Zugausfälle: Schüler trotzdem pünktlich
Aus Sicht des Landratsamts, das für die Schülerbeförderung zuständig ist, hat sich das Ersatzkonzept eingespielt. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft dagegen kritisiert Agilis scharf
Landkreis Die Krankheitswelle beim Eisenbahn-Unternehmen Agilis ebbt offenbar nicht ab. Wie berichtet, müssen deshalb wohl auch im Oktober weitere Züge entfallen. Diese Entwicklung beobachtet man auch im Landratsamt Donau-Ries ganz genau, schließlich ist die Kreisbehörde für die Schülerbeförderung zuständig. Mittlerweile habe sich die Situation aber eingespielt, berichtet Jürgen Kunofsky. Er ist am Landratsamt Teamleiter ÖPNV und Schülerbeförderung.
„Agilis hat enorme Probleme, Ersatzfahrer zu finden – intern wie extern. Der Markt in Deutschland ist hier richtig leer gefegt“, sagt Kunofsky. Dies hat zur Folge, dass auf der Donautalbahn zwischen Ingolstadt und Ulm und damit auch im Landkreis Donau-Ries mehrere Züge gestrichen werden müssen. Diese werden überwiegend durch Busse ersetzt. Das gilt auch für die Verbindung zwischen Rain und Donauwörth, die morgens von vielen Schülern auf ihrem Weg zum Unterricht genutzt wird. „Seit dem ersten Schultag haben wir nur eine Rückmeldung bekommen, dass ein Kind einen Bus verpasst hat. Das Ersatzkonzept von Agilis scheint also zu funktionieren, zumal wir auch von den Schulleitern aus Donauwörth nichts gehört haben, dass Kinder vermehrt zu spät gekommen wären“, berichtet Kunofsky.
Für die Schüler aus Rain ergeben sich seiner Ansicht nach praktisch keine Nachteile: Sie steigen am Bahnhof nun in einen Bus statt in den Zug. In Genderkingen fahre der Bus zehn Minuten früher ab, als es Bahn eigentlich tun würde. Dafür müssten die Kinder aber nicht mehr erst zum Bahnhof kommen, der etwas außerhalb des Dorfes liegt. Abfahrt ist nun in der Ortsmitte.
Dass das pünktliche Erscheinen zur ersten Schulstunde möglich ist, dafür seien aber einige Gespräche und Anpassungen notwendig gewesen. Nach dem Bekanntwerden der krankheitsbedingten Zugausfälle hätten bereits vor dem Ferienende Eltern aus dem Lechgebiet beim Landratsamt angerufen und darauf hingewiesen, dass ihre Kinder mit den bisherigen, regulär eingesetzten Bussen nicht rechtzeitig am Rainer Bahnhof sein würden, um den Ersatzbus Richtung Donauwörth zu erreichen. „Darum haben wir in Abstimmung mit der Firma Egenberger und Agilis den Fahrplan modifiziert, dass auch alle pünktlich in die Schule kommen“, sagt Kunofsky. Seiner Ansicht nach hat das Eisenbahn-Unternehmen hier „getan, was möglich ist“. Die Forderungen des Landratsamts seien jedenfalls umgesetzt worden.
Kunofsky bestätigt jedoch den Fall eines Kindes aus dem Raum Rain, das in Dillingen zur Schule geht und nach Unterrichtsende nun eine längere Wartezeit in Kauf nehmen muss. „Unseres Wissens nach kommt auch dieses Kind in der Früh rechtzeitig, aber nach der sechsten Stunde muss es nun 20 Minuten länger auf den nächsten Zug warten als bisher.“Er weist in diesem Zusammenhang aber darauf hin, dass der Landkreis Donau-Ries in diesem Fall nicht für die komplette Beförderung zuständig ist. Die Fahrkarte werde nur bis Donauwörth über- nommen, wo das Kind ja auch zur Schule gehen könnte. Den Rest muss die Familie selbst tragen.
Am Montag will Agilis weitere Details zu den Fahrplanänderungen veröffentlichen. „Wir werden schauen, ob sich für uns dann noch einmal etwas ändert“, so Kunofsky. Bisher, so seine Meinung, hielten sich die negativen Auswirkungen für die Region in Grenzen. „Es hätte uns schlimmer treffen können – man stelle sich vor, es gebe auch mit den Ersatzbussen Probleme.“
Schärfere Töne in dieser Sache schlägt dagegen die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) an. Diese vergibt per Ausschreibungen die Regionalverkehrsleistungen. Den Zuschlag für die Donautalbahn erhielt Agilis vor sieben Jahren, seit Ende 2011 fahren deren Züge auch auf der Strecke zwischen Ingolstadt und Ulm. Was auf diesem Abschnitt aber gerade passiert – oder vielmehr nicht passiert –, missfällt der BEG sehr. Sie lege größten Wert darauf, „dass die Verkehrsunternehmen ihre Leistungen vertragsgemäß erbringen, insbesondere hinsichtlich der Qualitätsaspekte wie Verfügbarkeit, Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit“. Daher seien die zahlreichen Zugausfälle bei Agilis „nicht akzeptabel“, teilt die BEG auf Nachfrage unserer Zeitung mit.
Agilis habe den klaren Auftrag, für einen reibungslosen Betrieb und dessen Stabilität zu sorgen. Die BEG, die zu 100 Prozent dem Freistaat Bayern gehört, lasse sich regeldie mäßig über den aktuellen Sachstand unterrichten und habe Agilis bereits aufgefordert, „alles Nötige zu veranlassen, dass diese Personalengpässe behoben werden“. Allerdings wird seitens der Bayerischen Eisenbahngesellschaft eingeräumt, dass der Lokführermangel ein deutschlandweites Phänomen sei, was auch bei anderen Unternehmen – etwa durch vermehrte Krankheitsfälle während der Urlaubszeit – schon wiederholt zu Zugausfällen geführt habe.
Der Freistaat engagiere sich deshalb gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen und der Bundesagentur für Arbeit in regelmäßigen Arbeitsgruppen der „Fachkräfteoffensive Bahn Bayern“, um diesem Problem entgegenzuwirken. Im konkreten Fall von Agilis hätten intern eingeleitete Maßnahmen bereits Wirkung gezeigt, teilt die BEG mit. Durch neu ausgebildete Absolventen sollen Engpässe wie der aktuelle besser abgedeckt werden können.
Darum werde sich laut Aussagen von Agilis auch der Betrieb nach heutigem Kenntnisstand ab November wieder stabilisieren. Dies sei auch ganz im Eigeninteresse von Agilis. „Selbstverständlich erhalten die Verkehrsunternehmen für ausgefallene Zugleistungen kein Bestellerentgelt“, ist von der BEG zu erfahren. Zudem entstünden Agilis trotz der Zugausfälle Fixkosten sowie die kompletten Trassenentgelte. Letztere trage ansonsten die BEG.
Der Vertrag für die Donautalbahn mit Agilis endet zum Ende des Fahrplanjahres in vier Jahren, spätestens aber zum 31. Dezember 2022. Danach erfolge ein neues Ausschreibungsverfahren.
Aktuelle Situation „nicht akzeptabel“