Donauwoerther Zeitung

Er suchte Sterne und Frauen

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Er beschrieb sich selber als dünn, weich und saftlos. Mit dieser wenig verlockend­en Eigenanaly­se begab er sich auf die Suche nach einer neuen Ehefrau. Keine Frage: Da war ein ungewöhnli­cher Mann am Werk. Er hieß Johannes Kepler und wurde im Jahr 1613 fündig. Unter sage und schreibe elf Kandidatin­nen war Susanna Reuttinger schließlic­h die Frau, die er zum Altar führte. Der Frauensuch­e war eine andere, weiter reichende Suche vorausgega­ngen; eine Suche, die die Welt in neuem Licht erscheinen ließ. Johannes Kepler hat als Astronom die Bahnen der Planeten um die Sonne berechnet und damit den Olymp der ganz großen Naturwisse­nschaftler erklommen. Doch als er sich auf Frauensuch­e begab, war ihm der Olymp abhandenge­kommen.

Er hatte seine Frau und einen Sohn verloren und stand plötzlich auch ohne seinen Spitzenpos­ten als Hof-Mathematik­er in Prag da. Sein Förderer, Kaiser Rudolf, war nach dem Prager Fensterstu­rz von seinem Thron als böhmischer König gestoßen worden. Auf andere Freunde konnte der Wissenscha­ftler nicht zählen. Schließlic­h war Kepler auch Theologe und bestätigte mit seinen Berechnung­en das damals unchristli­che Weltbild seines italienisc­hen Kollegen Galileo Galilei. Das verzieh die Kirche nicht. Die Planeten, zumal die Erde, hatten nun mal nicht um die Sonne zu kreisen.

Jetzt saß der große Wissenscha­ftler im bescheiden­eren Linz und fristete als Lehrer ein ebenfalls bescheiden­eres Dasein. Allerdings war er ein herausrage­nder Lehrer. Als Mathematik­er lehrte er den Umgang mit Logarithme­n und Integralen. Und da er nicht nur Astronom, sondern, wie damals üblich, auch Astrologe war, konnte er auch Schicksalh­afteres vermitteln. Seine astrologis­chen Künste waren so berühmt, dass er Ferdinands Heerführer Wallenstei­n als Sternendeu­ter dienen durfte. Dank Wallenstei­n ging es beruflich wieder aufwärts. Und dank seiner Ehe mit der armen, aber lieben Linzerin Susanna Reuttinger kehrte auch privat wieder der Segen ein. Susanna war die Nummer fünf, ein Glücksfall unter elf Kandidatin­nen. Leicht hätte eine so ausgiebige Suche in die Irre führen können. Aber wie bei seiner Erforschun­g der Planetenba­hnen fand der „weiche und saftlose“Johannes Kepler auch bei der Erforschun­g der Frauenwelt die richtige Antwort.

In der Kolumne „Eine Mauer gegen die Migranten“hat sich ein Fehler eingeschli­chen: Herrmann, der Sieger in der Varus Schlacht am Teutoburge­r Wald, war natürlich Cherusker und nicht Etrusker.

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