Keine Ferkel Kastrationen ohne Betäubung
Der Bundesrat hat eine Verschiebung des Verbots der Kastration von Ferkeln ohne Betäubung abgelehnt. In der Länderkammer fanden Initiativen, die bisherige Praxis noch bis Ende 2020 oder sogar Ende 2023 zu ermöglichen, am Freitag keine Mehrheit. Tierschützer begrüßten dies, der Bauernverband protestierte scharf. Aus der Union wurden Forderungen laut, wegen drohender Probleme für viele Schweinehalter noch im Bundestag eine Verschiebung zu erreichen. Andernfalls tritt das Verbot zum 1. Januar 2019 in Kraft. In Deutschland werden Ferkel wenige Tage nach der Geburt ohne Betäubung kastriert. Diese traditionelle Methode soll vermeiden, dass Fleisch von Ebern einen strengen Beigeschmack bekommt. Das Verbot war mit der Reform des Tierschutzgesetzes beschlossen worden. Gundelfingen Jürgen Wax, 41, kommt gerade aus der britischen Hauptstadt zurück. Dort errichtet Google seine neue Europazentrale. Entstehen soll ein Gebäude mit einer Fassade aus Holz, Aluminium und Glas. Der Bau fasziniert den Geschäftsführer. Wax ist Bauingenieur und hat während seines Studiums in Rosenheim seinen Schwerpunkt auf Holzbau gelegt. Der Einsatz von Holz ist in der internationalen Büroarchitektur eine Rarität. Und gerade aus diesem Grund war es für das von ihm zusammen mit Klaus Lother geführte Unternehmen Gartner keine Frage, die Herausforderungen anzunehmen.
International herausragende Bauwerke haben den Fassadenspezialisten aus Gundelfingen im Kreis Dillingen bekannt gemacht. Von Gartner stammte zuletzt die Fassade der kreisrunden, 2017 fertiggestellten Apple-Zentrale im kalifornischen Cupertino. Für Wax ist es das „herausragendste Projekt“der vergangenen Jahre, das Gartner betreut hat und zu dem das in Gersthofen ansässige Unternehmen Sedak das Glas lieferte. Eine Gartner-Fassade trägt auch die neue Elbphilharmonie im Hamburger Hafen. Weitere Beispiele: die BMW-Welt in München, der CommerzbankTurm in Frankfurt, die Zwillingstürme der Deutschen Bank und das zur Eröffnung 2004 höchste Gebäude der Welt – das wie eine Ziehharmonika gefaltete Hochhaus Taipei 101 in Taiwan.
Die Anfänge des heute global tätigen Unternehmens waren klein. Im Jahr 1868 kam der junge Schlosser Josef Gartner nach Gundelfingen. Die Liebe hatte ihn hierhergeführt. Er heiratete seine Freundin Walburga und eröffnete am Marktplatz eine Schlosserei. Anfangs war es nicht leicht, Aufträge zu bekommen. Gartner stammte aus dem 30 Kilometer entfernten Pfaffenhofen an der Zusam und galt damals als „Fremder“. Aufsehen erregte sein Betrieb 1897 mit dem Auftrag des Königreichs Württemberg, eine Brücke über die Brenz zu bauen. Anfang des 20. Jahrhunderts lieferte die Schlosserei bereits Teile für den Bau der Straßenbahn in Santiago de Chile. „Sich an Dinge heranzutrauen, die sich andere nicht getraut haben, zeichnet von Anfang an das Unternehmen Gartner aus“, beschreibt heute Geschäftsführer Jürgen Wax diese Philosophie.
Besondere Wege ist Gartner auch bei einem der größten europäischen Bauprojekte der letzten Jahre gegangen – dem Lakhta Tower in St. Petersburg, die neue Zentrale des russischen Energiekonzerns Gazprom. Der Turm, mit 462 Metern Höhe das größte Hochhaus Europas, bohrt sich wie eine Speerspitze in den Himmel. Das Gebäude ist leicht in sich gedreht, sodass auch die Glasscheiben gebogen sein müssen. „Verwendet haben wir kaltgebogenes Glas“, berichtet Wax, Glas also, das seine Krümmung erhält, wenn es in den Rahmen gespannt wird. Über zweieinhalb Jahre war das Unternehmen mit einem Team vor Ort, im Schnitt mit 300 Mitarbeitern. Gearbeitet wurde 24 Stunden, sieben Tage die Woche, zur Fußball-Weltmeisterschaft in Russland war das Gebäude außen fertig.
Das Unternehmen hat in diesem Jahr mit einem großen Familienfest den 150. Geburtstag gefeiert. „In dieser Zeit hat Gartner immer versucht, Visionen und Wünsche der Bauherren und Architekten in die Realität umzusetzen, seien sie noch so kompliziert“, meint Wax. Dass dies gelingt, führt er auf die starke Tradition und Verwurzelung des Unternehmens am Standort Gundelfingen zurück. Der Unternehmenssitz liegt an der Gartnerstraße, im Ort gibt es eine Gartnersiedlung. „In manchen Familien hat schon der Großvater bei Gartner gearbeitet, jetzt arbeitet der Vater hier und die Tochter macht eine Ausbildung“, sagt Wax. „Wir setzen auf Tradition und ein familiäres Umfeld, damit Mitarbeiter lange Jahre bei uns bleiben.“Nur so ließen sich Kompetenz und handwerkliches Können vorhalten, das Gartner zur Verwirklichung seiner Aufträge brauche.
Dank der starken Firmenphilosophie spielt es vielleicht auch keine Rolle mehr, dass Gartner nicht mehr im Besitz der Familie ist. Über die Jahrzehnte haben mehrere Nachfahren von Josef Gartner die Firma geleitet. Fritz Gartner, 82, einer der Urenkel des Gründers, sitzt heute noch im Gartner-Aufsichtsrat. Im Januar 2001 verkaufte die Familie ihre Anteile an den italienischen Weltmarktführer im Fassadenbau, die Permasteelisa-Gruppe. Die Finanzierung heutiger Großprojekte überstieg die Möglichkeiten des mittelständischen Betriebs.