehörde eingelegt. Die Stellungnahme des Landratsamtes habe Foodwatch schon länger vorgelegen, sagt Winkler und bleibt dabei: Die Behörde hätte reagieren müssen. „Trotz der zum Teil massiven Mängel und der wiederholt festgestellten Versäumnisse gegen die Betriebshygiene unterließ es das Landratsamt, die erforderlichen Bußgelder oder andere Sanktionen zu verhängen und die Öffentlichkeit zu informieren“, heißt es in der Aufsichtsbeschwerde. Dass Behörden bei Öffentlichwerden der Vorwürfe versuchen zu beschwichtigen, sei ein Vorgehen, das Foodwatch schon häufig erlebt habe, sagt Winkler. Für Foodwatch bleibt es nicht nachvollziehbar, warum das Landratsamt nicht früher gehandelt habe. Schon bald will sich die Organisation selbst ein Bild vor Ort machen und den Betrieb in Landsberg besichtigen. Das teilten Tönnies und Foodwatch übereinstimmend mit. „Aber uns geht es weniger um die Hygienezustände, die jetzt in Landsberg herrschen, sondern vielmehr darum, warum das Landratsamt in der Vergangenheit nicht gehandelt hat“, sagt Winkler.