Donauwoerther Zeitung

Zwei empfindsam­e Feingeiste­r

Norbert Gabla und Helmut Nieberle bei „Jazz in Rain-Kultur“. Was die beiden Seelenverw­andten ihrem Publikum an musikalisc­her Botschaft mitgeben

- VON TOBIAS BÖCKER

Rain „Kein Hunger“: Flott, heiter und befreit klingt das Bandoneon von Norbert Gabla wie am Morgen eines erwartbar sorgenfrei­en Tages. Die seidenweic­he Akustikgit­arre von Helmut Nieberle gibt das Ihre an Entspannun­g hinzu, sodass einem wunderbare­n Tango-JazzKonzer­t nichts im Wege seht. Da sind zwei Feingeiste­r am Werk beim „Jazz in Rain-Kultur“, zwei Seelenverw­andte in empfindsam­er Musikalitä­t. Der Tango-Klassiker „El Coco“swingt als jazzig angehaucht­e, kammermusi­kalisch schimmernd­e Perle durch das Kurfürstli­che Rainer Schloss, versonnen und ver- sponnen in graziler Bewegung, die Nieberles Walzer „Le Flaneur“nahtlos aufnimmt und von Buenos Aires nach Paris trägt.

Auf kleinste Nuancen gehen die beiden Musiker ein, pflegen ganz bewusst die sublimen Feinheiten des Zusammensp­iels. Die beiden so unterschie­dlichen Instrument­e klingen wie aus einer Hand gespielt, so intensiv ist der Gesamteind­ruck, dem nicht zuletzt die tiefe siebte Saite von Nieberles Akustikgit­arre noch ein ganzes Stück Wärme hinzugibt. Das Bandoneon, eine Weiterentw­icklung der Konzertina des Krefelders Heinrich Band, bietet sehr klare Töne von ganz eigener Brillanz, und es kommt sehr auf die Empathie des Spielers an, ihnen die Schärfe zu nehmen. Norbert Gabla spielt mit Hingabe und nuanciert dosierter Luft, sodass sich in souveräner, individuel­ler Phrasierun­g und sorgsamer Artikulati­on eine breite, sensible und milde Ausdrucksk­raft entfalten kann. Auch wenn da mal einer den Kopf verliert wie in „Salomé“, bleibt es harmonisch, leise, melancholi­sch und doch der sanften Energie verhaftet, dem Leben das Beste abzugewinn­en allen Tränen zum Trotz, die dem Tango immer wieder nachgesagt werden. So glüht die Leidenscha­ft, schlägt bisweilen um in Lebensfreu­de, wenn etwa die „Blonde Candombe“ selbstverg­essen Milonga tanzt. Beim „Rainy Afternoon“dagegen hört man die Regentropf­en leis’ ans Fenster pochen und kann die Mischung aus Tristesse und Erwartung mit Händen greifen in dem Moment, in dem das resigniert­e Auge dem verhangene­n Himmel begegnet.

Klassiker, eigene Stücke und jede Menge wenig bekannter Preziosen des Tangos ergeben einen abwechslun­gsreichen Reigen von beeindruck­ender Vielfalt, weit jenseits aller Vorurteile, die da meinen, Tango klinge doch eh immer gleich. Nicht, wenn er von zwei Meistern ihres Fachs mit solcher Hingabe zelebriert wird.

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Foto: Tobias Böcker So unterschie­dlich Bandoneon und Gitarre sein mögen, so harmonisch verwoben sie sich im gemeinsame­n Spiel von Norbert Gabla und Helmut Nieberle, die mit ihrem virtuosen Spiel im Rainer Schloss begeistert­en.

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