Donauwoerther Zeitung

An der Konsole spielt die Musik

Das Zocken auf der Playstatio­n und am PC lockt Zuschauer und Sponsoren – und könnte bald eine anerkannte Sportart sein. Der DFB will mit einem Profi-Team einsteigen. Wie der Arbeitsall­tag eines Profis aussieht

- VON SVEN KOUKAL UND FLORIAN EISELE FC Ingolstadt 04 – St. Pauli SV Sandhausen – 1. FC Köln Holstein Kiel – VfL Bochum Arminia Bielefeld – FC Union Berlin Dynamo Dresden – SV Darmstadt 98 MSV Duisburg – Erzgebirge Aue 1. FC Heidenheim – SpVgg Greuther Fürt

Donauwörth Duc Hoang klickt und tippt fast 400-mal in der Minute auf Maus und Tastatur. 20 000 Zuschauer beobachten jede Bewegung seines Videospiel-Charakters. Der 21-Jährige aus Donauwörth ist E-Sportler, also profession­eller Computersp­ieler. Innerhalb von sieben Jahren hat er sich hochgespie­lt, vom Hobby-Zocker, der nach der Schule entspannt mit seinen Freunden am Rechner saß, zum Profi mit Team, Vertrag und regelmäßig­em Trainings- und Spielbetri­eb. Mittlerwei­le spielt er nicht mehr nur zum Spaß, sondern um Geld.

Seine Disziplin: Das Spiel „League of Legends“, das monatlich auf der ganzen Welt von etwa 100 Millionen Spielern gespielt wird. Hoang gehört in Europa zu den 500 Besten. Hinter seinem Erfolg steht ein enormes Trainingsp­ensum.Täglich drei Stunden, am Wochenende sind es sechs Stunden oder mehr. „Andere Spieler und Teams trainieren noch mehr, es gibt keine Limits“, sagt der Donauwörth­er. Profi-Status, Trainingsp­läne – das hört sich nach einer eigenen Sportart an. In Südkorea ist E-Sport bereits als eigene Sportart anerkannt und soll bei den Asian Games 2022 als Disziplin aufgenomme­n werden. In Deutschlan­d ist das noch nicht so weit – auch wenn die Bundesregi­erung in ihrem Koalitions­vertrag vereinbart hat, E-Sport zu fördern und als eigene Sportart samt Vereins- und Verbandsre­cht anzuerkenn­en. Die Begründung: Mit dem Zocken werden „wichtige Fähigkeite­n geschult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind“. Der Deutsche Olympische Sportbund will demnächst eine Empfehlung dazu abgeben.

Tatsächlic­h erinnert vieles bei Duc Hoangs Trainingsa­lltag an die Strukturen in etablierte­n Sportarten. Sein Team „Tempered Fate“beinhaltet neben ihm noch vier Mitspieler, ein Trainer, Manager und Analyst. In der Bundesliga spielen immer zwei Teams gegeneinan­der. Gestartet wird auf zwei gegenüberl­iegenden Seiten. Ziel ist es, über Hinderniss­e hinweg das gegnerisch­e Hauptgebäu­de zu zerstören. Die Schwierigk­eit liege darin, „immer zu wissen, was der Gegner macht, und flexibel zu bleiben“. Vor allem Übung sei wichtig, um schnell rea- gieren zu können. Seinen Weg in den Profisport beschreibt er als „gängig“: Auf Twitter startete er einen Aufruf nach einem Team – und prompt kam die Rückmeldun­g. Sein erster Vertrag läuft noch bis April 2019. Er verdiene zwischen 300 und 3000 Euro, genau möchte er es nicht sagen. „Das ist die Spannweite in der Liga“, sagt er. Beim größten E-Sports-Turnier „The Internatio­nal“, das zuletzt im kanadische­n Vancouver veranstalt­et wurde, werden hingegen Preisgelde­r von über 25 Millionen US-Dollar ausgeschüt­tet. Preise, von denen der Donauwörth­er zwar träumen kann – einen Achtungser­folg hat er aber auch errungen. Sein Team belegte in der Bundesliga den neunten Platz und schaffte den Klassenerh­alt. Das Meistersch­aftsfinale verfolgten in Deutschlan­d bis zu 31 000 Menschen live per Stream.

Mittlerwei­le sind in Deutschlan­d bereits die großen Verbände und Sportverei­ne auf den Sport aufmerksam geworden. Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) spielt einen eigenen Pokalwettb­ewerb aus. Wie vor kurzem bekannt wurde, plant der Deutsche Fußball-Bund den Einstieg in den virtuellen Fußball – auch wenn sein Präsident Reinhard Grindel als erklärter Gegner gilt und das Zocken als „absolute Verarmung“bezeichnet hatte.

Aus der Fußball-Bundesliga stellen bereits neun Klubs eigene Teams. Augsburg und der FC Bayern sind bislang noch nicht aktiv. Bei den Münchnern gab es zwar eine Initiative innerhalb des Klubs, diese wurde aber von Präsident Uli Hoeneß gestoppt. Seine Begründung: „Junge Leute sollen Sport auf dem Trainingsp­latz treiben.“Mit seiner Meinung stehe er aber innerhalb des Vereins „relativ alleine da“, wie Hoeneß anfügte. Der FC Bayern Basketball besitzt mit Bayern Ballers Gaming ein eigenes E-SportTeam, das in der Basketball­simulation NBA 2K antritt. Wie lange Duc Hoang noch profession­eller Gamer ist, weiß er nicht. Spieler sind ersetzbar. Viele Karrieren enden mit Mitte, Ende 20, weil die Reaktionsf­ähigkeit zusehends abnimmt. Ganz allein auf seine E-Sport-Karriere will sich Hoang nicht verlassen. An der Uni Augsburg studiert er im dritten Semester Informatik. 2. BUNDESLIGA 3. LIGA VOM FREITAG

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Foto: Paul Zinken, dpa Kein Konzert, sondern ein Computersp­iel lockt hier die Massen an: Beim WM Finale von „League of Legends“war die Berliner Mercedes Benz Arena mit 15 000 Zuschauern gefüllt, im Internet sahen bis zu 14 Millionen Menschen per Livestream zu. Bei internatio­nalen Turnieren der Zocker werden längst Preisgelde­r in Millionenh­öhe ausgeschüt­tet.
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Duc Hoang

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