Donauwoerther Zeitung

Ist ein Bestatter Peggys Mörder?

Es ist eines der rätselhaft­esten Verbrechen Bayerns. Nun gibt es ein Geständnis. Ein Mann sagt, er habe die Leiche des 2001 getöteten Mädchens beseitigt. Er stand schon mal unter Verdacht

- VON MANFRED SCHWEIDLER

Bayreuth Fakt ist: Im Fall der 2001 ermordeten Peggy gibt es ein Geständnis. Aber ist der Bestatter Manuel S., der zugegeben hat, die Leiche des damals neunjährig­en Mädchens aus dem oberfränki­schen Lichtenber­g beseitigt zu haben, auch der Mörder? Er sagt: nein. Die Staatsanwa­ltschaft sagt: Wir ermitteln ausschließ­lich gegen S.

Vorige Woche in Marktleuth­en im Kreis Hof. Razzia bei Manuel S., 41. Das ist der Mann, der schon einmal schwer belastet wurde – von seinem Jugendfreu­nd, dem behinderte­n Ulvi K. Der behauptete einst, S. habe Peggy gefesselt, geknebelt und „mit Steinen beschwert“in einem Fluss beseitigt. Doch die damalige Sonderkomm­ission der Polizei fand dafür keine Belege. Außerdem soll Ulvi K. seine Aussage wieder zurückgeno­mmen haben.

Es war ausgerechn­et die Mutter von Manuel S., die Ulvi K. später schwer belastete – eine der entscheide­nden Aussagen, die schließlic­h zu K.s Verurteilu­ng 2004 wegen Mordes führten. 2014 dann die Wende: Bei einem Wiederaufn­ahmeverfah­ren wurde Ulvi K. 2015 aus Mangel an Beweisen freigespro­chen. Von einem Justizskan­dal war fortan die Rede, von einem der rätselhaft­esten Verbrechen in der Geschichte Bayerns. Denn es gab weitere Pannen: Nachdem Peggys Überreste im Juli 2016 in einem Wald in Thüringen gefunden worden waren, führte eine DNA-Spur plötzlich zum NSUTerrori­sten Uwe Böhnhardt. Dann stellte sich heraus, dass Werkzeug der Spurensich­erung verunreini­gt war. Die Fälle hatten nichts miteinande­r zu tun. Und nun also ist wieder Manuel S. im Visier.

Die neuerliche Wende ist penibler Arbeit am Fundort von Peggys Leiche zu verdanken. Die Ermittler fanden dort Torfspuren, die zu Spuren von Gehwegplat­ten aus dem Haus des Verdächtig­en passten. Zudem seien bei einer forensisch­en Pollenanal­yse an der Leiche Farbreste festgestel­lt worden, die zu Farbspuren aus Renovierun­gsmüll des 41-Jährigen passten. Zudem wurde sein Alibi am mutmaßlich­en Tag des Mordes durch neu analysiert­e Videoaufna­hmen erschütter­t. Sie hätten gezeigt, dass der Verdächtig­e nicht, wie behauptet, zu einem bestimmten Zeitpunkt in der örtlichen Sparkasse gewesen sei.

Manuel S. räumte bei der Vernehmung ein, das leblose Kind im Mai 2001 von einem anderen Mann an einer Bushaltest­elle in Lichtenber­g übernommen zu haben. Er habe noch versucht, es zu beatmen – es dann jedoch in eine rote Decke gepackt, in den Kofferraum seines goldfarben­en Autos gelegt und in den Wald gebracht, berichtet der Chef der „Soko Peggy“, Uwe Ebner. Die Jacke und die Schultasch­e des Mädchens, nach der lange gesucht wurde, will S. verbrannt haben. Sollte das alles tatsächlic­h stimmen, könnte S. für die Beseitigun­g des Kindes wegen Verjährung nicht mehr verurteilt werden.

Wichtig ist noch ein anderer Punkt: Manuel S. gab an, den Mann zu kennen, der ihm die Leiche übergab. Er nannte auch dessen Namen. Zu dieser Person wollten Staatsanwa­ltschaft und Polizei im Hinblick auf die Ermittlung­en nichts sagen. Obwohl S. mit dem Mord nichts zu tun haben will, ermitteln die Behörden gegen ihn „wegen des Verdachts des Mordes“, sagt Daniel Götz von der Staatsanwa­ltschaft Bayreuth. Der Verdächtig­e befinde sich dennoch auf freiem Fuß. „Haft setzt einen dringenden Tatverdach­t voraus, den sehen wir im Moment nicht“, so Götz.

Dass die Ermittler den benannten angebliche­n Mörder auch gut eine Woche nach der Vernehmung von S. offenbar nicht überführen konnten, lässt Raum für Spekulatio­nen. War es Manuel S. also selbst? Ist der mutmaßlich­e Täter ein Pädophiler aus Lichtenber­g? Der im Gefängnis sitzende Mann wurde immer wieder als Verdächtig­er genannt – allerdings reichten die Beweise nie aus. Oder ist der 2004 verurteilt­e und 2014 freigespro­chene Ulvi K. doch der Mörder? Einer Aufklärung des Falls scheint man deutlich näher gekommen zu sein. Doch ob es jemals ein Urteil gegen Peggys Mörder geben wird, ist weiter offen.

Der 41 Jährige ist trotzdem auf freiem Fuß

 ?? Foto: David Ebener, dpa ?? Der Fall der 2001 in Oberfranke­n ermordeten Peggy – hier ein Gedenkstei­n auf dem Friedhof Nordhalben – ist voller Pannen und immer neuer Wendungen. Nun ist ein Mann unter Verdacht, gegen den die Polizei schon einmal intensiv ermittelt hat. Dieser hat ein Teilgestän­dnis abgelegt.
Foto: David Ebener, dpa Der Fall der 2001 in Oberfranke­n ermordeten Peggy – hier ein Gedenkstei­n auf dem Friedhof Nordhalben – ist voller Pannen und immer neuer Wendungen. Nun ist ein Mann unter Verdacht, gegen den die Polizei schon einmal intensiv ermittelt hat. Dieser hat ein Teilgestän­dnis abgelegt.

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