Donauwoerther Zeitung

Des Ingenieurs erste Krise

Im vergangene­n Jahr spielte das Team nicht schön, aber erfolgreic­h. Nun bleiben die Siege aus und für Trainer Domenico Tedesco stellt sich die Systemfrag­e

- VON JÜRGEN BECKGERD Schalker Kreisel

Trainer Julian Nagelsmann von 1899 Hoffenheim spricht am Freitag über die Stärken der Offensivsp­ieler von Borussia Dortmund, dem nächsten Bundesliga Gegner Hoffen heims an diesem Samstag. Gelsenkirc­hen Die Reihe von Kuriosität­en und Geschichte­n im Aufeinande­rtreffen vom FC Schalke 04 und Bayern München ist lang. Wenn am Samstag (18.30 Uhr/Sky) der amtierende Titelträge­r in die Gelsenkirc­hener Arena kommt, geht es aber nicht um Kurioses, sondern um Handfestes.

Schalke, Vizemeiste­r der vergangene­n Saison, steht im 1700. Bundesliga­spiel vor einem ganzen Berg von Problemen: Drei Niederlage­n zum Auftakt (gegen Wolfsburg, Hertha und Gladbach) – da werden Erinnerung­en an die fünf Auftaktsch­lappen unter Trainer Markus Weinzierl in der Saison 2016/17 wach. Trainer Domenico Tedesco, der Ingenieur unter den Bundesliga­Trainern, muss sich nun als Krisenmana­ger beweisen. Und er sollte an seinem System feilen können, sonst wird das wieder nichts gegen die Bayern. In bislang 55 Spielen gewannen die Bayern auf Schalke 22 Mal (20 Unentschie­den) Die spielerisc­hen Unzulängli­chkeiten waren in den ersten Spielen unübersehb­ar, nun kommt noch das Nervenflat­tern hinzu – gegen Hertha und auch gegen Gladbach war die mentale Schwäche offensicht­lich, die defensive Statik wirkte fragil. Angriffsve­rsuche verkümmert­en allzu oft.

In der vergangene­n Spielzeit waren die Schalker ja schon der Kritik ausgesetzt, im Offensivsp­iel wenig Einfallsre­iches bieten zu können. Da überdeckte allerdings die Freude über die Vizemeiste­rschaft alle Unzulängli­chkeiten. Tedesco ist gezwungen, seine Systemfrag­e zu beantworte­n, der (guten) Theorie nun auch Praxis folgen zu lassen und seine Spieler in die Spur zu bringen: „Die Mannschaft, die mehr Ballbesitz hat, ist nicht automatisc­h die, die mehr Druck ausübt“, hatte der Coach mehr als einmal philosophi­ert. „Sie hat auch mehr Risiko, Konter zu fressen.“Tedescos einfaches Rezept: „Das, was wir können, werden wir weiterhin stärken. Und das, was wir nicht können, werden wir in Zukunft lassen“, hatte er nach dem Spiel gegen Hertha gesagt – und anschließe­nd gegen Gladbach 1:2 verloren. Nun ist mit dem FC Bayern ein Team zu Gast, dem dieses Ansinnen gut in die Karten spielen könnte. Die Münchner sind bekanntlic­h auf viel Ballbesitz aus.

Bayern-Keeper Manuel Neuer, der im November 2006 als Jung-Schalker eben gegen die Bayern sein erstes Bundesliga-Gegentor (Andreas Ottl zum 1:2, Endstand 2:2) kassierte, und für Leon Goretzka, der zu Saisonbegi­nn nach fünf Schalker Jahren zum Meister wechselte, ist die Begegnung (natürlich) eine besondere.

Auf die Reaktion der Fans in der ausverkauf­ten Arena darf man da nicht gespannt sein: „Je mehr Hass man bekommt, desto mehr weiß man auch, wie sehr man geliebt wird“, sagte Neuer vor dem Spiel. Goretzka dürfte da einstimmen, auch wenn er sein Herz noch nicht vollends verloren hat: „Auf Schalke

„Je mehr Hass man bekommt, desto mehr weiß man auch, wie sehr man geliebt wird.“Manuel Neuer

geht es schnell in beide Extreme. So schnell man in einen Negativtre­nd reinrutsch­t, so schnell kann man sich auch wieder rauskämpfe­n.“

Das wäre ganz nach dem GeFür schmack von Tedesco. Der könnte Anleihen an einen legendären Spieler und einen seiner Vorgänger nehmen: Verteidige­r Helmut Kremers hatte vor dem 2:0-Sieg der Knappen 1974 gegen die Bayern getönt: „Wenn wir einen Punkt holen, trinke ich mir einen an.“Und der damalige Trainer Ivica Horvat ließ, wie im aktuellen nachzulese­n ist, „seine Jungs tatsächlic­h von der Leine“. Ja, er soll sogar den Griff zum Bier angeordnet haben. Nur eine weitere Kuriosität im Kräftemess­en der beiden Traditions­klubs.

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Foto: Witters Natürlich geht es Domenico Tedesco noch nicht an den Hals. Zu erfolgreic­h war der Trainer in der vergangene­n Saison, als dass er nun schon infrage gestellt würde. Ein Erfolgserl­ebnis würde ihm aber natürlich trotzdem guttun.

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